finanzmarktwelt.de
Seltsame Patrioten – PEGIDA als neu-rechte Protestkultur
Von Markus Fugmann, www.finanzmarktwelt.de
Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes – schräger Name für eine Bewegung, finden Sie nicht? Im Osten hat es angefangen, im Westen geht es weiter – da formiert sich angeblich aus der Mitte der Gesellschaft eine Portestbewegung, die irgendwie alles scheisse findet, aber wenig Konstruktives entgegentzusetzen hat.
Was wollen die patriotischen Demonstranten? Um welche Islamisierung geht es? Im öffentlichen Leben Deutschlands jedenfalls findet keine Islamisierung statt – es gibt ein paar Jugendliche, die nach Syrien und in den Irak reisen, um den IS zu unterstützen, klar. Aber eine breite Bewegung der Muslime in Deutschland in dieser Richtung ist nicht erkennbar. Auch der Begriff “Abendland” mutet seltsam an – hat einen Touch von 1001 Nacht-Geschichten. Dumm nur, dass vermutlich 99,99% aller PEGIDA-Demonstranten nicht wirklich bewusst ist, was das Abendland ist und welche moralisch-philosophischen Grundlagen es hat: die Synthese zwischen griechischer Philosophie und jüdisch-christlichen Moralprinzipien nämlich, bei denen Fremdenhass keinen Platz hat. Egal. Es geht in Wahrheit nämlich weder um das Abendland noch um die nicht stattfindende Islamisierung in Deutschland.
Es geht, das zeigen Interviews von Demonstranten, um Abgrenzung. Wir und die anderen. Und die anderen gehören eigentlich nicht dazu, kassieren aber frecherweise Sozialleistungen und Ähnliches. So sagte eine teilnehmende Demonstrantin typischerweise: “Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber..”
Das bezeichnende “aber” sagt schon alles. Die Ausländer oder Asylanten neigten zur Kriminalität und entzögen Gelder, die eigentlich “uns” oder “unseren” Kindern zustehen, so eine der Grundthesen der PEGIDA. Mit gleichem Recht könnte etwa ein Westdeutscher fordern, dass der Solidaritätsbeitrag für Ostdeutschland abgeschafft wird – und die freiwerdenden Gelder in Kitaplätze für “unsere” westdeutschen Kinder eingesetzt werden.
Die Demonstranten fordern zum Beispiel eigene Polizeieinheiten für Asylanten. Warum nicht gleich auch eine Judenpolizei, die immer schön kuckt, ob der gelbe Stern noch richtig sitzt? Angst, Neid, Fremdenfeindlichkeit sind die Hauptmotive der PEGIDA und ihrer Ableger, das läßt sich nicht leugnen. Klar: die Videos von Enthauptungen durch den IS schüren Ängste, das ist nachvollziehbar. Aber was hat das mit Leistungen zu tun, die Deutschland an jene bezahlt, die aus verschiedenen Teilen der Welt nach Deutschland kommen?
Das perfide ist, dass ja im Grunde jeder gegen Islamisierung im Stile des IS ist – wer wäre nicht abgestoßen durch das, was die radikalen Islamisten in ihrem Herrschaftsgebiet veranstalten? Aber in Wahrheit geht es eben gar nicht um die angebliche Islamisierung, sondern um die Ablehnung der Globalisierung und ihrer Konsequenzen – mit nationalistischer und fremdenfeindlicher Tendenz. Die vermeintliche Angst vor Islamisierung ist dafür nur der Deckmantel, der mobilisieren soll.
Und so hat die neue Bewegung viele Parallelen zu der Tea-Party-Bewegung in den USA. Diese ist weitgehend gescheitert, und es ist im Sinne der Humanität zu hoffen, dass PEGIDA und Konsorten ein ähnliches Ende nehmen wird!