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    EZB-Entscheid  1930  0 Kommentare „Größeres Geschütz als erwartet“ - Seite 2

    „Die heutige Ankündigung ist ein historischer Meilenstein für die europäischen Märkte und stellt einen wichtigen Schritt zur weiteren Integration dar“, sagt Mauro Vittorangeli, CIO Fixed Income Conviction Strategies Europe, bei Allianz Global Investors. Draghi habe ein größeres Geschütz aufgefahren als Investoren erwartet hatten. „Die Maßnahme dürfte die Märkte erst einmal zufriedenstellen und zu einer weiteren Einengung der Zinsaufschläge und einer weiteren Abwertung des Euro führen.“ Die 18-monatige Dauer des Programms solle die Märkte von der Entschlossenheit der EZB überzeugen, die Probleme in der Eurozone anzugehen. „Der Preis ist allerdings hoch“, schreiben die Ökonomen der NORD/LB. „Draghi hat nun seinen letzten Trumpf gezogen.“

    „Auf kurze Sicht könnte das EZB-Programm die Renditen europäischer Staatsanleihen drücken“, erwartet Anthony Doyle, Rentenexperte bei M&G Investments. „Das bedeutet, dass Anleger zunehmend nach höher rentierenden Investmentmöglichkeiten Ausschau halten werden.“ Investmentgrade- und High-Yield-Anleihen könnten von der Entscheidung profitieren. „Auf längere Sicht dürften die Renditen von Staatsanleihen ansteigen, wenn die EZB-Maßnahmen beginnen, sich positiv auf die Inflation auszuwirken.“

    Sinn: „Illegale Staatsfinanzierung“

    Doch es gibt auch Stimmen, die sich entschieden gegen ein solches „Quantitative Easing“-Programm aussprechen. Allen voran der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Professor Hans-Werner Sinn: „Das ist illegale und unsolide Staatsfinanzierung durch die Notenpresse“, poltert er. „Wenn die EZB Papiere kauft, werden die Staaten neue Papiere verkaufen und somit von der Druckerpresse finanziert.“ Eine solche Maßnahme verbiete der Artikel 123 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und bedürfe einer Klärung des Bundesverfassungsgerichts. Besonders stört ihn die Haftungsregelung: „Wenn 20 Prozent der Käufe in gemeinschaftlicher Haftung liegen, bedeutet das, dass die EZB zu 20 Prozent Eurobonds schafft. Es ist bemerkenswert, dass sie in aller Deutlichkeit erklärt hat, dass das Programm fiskalische Risiken für die Steuerzahler mit sich bringt.“

    Sinns Kollege Professor Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), warnt vor einem Vergleich der Staatsanleihekäufe in der EU und den USA: „Während die US-Notenbank Fed nur US-Staatsanleihen kauft, nimmt die EZB Anleihen unterschiedlicher Länder auf ihre Bilanz. Sie ebnet damit Zinsunterschiede ein, verzerrt also die Risikosignale für diese Länder.“

    Auch beim Bankenverband zeigt man sich nicht sehr erfreut über die Geldschwemme: „Mit ihrem Ankaufprogramm dramatisiert die EZB die Preis- und Wirtschaftsentwicklung im Euroraum unnötig“, kritisiert Verbandspräsident Michael Kemmer. „Zudem geraten Nutzen und Risiken der Niedrigzinspolitik allmählich in eine ungünstige Schieflage.“ Die Wirtschaftsschwäche des Währungsgebiets sei derzeit vor allem strukturell geprägt. Die unmittelbaren Preis- und Konjunktureffekte des Programms hält Kemmer daher für marginal und befürchtet, dass die zusätzliche Liquidität hauptsächlich in die Finanzmärkte fließt. „Dann steigt spürbar die Gefahr von Vermögenspreisblasen, von falschen Risikobewertungen und fehlgelenkten Investitionen.“ Die Euro-Staaten ermahnt Kemmer, jetzt nicht der Illusion zu erliegen, dass die mit dem Ankaufprogramm verbundenen Zinserleichterungen ausreichten und sie nun bei wirtschaftlichen Reformen die Hände in den Schoß legen könnten.“

    (PD)

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    Patrick Daum
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    Patrick Daum ist Dipl.-Politologe mit Schwerpunkt für Europa, Wirtschaft und Recht. Als Redakteur bei €uro-Advisor-Services GmbH ist er zuständig für die Top-Themen auf www.fundresearch.de.
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    Verfasst von 2Patrick Daum
    EZB-Entscheid „Größeres Geschütz als erwartet“ - Seite 2 Was beutet das massive Ankaufprogramm von Staatsanleihen für die Märkte? Finanzexperten und Ökonomen kommentieren die Entscheidung der EZB.

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