Einer gegen alle
JPMorgan: "Neubewertung des Zinsmarktes zu weit gegangen – Fed wird überraschen"
Die Wall Street befindet sich in einem Bärenmarkt. Auch Risikoanlagen wie Kryptowährungen crashten am Montag. Anleger erwarten eine höhere Zinsanhebung durch die Fed. Ein JPMorgan-Analyst bleibt dennoch optimistisch.
Nachdem die US-Inflationszahlen am Freitag überraschend hoch ausgefallen waren, haben Händler und Anleger ihre Wetten auf eine Zinsanhebung um 75 Basispunkte erhöht. Es wäre die größte Zinserhöhung seit 1994.
Auch der Anleihemarkt signalisiert nichts Gutes: Die Umkehrung der US-Renditekurve spricht Bände. Die Botschaft: Der Versuch der Fed, die höchste Inflation seit Jahrzehnten einzudämmen, könnte in einer Rezession enden.
"Der starke Verbraucherpreisindex vom Freitag, der zu einem Anstieg der Renditen führte, sowie der Ausverkauf von Kryptowährungen über das Wochenende belasten die Stimmung der Anleger und treiben den Markt nach unten", zitiert CNBC JPMorgan-Analyst Marko Kolanovic aus einer Mitteilung an Kunden. "Wir glauben jedoch, dass die Neubewertung des Zinsmarktes zu weit gegangen ist und die Fed im Vergleich zu dem, was jetzt in der Kurve eingepreist ist, überraschen wird."
Laut Kolanovic könne die Fed demnach noch eine sanfte Landung ("Soft Landing") der Wirtschaft ermöglichen. Er erwartet, dass die US-Notenbank die Zinssätze um einen halben Prozentpunkt anheben wird.
Eine wachsende Zahl von Analysten ist anderer Meinung: Michael Wilson von Morgan Stanley, der nach wie vor zu den prominentesten Bären an der Wall Street gehört, sieht in der gedrückten Stimmung der Verbraucher ein Hauptrisiko für den Aktienmarkt und die Wirtschaft.
"Die Bewegung an den Märkten preist mehr als genug Rezessionsrisiken ein. Wir glauben, dass eine kurzfristige Rezession dank der Stärke der Verbraucher, der Wiedereröffnung nach Covid und der politischen Konjunkturprogramme in China letztendlich vermieden werden wird", so Kolanovic und sein Team.
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Kolanovic bleibt angesichts des starken Marktausverkaufs bei seiner Einschätzung, dass sich der S&P 500 erholen und das Jahr 2022 unverändert auf Jahresanfangsniveau beenden wird.
"Wir gehen zwar davon aus, dass die Märkte ihre Jahresverluste im zweiten Halbjahr wieder wettmachen und in etwa unverändert abschließen werden, aber wir raten nicht zu wahllosen Käufen", so Kolanovic.
Anstatt den Gesamtmarkt zu kaufen, bevorzugt Kolanovic Segmente, die stark abverkauft wurden und in der Nähe rekordverdächtig niedriger relativer Bewertungen gehandelt werden. Er nennt unter anderem innovationsorientierte Unternehmen, China ADRs, Small Caps und Biotech.
Autorin: Gina Moesing, wallstreet:online Zentralredaktion