Ideenloses Orakel
Warren Buffett und der Fluch des Erfolgs
Der Mann ist längst eine Legende: Warren Buffett. Eine Erfolgsmeldung seiner Holdingsgesellschaft Berkshire Hathaway jagt die nächste. Doch der Altmeister hat ein Problem – er ist zu erfolgreich.
Die guten Nachrichten reißen nicht ab. Gerade erst verkündete Berkshire Hathaway eine Gewinnsteigerung um sagenhafte 41 Prozent auf nun 6,4 Milliarden US-Dollar im zweiten Quartal (wallstreet:online berichtete). Nun meldet das „Handelsblatt“, die Barreserven der Holdinggesellschaft seien mit 55,5 Milliarden US-Dollar (Stand: 30. Juni) so hoch wie noch nie zuvor in der nunmehr vier Jahrzehnte dauernden Amtszeit von Warren Buffett. Doch das stellt das „Orakel von Omaha“ vor bisher unbekannte Probleme: Noch nie hatte der Altmeister so viel Geld zum Ausgeben – und noch nie hatte er so wenig Ideen.
Berkshire ist zu erfolgreich
Die Ursache dieses Problems scheint absurd: Buffett ist schlicht und ergreifend zu erfolgreich. Die Größe von Berkshire sei mittlerweile ein Hindernis geworden, weil nur wenige Unternehmen groß genug seien, um ins Beuteschema zu passen, befindet das „Handelsblatt“.
In der Tat gilt Warren Buffett in der Branche vor allem deshalb als Legende, weil er bei seinen Investitionen stets ein glückliches Händchen bewies und Unternehmen zu einem besonders attraktiven Preis kaufte. So war es bei der Übernahme der Eisenbahngesellschaft BNSF im Jahr 2010 ebenso wie 2013, als Berkshire gemeinsam mit der Buyout-Gesellschaft 3G Capital den Ketchup-Hersteller Heinz kaufte.
David Rolfe, Chief Investment Officer bei Wedgewood Partners, huldigt Buffett im „Handelsblatt“ als Investor mit dem besten Markt-Timing, indem er immer dann zuschlägt, wenn der Kurs des potenziellen Übernahmekandidaten am Boden ist. Aber genau hierin liegt auch das aktuelle Problem des Altmeisters: die Performance der Wertpapiere ist zu gut, der Höhenflug des S&P 500 Index lässt derzeit keinen Spielraum für Schnäppchen. Aus diesem Grund dürfte die Liste der „attraktiven Übernahme-Kandidaten“ derzeit nicht besonders umfangreich sein, mutmaßt Rolfe.
Buffett hat Zeit, seine Mitstreiter nicht
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Also wohin mit all den Milliarden? Diese Frage dürfte dem „Orakel von Omaha“ in nächster Zeit wohl noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Doch Buffett und Berkshire haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Gesellschaften, die ebenfalls zu viel Geld auf der hohen Kante haben und ebenso wenig wissen, wohin mit dem Kapital. Während sie gezwungen sind das Geld zu investieren, kann sich der Altmeister getrost zurücklehnen und abwarten. Denn die Aktionäre Berkshires wissen, was sie an ihm haben – und wissen daher auch, dass sie für ihre Geduld irgendwann belohnt werden. Dann nämlich, wenn das Orakel wieder zuschlägt. Nur wann wird es wieder so weit sein?