Gold
Gold ist kein „barbarisches Relikt“
Indien liebt sein Gold so sehr, dass die Regierung im letzten Jahr neuen Importen den Riegel vorschob und dadurch versuchte, das gewaltige Handelsbilanzdefizit des Landes in den Griff zu bekommen.
Und es funktionierte – zumindest auf dem Papier. Indiens Leistungsbilanzdefizit fiel im vergangenen Jahr um 65%. Die Hälfte des Rückgangs kam durch die Importbeschränkungen für Gold zustande, wie Matthew Turner von Macquarie feststellt.
Aber durch die Kappung der Versorgung kommt nicht automatisch auch die Nachfrage danach zum Erliegen. Und so nahmen auch die illegalen Einfuhren sprunghaft zu.
Im Zuge ihrer Korruptionsbekämpfung möchte die neue BJP-Regierung unter Regierungschef Narendra Modi nun den Schmuggel unterbinden. Dies ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Bemühungen um
Deregulierung und Wachstum. Aber was bedeutet das genau für Gold?
Es wird gesagt, dass momentan der Schmuggel ebenso schwindet wie Indiens legale Nachfrage nach Gold. Der
dortige Aufschlag auf Gold, der im vergangenen Herbst noch auf einem Rekordhoch von 130 USD je Feinunze über dem weltweiten Referenzwert stand, ging mittlerweile
auf rund 10 USD zurück. Aufgrund dessen sowie der üblichen Sommerflaute für hochzeits- und festbedingten Edelmetallkäufen rechnen nun zahlreiche Experten mit einer Lockerung der Einfuhrkontrollen.
Somit kann man davon ausgehen, dass der Haushaltsplan, der in dieser Woche verabschiedet wird, auch die Verringerung der Einfuhrsteuer von derzeit 10% beinhalten wird.
Aber dadurch wird nur etwas am jetzigen Gesetz herumgeflickt. Plinius der Ältere beklagte bereits im 1. Jahrhundert, welche Auswirkungen Roms Leistungsbilanzdefizit auf Gold hatte. Heute ist Indien
die „Senke
der Welt“ für Edelmetalle, und jede vierte weltweit verkaufte Feinunze geht nach Indien. Dasselbe gilt inzwischen auch für China. Aber da Indien bereits einen 2000-jährigen Vorsprung
aufzuweisen hat, sitzen deren Tempel und Haushalte bereits auf riesigen Goldbeständen – laut Schätzungen zwischen 20.000 und 25.000 Tonnen der insgesamt rund 180.000 Tonnen der bisher weltweit
geförderten Menge. Die US-Notenbank, zum Vergleich, besitzt Berichten zufolge rund 8.000 Tonnen des gelben Edelmetalls.
Indien verfügt nicht über eine eigene Minenproduktion. Aber anstatt neues Gold zu importieren, um die inländische Nachfrage zu befriedigen, könnte der Staat auf dem indischen Subkontinent auch das
Edelmetall verwenden, das sich bereits dort befindet. Die indische Zentralbank machte am Mittwoch den Weg dafür frei, indem sie verkündete, sie würde alte Barren aus ihren Beständen verkaufen, damit daraus Schmuck gemacht werden könne. Das
hierfür erhaltene Geld wolle sie verwenden, um damit von der Bank of England in London die auf dem Großhandelsmarkt üblichen Good-Delivery-Barren zu kaufen.