"Finanzielle Freiheit" – ein Schlagwort mit zu vielen Fragezeichen - Seite 2
FF-Variante 2: Radikal weniger arbeiten und/oder früher in Rente gehen. Bei dieser FF-Version geht es in erster Linie darum, "die Kontrolle über sein Leben zurückzuerlangen" und "endlich nicht mehr fünf Tage Arbeit gegen zwei Tage Freizeit zu tauschen". In den Büchern und Finanzblogs dazu wird ein kurioser Rezeptemischmasch zum "Ausbruch aus dem Hamsterrad", zur "Beendigung der Tretmühle des Angestelltendaseins" und zu "effizienterem Selbstmanagement" propagiert. Insbesondere soll man sich auf Beschäftigungen fokussieren, die Spaß machen, "frei machen" und entweder nichts kosten oder finanziell lukrativ sind. Ein Kernelement in dieser FF-Variante ist das Anstreben des frühzeitigen Ruhestands (cooler: "Early Retirement"). Zwei Beispiele für den Ansatz sind die Ratgeberbücher "Erfolgreiche finanzielle Freiheit im Schlaf" von Elisabeth Raynor und "Finanziell frei – Wie ich es geschafft habe mit 45 ohne Geldsorgen zu leben" von Monika Reich. Schon die Buchtitel lassen einen schmunzeln und in der Tat besteht beim Lesen der Texte stellenweise die Gefahr, die Ratgeberbücher mit Satire zu verwechseln.
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FF-Variante 3: Durch Existenzgründung zur finanzielle Freiheit. Den Vertretern dieses, im Vergleich zur vorigen Variante "weniger gemütlichen" Ansatzes zufolge, schlägt man mit ihm gleich drei FF-Unterziele mit einer Klappe: Erstens, als Firmengründer muss man sich nichts mehr von seinem bisherigen, inkompetenten Chef sagen lassen, ist also ab Tag eins schon "freier" als zuvor. Zweitens kann man nun endlich seine Kreativität "befreien" und drittens wird man, da der bisherige Vorgesetzte als ewiger Bremser entfällt, fast zwangsläufig auch mehr Geld verdienen. Zwei Bücher zu diesem FF-Ansatz sind "Rente mit 28 – In wenigen Jahren zur Finanziellen Freiheit" von Lars Joppich und "Passives Einkommen durch T-Shirts. Schritt für Schritt online Geld verdienen" von Theodor Schäfer. Auch beim Lesen dieser Titel könnte man zeitweilig dem Irrtum aufsitzen, es handele sich um Satire. Der Autor des erstgenannten Buches vertritt die mutige These, dass das Ausscheiden aus dem Angestelltendasein zum Zweck einer Existenzgründung gleichzusetzen sei mit dem Beginn der "Rente".