Visionen
Was Teslas Model 3 mit Hitlers VW-Käfer gemeinsam hat - Seite 2
Ein wirtschaftlicher Erfolg war dieser Überraschungsangriff auf die überrumpelte Autowelt bisher noch nicht. Weder Musk noch seine Aktionäre lassen sich von dieser Nebensächlichkeit aber bislang ausbremsen. Schließlich geht es inzwischen um mehr als nur um den Verkauf von ein paar hochpreisigen Elektroautos an eine betuchte Kundschaft. Vielmehr strebt Musk nichts weniger an als ein riesiges Imperium, das die Mobilität revolutioniert und die Autowelt aus den Angeln hebt. Dabei soll von der Sonnenstromproduktion über die Stromspeicher und die Ladesäulen bis hin zu den eigentlichen Fahrzeugen künftig alles von Tesla kommen. Keine halben Sachen also!
Publikumslieblinge
Nichts fügt sich besser in diese weltumspannende Strategie als das neue Model 3, dessen erster Prototyp im Frühjahr vorgestellt wurde. Die Basisversion dieses Fahrzeugs soll nur noch 35.000 Dollar kosten, und Tesla damit endgültig den Weg zum Massenhersteller ebnen. Zwar haben inzwischen auch die Konkurrenten einige Elektroautos im Programm. Das Model 3 ist aber natürlich weder ein popliger Kompaktwagen wie der Nissan Leaf, noch einer der lachhaft hochgezüchteten Boliden, wie sie BMW und Porsche künftig anbieten werden, und mit denen sich auch der hinterletzte neureiche Öko-Proll kaum noch auf die Straße trauen kann. Sondern es ist eben ein echter Tesla mit typischerweise innovativer Technik und zu einem halbwegs vernünftigen Preis. Ein wahres Kraft-durch-Freude-Elektroauto also für den ökologisch nach vorn denkenden Volksgenossen. Dementsprechend kennt die Begeisterung des Publikums auch keine Grenzen. Inzwischen liegen für das Model 3 mehr als 370.000 Reservierungen vor. Damit hat das Fahrzeug, das angeblich ab Ende 2017 ausgeliefert soll, sogar Hitlers Volkswagen übertroffen, den 340.000 reichsdeutsche Kunden gerne gefahren hätten.
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Die Kaufbegeisterung der Kundschaft ist aber nicht das einzige Auffällige, das das Model 3 und Hitlers KdF-Wagen gemeinsam haben. In beiden Fällen stellte sich nämlich auch die ganz existentielle Frage, wo und wie die heiß begehrten Fahrzeuge überhaupt gebaut werden sollen und wer das alles bezahlen wird. So war bei Hitlers Autoprojekt zwar pflichtschuldig die Deutsche Arbeitsfront in die Bresche gesprungen. Doch obwohl sich die DAF das gesamte Vermögen der Gewerkschaften aus der Weimarer Republik unter den Nagel gerissen hatte und zudem mit üppigen Beitragszahlungen ihrer 22 Millionen Zwangsmitglieder rechnen konnte, war die volle Ausfinanzierung des zu errichtenden neuen Autowerks für sie illusorisch. Die geplanten Ausmaße gingen ins Gigantische. Denn um den Volkswagen tatsächlich so günstig wie versprochen bauen zu können, waren enorme Stückzahlen notwendig. So wurde bald mit einer anfänglichen Kapazität von 450.000 Kraftwagen pro Jahr geplant, die sukzessive bis auf 1,5 Millionen Autos steigen sollte. Das Volkswagenwerk wäre dadurch zum größten Autowerk der Welt aufgestiegen, was zugleich die Gründung der schmucken Arbeiterstadt Wolfsburg notwendig machte. („Wolf“ war unter Eingeweihten Hitlers Spitzname – und „Hitlershausen“ hätte vermutlich etwas zu profan geklungen).