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    Graf Lambsdorff  1824  0 Kommentare „Griechenland richtet Schaden für Europa an“ - Seite 3

    FundResearch: Aber?

    Graf Lambsdorff: Die Europäische Union darf nicht nur rein ökonomisch betrachtet werden, sondern immer auch politisch und rechtlich. Wir leben in einer Rechtsgemeinschaft. Zwischen Ökonomie, Politik und Recht muss ein Ausgleich gefunden werden. Man kann nicht wie die Syriza-Regierung sagen, dass das alles egal ist. Wir aber müssen uns vor unseren Wählern rechtfertigen. Jeder Wähler in Estland oder der Slowakei – Länder mit einem geringeren BIP pro Kopf als Griechenland – bezahlt mit. Wie sollen denn deren Politiker erklären, dass man Syriza – die die Sparpolitik ablehnt – rauspaukt und das Geld fließt trotzdem weiter. Diese politische Dimension kann man nicht außen vor lassen.

    FundResearch: Wie würden Sie die deutsche Rolle in der ganzen Sache beurteilen? Sind die Forderungen von Angela Merkel richtig gewesen? Ihre generell abwartende Haltung steht häufig in der Kritik.

    Graf Lambsdorff: Nicht immer ist richtig, was die Bundeskanzlerin tut, aber auch nicht immer falsch. Aber die Grundlinien der Euro-Stabilisierungspolitik waren am Anfang richtig und sie waren es auch eine ganze Zeit lang noch. Hätte man Griechenland damals in den Bankrott gehen lassen, wären Spanien, Portugal und Irland ebenfalls betroffen gewesen. Es wäre dann tatsächlich zu einer europäischen Explosion gekommen. Die Diskussionen um die Rettungs- und Stabilisierungspolitik damals waren hart. Es gab eine Auslegung des Vertrages, die sagte, man dürfe überhaupt niemanden rauspauken, das verbiete der Vertrag. Ich sehe das anders. Meine Auslegung ist: Niemand darf verpflichtet werden, ein anderes Land rauszupauken. Aber wenn bilaterale Verhandlungen zwischen Staaten darauf hinauslaufen, dann ist das rechtlich überhaupt kein Problem. Zudem gab es eine ordnungspolitische Debatte: Sollte man so etwas tun? Sendet man damit die richtigen Anreize? In meinen Augen wurde damals richtig gehandelt.

    FundResearch: Das gilt jetzt nicht mehr? 

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    Graf Lambsdorff: Jetzt, mit dem Regierungsantritt von Syriza, ist der Vorwurf des zu langen Wartens sicherlich richtig. Hier hätte früher ein Ultimatum gesetzt werden müssen, das vielleicht in ein Referendum oder anderweitig zu einer Entscheidung geführt hätte, die mehr Klarheit gebracht hätte. Wenn in einem Land eine neue Regierung die Macht erhält, dann gibt man ihr eine Schonfrist von zwei bis drei Monaten. Das gehört sich so, das ist demokratischer Usus. Man muss aber die Realitäten im Blick behalten: Die einzige Branche, die in Griechenland wirklich was abwirft, ist die Tourismusbranche. Diese wird aber genau dann beschädigt, wenn die Megakrise in den Sommer geschoben wird. Genau das ist jetzt passiert, die Tourismusbuchungen in Griechenland brechen ein. Die Menschen sind total verunsichert. Sie wollen nicht in den Ferien in ein Land reisen, wo man nicht weiß, ob die Fähre fährt, ob man den Wirt bezahlen kann, ob man Geld am Automaten bekommt und so weiter.

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    Patrick Daum
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    Patrick Daum ist Dipl.-Politologe mit Schwerpunkt für Europa, Wirtschaft und Recht. Als Redakteur bei €uro-Advisor-Services GmbH ist er zuständig für die Top-Themen auf www.fundresearch.de.
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    Verfasst von 2Patrick Daum
    Graf Lambsdorff „Griechenland richtet Schaden für Europa an“ - Seite 3 Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Vizepräsident des Europaparlaments, äußert sich gegenüber FundResearch zum aktuellen Stand der Griechenland-Krise.

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