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    Spekulative Zinsswaps  18072  4 Kommentare Pakt mit dem Teufel? Portugal verliert riskante Zinswette - Der Preis: 40 Prozent Zinsen!

    Portugal steht Anfang der Jahrtausendwende finanziell das Wasser bis zum Hals. Um die Zinslast zu drücken, lässt es sich auf ein hochspekulatives Zinsswap-Geschäft ein. Ein schwerer Fehler, der aus 4,76 Prozent Zinsen unglaubliche 40,6 Prozent macht.

    Wir schreiben das Jahr 2005. Einige Euro-Länder, darunter Portugal, sitzen finanziell in der Klemme. Wenige Jahre später werden diese Staaten die Euro-Zone in eine gigantische Schuldenkrise stürzen. Doch noch ist es nicht soweit. Noch suchen sie nach Auswegen aus der finanziellen Misere.

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    An diesem Punkt kommen die Banken ins Spiel. Sie eilen den Staaten zur Hilfe und bieten ihnen Zinsgeschäfte an, sogenannte Zinsswaps. Die Idee: Den (zu hohen) Zinssatz eines alten Kredits gegen ein neues (günstigeres) Zinsgerüst tauschen. Klingt super, denkt sich auch die Metro do Porto (MdP), Portugals staatlich gestützte Eisenbahngesellschaft. Also begibt sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Vertragspartner, um eine alte Schuldenlast in Höhe von 89 Millionen Euro und einem halbjährigen Zinssatz von 4,79 Prozent umzuschichten. Zwei Jahre später, 2007, wird sie fündig. Die Banco Santander bietet der MdP ein vermeintlich lukratives Zinsgeschäft an. Sie willigt ein. Was sie nicht weiß (oder nicht wissen will): In Wahrheit lässt sie sich gerade auf eine hochspekulative Wette ein, die ihr in den kommenden Jahren einen unglaublichen Zinssatz von 40,6 Prozent bescheren wird.

    Die verflixte Euribor-Klausel

    Dem „Business Insider“ liegt jene Vertragspassage vor, die das fatale Schicksal der MdP besiegelt. Darin vereinbaren die beiden Parteien, den alten Zinssatz von 4,79 auf 1,76 Prozent zu senken. Klingt super. Doch jetzt kommt’s. Der neue Zinssatz gilt nämlich nur so lange, wie sich der Euribor – der Referenzzinssatz für Euro-Termingelder im Interbankengeschäft – im Bereich zwischen zwei und sechs Prozent bewegt. Fällt oder steigt dieser aber, so addiert sich die doppelte Differenz zwischen dem aktuellen Euribor zur besagten Spanne auf den Zinssatz dazu, und zwar in jedem Quartal. Klingt kompliziert? Ist es auch. Hier ein (fiktives) Beispiel:

    Im ersten Quartal liegt der Euribor bei 3 Prozent. Damit ist alles gut, die portugiesischen Eisenbahner müssen lediglich 1,76 Prozent Zinsen zahlen. Im zweiten Quartal fällt der Euribor allerdings auf 1,7 Prozent. Das ist schlecht für die MdP, denn jetzt wird die Differenz (0,3) zwischen aktuellem Euribor (1,7) zur Spanne (2) verdoppelt (macht 0,6) und auf den Zinssatz des vorherigen Quartals addiert (1,76 plus 0,6). Im zweiten Quartal muss die MdP demnach 2,36 Prozent Zinsen zahlen. Bleibt der Euribor im darauffolgenden Quartal unverändert, so addieren sich wiederum 0,6 Prozent dazu, der Zinssatz steigt auf 2,96 Prozent. So geht das Spiel Quartal für Quartal weiter…

    Zinssatz steigt auf über 40 Prozent

    Bis die MdP im Jahr 2013 schließlich einen unglaublichen Zinssatz von 40,6 Prozent zahlen muss. Was war passiert? Zunächst lief die Wette zugunsten der Portugiesen. Doch dann brach die Finanzkrise über die Welt herein und die Zentralbanken senkten weltweit die Zinsen. Entsprechend ging auch der Euribor nach unten und fiel unter die vereinbarte Zwei-Prozent-Hürde. Für Santander ein Glücksfall, für die MdP ein Desaster.

    Die Zinslast entwickelte sich zu einem Schneeball, der einen Hang hinunterrollt und dabei immer größer und größer wird, schreibt der „Business Insider“. Die ursprüngliche Schuldenlast von 89 Millionen war 2013 auf sagenhafte 459 Millionen Euro angewachsen. Und das alles nur, weil die MdP günstigere Zinsen wollte und sich dafür auf eine riskante halsbrecherische Wette einließ.

    Spekulative Zinsswaps – Ein lukratives Geschäft für Banken

    Doch die Banco Santander steht nicht allein. Vielmehr waren solche spekulativen Zinsgeschäfte unter den führenden Banken gängige Praxis. Und die Staaten, ihre Schuldenlast vor Augen, ließen sich bereitwillig darauf ein. Dem Bericht zufolge soll Portugal ähnliche Deals auch mit Goldman Sachs sowie der Nomura-Bank abgeschlossen haben. Anders als im Fall Santander hätten sich die Parteien aber gütlich geeinigt und den Vertrag aufgelöst. Davon will Santander jedoch nichts wissen. Die spanische Großbank fordert die ihrer Ansicht nach rechtmäßigen Zinszahlungen ein und zog vor Gericht.

    „Wir wussten nicht, was wir da unterschreiben“, sagt die portugiesische Regierung, welche den Kredit inzwischen von der MdP übernommen hat, heute. Der Fall wird inzwischen vor dem britischen High Court verhandelt, seit 2013 liegt der Vertrag still – bei einem Zinsstand von über 40 Prozent. Santander pocht auf die Einhaltung des Vertrags, Portugal sagt Nein, die Bank habe unzureichend über die möglichen Folgen informiert und der Vertrag daher nichtig. Entscheidet das Gericht zugunsten von Santander, könnte der Zinssatz laut „Business Insider“ angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase bis 2018 auf unvorstellbare 100 Prozent ansteigen. Mit einem Urteil wird Anfang des kommenden Jahres gerechnet.





    wallstreetONLINE Redaktion
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