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     1978  0 Kommentare Was wird aus Nord Stream 2?

    Zwei Nachrichten von der Kältefront beunruhigen. Einerseits soll es einen Jahrhundertwinter geben, andererseits wird just in time die alte „Pipeline-Karte“ gezogen und Nord Stream 2 von verschiedenen Seiten weiter massiv bedroht. Die Störer wettern gegen das Projekt mit Pseudoargumenten (juristisch bedenklich, unwirtschaftlich, unsolidarisch, umwelt- und wettbewerbsschädlich) und hoffen auf Trump, der jetzt noch einmal aktiv wird. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/us-sanktionen-nord-stream-zwei-ge ... US-Botschafter Grenell drohte bereits seinerzeit deutschen Projektfirmen mit Sanktionen im US-Geschäft. Werden wir bald frieren, wenn das bedrängte Russland irgendwann den Gashahn zudreht oder müssen wir vor den USA kapitulieren und von ihnen teures Gas kaufen? Unten ein kurzer – größtenteils bekannter - Faktencheck.

    1.     Russland ist von westlichen Gaseinnahmen und westlichen Devisen abhängig

    Russland braucht keine westlichen Devisen, um „zu überleben“. Auch die Mär von der Betroffenheit durch westliche Sanktionen ist ein Wunschdenken. Selbst ein Totalausfall aller Energieexporte in diese Region würde das Land nicht besonders schwächen. Denn ungeachtet der Sanktionen und Ölpreis-Delle hat Moskau seit 2014 sein Gold- und Devisenpolster auf ein Allzeithoch von 542 Mrd. € aufgestockt. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/487403/umfrage/gold-und ... Moskau verbesserte sich 2019im Weltbank-Index „Doing Business“ auf Platz 28 (Deutschland 22)

    https://openknowledge.worldbank.org/bitstream/handle/10986/32436/97814 ..., baute die Wirtschaftsbeziehungen zu China aus und plant neue Pipelines mit der Türkei und in Südeuropa (South Stream). Das Land erwirtschaftete 2018 auch einen neuen Rekord im Außenhandelsüberschuss von 211 Mrd. USD (Deutschland 228 Mrd. USD), das meiste im Erdölexport https://www.gtai.de/gtai-de/trade/wirtschaftsumfeld/wirtschaftsausblic .... Es wird bald Deutschland als die stärkste Volkswirtschaft Europas überholen. Nachweise zu diesen Fakten sind im Internet zu finden. Nur ein Laie kann glauben, die zehn bis zwanzig Mrd. € Einnahmeausfall aus deutschen Gaslieferungen täten dem Ostriesen weh. 

    2.     Deutschland ist von russischer Energie nicht abhängig, deutsche Konzerne vom US-Geschäft aber schon!

    Auch Deutschland ist von russischen Energielieferungen nicht so hoffnungslos (gesamt unter 20%, bei Erdgas jedoch 45%) https://www.welt.de/politik/ausland/article179177142/Trump-im-Faktench ... abhängig wie die anderen Länder (Österreich, Finnland, Ukraine, Osteuropa, Baltikum, Türkei). Nur etwa ein Drittel unserer Gaslieferungen kommt über die bestehenden „alte“ Pipelines aus dem Osten. Diese Abhängigkeit wird zudem sukzessive abgebaut. Dafür braucht man Zeit. Energiehandel ist kein Massengeschäft.

    Trumps „Abhängigkeitsthese“ ist also eine durch US-Eigeninteressen (Flüssiggasangebot!) getriebene Fake News. Dennoch: erst Nord Stream 2 macht die Lieferungen über den Landweg überflüssig. 

    3.    Störungen in deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen gibt es seit Jahrhunderten

    Dieses Politikum passt vielen Akteuren nicht und es gibt Störer. Jeder weiß, dass die Transitländer Polen und Ukraine ihre „Mitkontrolle“ bei Oberlandpipelines behalten wollen. Die quasi bankrotte Ukraine soll früher sogar Gas abgezapft haben. Auch in den vergangenen Jahrhunderten waren Störer des deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen stets präsent, sei im Mittelalter (Handel Nowgorods mit der Hansestadt Lübeck) sei es heute. https://www.youtube.com/watch?v=avHP_3obae4&t=2s

    Leider haben heute der deutsche Konsument und die Wirtschaft auch zusätzlich Störer („Kritiker“) in eigenen Reihen vor allem bei Politikern die die Konsequenzen einer Energieverteuerung nicht tragen. https://www.google.com/search?newwindow=1&biw=1474&bih=794&sxsrf=ACYBG ...

    4.    Was ist zu tun? Nur Gegensanktionen können helfen, Berlin aber heute   

    Da kann Berlin ausnahmsweise geraten werden, hart zu bleiben. Das würde sich langfristig auszahlen Erstens: Wenn Deutschland russisches Gas bekäme, die östlichen Schreihälse jedoch nicht, vielleicht werden sie gegen Russland weniger hetzen. Polen erkennt den Ernst der Lage und will Atomkraftwerke bauen. Zweitens: Es wären starke Signale einerseits gegenüber Russland die Vertragstreue und andererseits gegenüber USA Abwehrbereitschaft zu demonstrieren. Dem würden auch die Bürger und Wähler zustimmen. Drittens: Der Zeitpunkt ist günstig steuerlich und kartellrechtlich die US-Multis in Europa spürbar zu bremsen. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/steuerschlupfloeche ...

    Helmut Schmidt schloss sich 1979/1980 den wegen des Einmarsches in Afghanistan verhängten US-Sanktionen gegen die Sowjetunion nicht an. https://www.zeit.de/2013/42/1973-gas-pipeline-sowjetunion-gazprom/seit ... Auch die bundesdeutsche Bevölkerung stand fest hinter ihrer Regierung, obwohl damals die akute militärische Bedrohung durch den Warschauer Pakt wesentlich reeller als die (unterstellte) heutige von Russland. 

    Für eine ernsthafte Opposition ist das heutige ist Berlin zu schwach, zu prinzipienlos und zu taktierend - zumal ihr viele in den Rücken fallen (oben). Vorstellbar wäre folgender „fauler Kompromiss“: Nord Stream 2 wird zu Ende gebaut, damit die Investition nicht zur „Investruine“ wird und dem Betreiber-Konsortium wenig Schaden entsteht. https://www.nord-stream2.com/de/. Die Durchleitung wird aber stark gedrosselt, damit die alten Strenge durch die Ukraine und Polen künstlich am Leben gehalten werden. Für Russland wäre das ein Zeichen, dass auf die Vertragstreue Deutschlands und der EU kein Verlass ist und es sich stärker an China binden muss. 

    Autor: Dr. Viktor Heesewww.finanzer.eu; https://www.youtube.com/channel/UCEnrp5z3Rq5-NOIZmUU7NSg/playlists



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    Dr. Viktor Heese
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    Dr. Viktor Heese ist promovierter Volkswirt und war bis 2010 dreißig Jahre bei verschiedenen Großbanken im Wertpapierresearch tätig. Heese spezialisierte sich auf Versicherungs- und Bankaktien sowie Kapitalmarktanalyse. 2010-2013 leitete er das Deutsch-Russische-Zentrum- für Wirtschaftsforschung und deutsches MBA in Moskau. Seit 2014 ist er als Fachbuchautor und Publizist freiberuflich tätig und bietet Fachseminare zu Börsen- und Bankthemen an. Er ist Herausgeber des Anleihen-Börsenbriefes „Der Zinsdetektiv“
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    Verfasst von Dr. Viktor Heese
    Was wird aus Nord Stream 2? Nur Gegensanktionen würden helfen.