Viel zu viel Optimismus?
Da passt was nicht zusammen: DAX-Blase kurz vorm Platzen?
Die starke Entwicklung des Dax seit Weihnachten passt nicht so recht zu den Konjunkturaussichten und der superschlechten Stimmung unter den deutschen Exporteuren. Der DAX-Aufschwung scheint von aktuellen Daten wie abgekoppelt. Ein Erklärungsversuch.
Fakt ist, dass laut dem Ifo-Institut die Stimmung in der deutschen Exportwirtschaft so schlecht ist wie seit sechseinhalb Jahren nicht mehr, berichtet "Reuters". Hauptgründe sind der Handelskonflikt und eine schwächere Weltkonjunktur. Zudem geben laut einer aktuellen Ifo-Umfrage deutsche Führungskräfte schlechte Urteile über ihre Geschäftslage ab. Ihre Ausblicke für die kommenden sechs Monate weisen in dieselbe Richtung. "Ein gesamtwirtschaftliches Rezessionssignal sendet das Geschäftsklima aber nicht", meinte Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe.
Schaut man auf die Gewinnentwicklung der Unternehmen, entsteht wiederum der Eindruck, dass diese nicht zur DAX-Party passt: "In den vergangenen Monaten ist ein Aspekt hinzugekommen, der für die Aktienmärkte gravierende Auswirkungen haben kann: Die schleichende Kappung der Gewinnschätzungen für europäische Large-Caps: Seit Mitte letzten Jahres hat die Zahl der Gewinnherabstufungen die der Gewinnanhebungen nun schon übertroffen. Gleichzeitig sind die Aktienmärkte, getrieben durch Aktienrückkäufe, Übernahmen und Rekorddividenden, auf alte Höchststände zurückgekehrt. Die dadurch ausgelöste Multiple-Expansion hat inzwischen Dimensionen erreicht, die an die Boomphasen 2000 oder 2007 erinnern lassen", meinte Kapitalmarkt-Experte Peter Thilo Hasler in einem exklusiven Interview mit der "wallstreet:online"-Redaktion.
Auf der anderen Seite geht aus einer aktuellen Analyse der Geschäfts- bzw. Quartalsberichte der DAX-Unternehmen von EY hervor, dass die DAX-Unternehmen schon längst dabei sind, Ihre Dickschiffe wetterfest zu machen: "Die Unternehmen stellen sich derzeit auf schwierige Zeiten ein", so Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung bei EY. "Viele deutsche Top-Konzerne haben bereits tiefgreifende Sparmaßnahmen getroffen oder angekündigt: Ein weiterer Beschäftigungsaufbau ist auch mit Blick auf die kommenden Jahre daher sehr unwahrscheinlich. (…) Es führt kein Weg an harten Einschnitten vorbei, um weitere Margenrückgänge zu verhindern. Also geht es jetzt darum, Strukturen und Prozesse zu vereinfachen (…)", meinte Meyer.
David Kohl, Chefvolkswirt der Bank Julius Bär, nennt weitere Gründe, warum die Aktienkurse dem realwirtschaftlichen Stimmungs- und Zahlenbild nicht entsprechen: "Den Aktienmarkt haben die schlechten Konjunkturprognosen nicht interessiert. Man hat aber ein bisschen was gesehen beim Euro. Der hat nachgegeben. (…) Der Aktienmarkt schaut aber auf die globale Konjunktur. Das ist eine Belebung festzustellen. Stichwort China, das mit geldpolitischen Maßnahmen gegengesteuert hat. Das hilft der deutschen Konjunktur. Das sind Beispielfaktoren, die die heimischen Konjunktursorgen in Europa übertreffen", so Kohl in einem "Aktionärs TV"-Interview.
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Die laufende Berichtssaison liefert laut Kohl weitere Argumente für die gute Entwicklung des DAX: "Die Unsicherheiten sind in den Ausblicken der deutschen und europäischen Unternehmens-Ausblicken gut verstanden und eingearbeitet worden. Die Erwartungsdynamik ist sogar teilweise positiv ausgefallen. Das liegt daran, dass die Gewinne insgesamt im letzten Jahr recht schlecht ausfielen. Man startet quasi jetzt von einer niedrigeren Basis. Da ist es leichter, zum Normalmaß des Gewinnwachstums von – sagen wir – fünf, sechs oder sieben Prozent zurückzukehren. Und genau das erwartet man für das Jahr 2019", so Kohl.
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