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     3100  0 Kommentare Wieviel Angst müssen Anleger heutzutage noch vor Inflation haben? - Seite 2

    Dafür spricht auch der Konsumhunger, der irgendwann auch wieder gesättigt ist. So wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, scheint also auch das zwischenzeitliche Strohfeuer der Inflation keinen Einsatz der geldpolitischen Feuerwehr nötig zu machen.

    Die Geldpolitik denkt, aber die Politik lenkt

    Offensichtlich erzeugt das I-Wort bei Notenbanken also kein Igitt-Gefühl mehr. Dennoch muss man sich fragen, warum die EZB ihren traditionellen Stabilitätsauftrag, Inflation schon beim kleinsten Auftauchen präventiv zu bekämpfen, aufgibt und sie selbst bei ihrem Erscheinen nicht reagiert.

    Die Antwort ist ganz einfach: Sie gibt dem Druck der Politik nach. Auf dem Papier ist sie zwar unabhängig. Aber wer ernennt denn die Notenbanker? Die Politik. Warum sollten ausgabefreudige Regierungen die Geldquelle mit Stabilitätsaposteln besetzen, die den Wasserhahn lieber nach rechts als nach links drehen? Haben sich meine beiden Katzen jemals für Futterrationierung ausgesprochen?

    Die Politiker haben Angst, dass das Konjunkturfeuer nur ein Scheunenbrand, nicht selbsttragend ist. Daher will man das Aufputschmittel des billigen und vielen Geldes möglichst lange verabreichen. Dagegen wird harte Stabilitätspolitik als Risiko für den Euro-Frieden betrachtet, das im Extremfall zu einer finalen Eurosklerose führt. Die EZB soll lieber als Friedensengel auftreten, der großzügige Geldgeschenke an den Euro-Süden finanziert.  

    Ohnehin muss das europäische Haus kernsaniert werden. Der Keller ist feucht, der Putz bröckelt von den Wänden und das Dach ist undicht. Europas miese Standortqualitäten müssen beseitigt werden. Und Digitalisierung und grüner Umbau kosten viel Geld, das kein EU-Land hat. Überhaupt, da Wettbewerbsfähigkeit auch in Amerika von der Fed finanziert wird, verlangen europäische Politiker geldpolitische Waffengleichheit.

    Sicher werden Steuererhöhungen im Bundestagswahlkampf eine große, vor allem ideologische Rolle spielen. Aber in der anschließenden politischen Realität wird man dann doch lieber auf die viel kostengünstigere Alimentierung der EZB zurückgreifen. Wer will schon mit Steuererhöhungen die Konjunktur gefährden und Unmut herbeiführen?   

    Sind wir ehrlich: Die EZB ist wie die Fed zum Retter auf Lebenszeit mutiert: „Patronin voller Güte, uns alle Zeit behüte“. Gemäß der Modernen Geldtheorie ist sie die Erfüllungsgehilfin einer neuen schuldenfinanzierten Staatsgläubigkeit, deren Alibi „Versöhnen statt Spalten“ ist. Ohne Schuldensorgen und Zinskosten lassen Politiker für ihre Schutzbefohlenen Brei vom Himmel regnen. Warum jemals wieder Magerkost verabreichen? Ein Politiker ist auch nur ein Homo Oeconomicus. Die nächste Wahl kommt bestimmt.

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    Robert Halver
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    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

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    Verfasst von Robert Halver
    Wieviel Angst müssen Anleger heutzutage noch vor Inflation haben? - Seite 2 Wieviel Angst müssen Anleger heutzutage noch vor Inflation haben? Wenn früher die Inflation anstieg, wurden Aktien durch stabilitätsharte Zins-Haken der Notenbanken regelmäßig auf die Bretter gelegt. Und müsste heute ein Aktien-K.o. nicht besonders …