Das nächste große Ding - Seite 4
Da es wenig Überschneidungen zwischen beiden Firmen gibt, könnten die Time Warner-Bereiche – wie auch jetzt schon – ihre Eigenständigkeit weitgehend bewahren. Damit wäre zumindest die Gefahr des typischen Kulturschocks (siehe die berühmt-berüchtigte Daimler-Chrysler-Fusion) gebannt. Und: Einen ersten – bislang erfolgreichen – Testlauf können die AT&T-Manager immerhin auch schon vorweisen. Im vergangenen Jahr übernahm AT&T den Satelliten-TV-Sender DirecTV für 48,5 Milliarden Dollar. Die Integration ist zwar noch nicht 100%ig abgeschlossen und die wirtschaftlichen Ergebnisse sind erst ansatzweise sichtbar, aber größere Probleme gab es dabei bisher offenbar nicht. Das macht zumindest Hoffnung, dass dies auch mit Time Warner gelingen könnte – auch wenn es nochmals eine etwas andere Größenordnung ist.
Wie profitieren die Aktionäre davon?
Bleibt die Frage nach dem Sinn der Fusion für die Aktionäre. Hier kann man tief ins Zahlenwerk abtauchen. Wir wollen uns aber hier auf zwei wesentliche Aspekte konzentrieren.
Zunächst ein langfristiger Chartvergleich:
(Quelle: MarketMaker)
Seit den Tiefs nach der Technologieblase im Jahr 2002 haben AT&T und Time Warner eine vergleichbare Performance für ihre Aktionäre erzielt (Kursgewinne und Dividenden). Das stabilere Geschäft und die höhere Dividende führten bei AT&T zu einem gleichmäßigeren Kursverlauf. AT&T ist daher nach wie vor das typische „Witwen- und Waisenpapier“ und wird von Anlegern bevorzugt, die hohe Ausschüttungen möchten und ruhig schlafen wollen.
So richtig glücklich sein dürfte damit keiner
Time Warner-Aktionäre mussten zwar in der Finanzkrise einen kräftigen Rückschlag hinnehmen – aber wer erst danach einstieg, konnte sich an einem dynamischen Wachstum von Unternehmen und Aktie erfreuen. Analysten erwarteten bisher eine Fortsetzung dieses Wachstumstrends auch für die kommenden Jahre.
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Beim Zusammenschluss beider Unternehmen dürften also weder die AT&T- noch die Time Warner-Aktionäre so recht glücklich werden. Die einen erhalten eine höhere Volatilität und damit mehr Risiko, den anderen wird das weitere Wachstum durch das lahme Telefongeschäft verhagelt.
Darüber hinaus ist insbesondere aus Sicht von Time Warner nicht so recht klar, welche Vorteile der Medienkonzern von der Fusion erwartet. Die Zugpferde Warner Bros. Filmstudios und HBO könnte der Konzern auch allein weiter erfolgreich vermarkten. Sorgenkinder sind dagegen eher die zwar namhaften, aber krisenanfälligen Printmedien (Time, Fortune und andere). Will sich Time Warner dieser elegant entledigen – in der Hoffnung, dass die erfolgreichen Inhalte über AT&T eine noch größere Verbreitung erfahren? Das wäre zumindest eine sinnvolle Erklärung – und damit auch die einzige Fantasie, die den Time-Warner-Aktionären bleibt.