Wieviel Angst müssen Anleger heutzutage noch vor Inflation haben? - Seite 3
Früher strenge Inflationsbekämpfung, heute antiautoritäre Erziehung
Wer will sich denn bei all diesen bedeutenden Aufgaben nur noch um altmodische Stabilität kümmern? Es gibt doch transzendente, höhere, ja edlere Ziele. Übrigens hat das Bundesverfassungsgericht die Geldspritzen der EZB endgültig gutgeheißen. Und so
Apropos Inflation, man muss schon ausgesprochen gutgläubig sein, wenn man den offiziellen Inflationsraten traut. Der zur Berechnung herangezogene Warenkorb passt zur Preisrealität wie Mettbrötchen auf einer Veganer-Tagung. Güter und Dienstleistungen, die besonders häufig gekauft werden - u.a. Strom, Kalt- und Warmmiete, Versicherungen, Lebensmittel - sind gegenüber deflationierenden Elektroartikel nicht entsprechend vertreten. Somit ist die inoffizielle, aber tatsächliche Inflation höher. Und so sind auch die realen Kreditzinsen noch niedriger, ist die künstliche Entschuldung noch attraktiver. Darauf wird jeder Finanzminister ebenso wenig verzichten wie ein Hund auf einen Knochen.
Die Zinsmärkte sind immer weniger inflationssensibel
Normalerweise reagieren die Zinsmärkte auf Inflation wie der Pawlowsche Hund auf das Ertönen des Glockentons. Was der Speichelfluss beim Hund, sind die Inflationsaufschläge bei Anleihen. Doch diese klassische Konditionierung, diese alten Verlaufsmuster lässt die geldpolitische Allmacht auf Geheiß der neuen Politik nicht mehr zu. Anders formuliert: Der Hund sabbert nicht mehr.
Zinssparen bleibt damit so unattraktiv wie Küssen mit Mundgeruch. Selbst wenn der Nominalzins steigt, wird die Inflation jede echte Rendite zunichtemachen.
Lesen Sie auch
Immerhin bleibt so der Anlagenotstand weiter als Brot und Butter-Geschäft für Aktien bestehen. Denn Inflation, die nicht bekämpft wird, ist kein Feind von Aktien mehr wie früher, sondern ein Freund, vielleicht sogar der beste.