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    Marktkommentar  1043  0 Kommentare Carsten Vennemann (alpha beta AM): Der Aktienmarkt – Alternativlos oder überwertet?

    Carsten Vennemann zum Verhältnis des „magischen Dreiecks“ aus Ertrag, Risiko und Liquidität und den individuellen Anlagezielen eines Investors.

    ​Die Antwort auf diese Frage lässt sich – wie die meisten Investmentthemen – nur im Kontext des magischen Dreiecks aus Ertrag, Risiko und Liquidität einerseits, sowie mit Bezug auf die individuellen Anlageziele eines Investors andererseits, beantworten. Letztendlich führt sie so zur Frage nach dem Investmenthorizont, also die Überlegung, ob ich als Investor eher strategisch, auch Marktschwächephasen aussitzend, oder auch taktisch, mit einer Positionierung zum sogenannten Market Timing, operieren will.

    Unser Research zeigt, dass es – vereinfacht ausgedrückt – oft darum geht, eine Marktphase hinsichtlich ihres Charakters zu kategorisieren. Nutze ich den Trend, gerade auch als „stop-loss“ zur Risikoreduzierung, wenn es an den Märkten rappelt, oder vertraue ich den langfristigen Perspektiven und nutze die Chancen von Marktschwächephasen durch Positionsaufbau?

    In welcher Marktphase befinden wir uns aktuell? Eine umfassende, quantitative Analyse dieser Frage würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, jedoch lassen sich einige, grundlegende Gedanken kategorisieren:

    Das sogenannte „Tail-Risk“ der französischen Wahlen ist bzw. wird an uns vorüberziehen. Aller Voraussicht nach wird Emmanuel Macron neuer Staatspräsident und der Franc wird nicht wieder eingeführt. Der Bankensektor in der Eurozone wird von der Börse gefeiert, am Tag nach der ersten Wahlrunde mit Tagesbewegungen bis zu 10% bei einzelnen französischen Banken. Selbst die Deutsche Bank konnte am Montag gut 6% zulegen. Der in Bezug auf den Gesamtmarkt überproportional sensible Bankensektor scheint mittlerweile auch in Europa (endlich) strukturell voranzukommen und „alte Zöpfe“ abzuschneiden. Die Deutsche Bank hat ihre 8 Mrd. Euro schwere Kapitalerhöhung vollzogen, die Credit Suisse wird nun 4 Mrd. CHF aufnehmen und ihr Inlandsgeschäft nicht verkaufen. Die Bankenregulierung mag vielleicht sogar schon ihren Höhepunkt überschritten haben. Gleichzeitig helfen den Banken höhere Zinsen und, zugegeben nur leicht, steilere Zinsstrukturkurven. Konjunkturindizes legen zu, die ersten Unternehmensergebnisse in der Eurozone für das 1. Quartal 2017 zeigen positive Überraschungen: Gemessen am EuroStoxx50-Index überraschen die Gewinne bisher um ca. 8% und die Umsätze um 3% die jeweiligen Erwartungen.

    Aber ist das nicht alles bereits in den Kursen enthalten? Haben nicht alle, die Aktien wollen, längst gekauft? Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten. Fest steht, dass US-amerikanische Aktien teurer als europäische erscheinen. Absolut betrachtet sind die Euro-Aktien nicht extrem bewertet, auch wenn sie in dieser Woche, wie z.B. beim DAX, ein neues Allzeithoch erreicht haben. Auch der US-amerikanische Technologie-Index NASDAQ hat mit 6.000 Punkten ein neues Allzeithoch erreicht. Eine Spätphase des Zyklus erkennt man auch daran, dass der Index für die letzten 1.000 Punkte rund 17 Jahre Zeit gebraucht hat. In vergangenen Boomphasen ging das früher auch mal innerhalb weniger Wochen. Ein Schlüssel könnte die Investorenpositionierung sein: Aber auch hier ergeben die Stimmungsumfragen kein eindeutiges Bild. Es scheint, dass, wie so oft, jeder Anleger gerne lieber mehr Aktien besitzen würde, aber auf diesen Niveaus nicht bereit ist, neues Geld zu investieren. Wir betrachten die Marktpositionierung aktuell als neutralen Faktor.

    Fest steht, dass die Politik als relevanter Faktor für die Märkte an Bedeutung zugenommen hat. Hoffnungen, die seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten in die Märkte gepreist wurden (am 08.11.2016 stand der DAX bei 10.482), müssen noch erfüllt werden. US-amerikanische Frühindikatoren deuten aktuell eher auf eine konjunkturelle Schwäche im Jahresverlauf hin. Trump muss folglich bei der Steuerreform liefern, und zwar Gesetze und nicht nur Twitter-Nachrichten. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach den Perspektiven oder Nachrichten, die den Aktienmarkt vom aktuellen Niveau noch weiter treiben könnten. Irgendwann wird sich auch in Europa die Euphorie nach den letzten Wahlen in den Niederlanden und Frankreich legen und der Fokus wieder auf die ungelösten Alltagsprobleme (Meinungsbildungsprozess in der EU, Stabilität der italienischen Regierung, etc.) richten. Dass die Probleme akut bleiben, zeigt sich in der aktuellen Kreditvergabeumfrage der EZB, wonach die Banken des gemeinsamen Währungsraums eine Verlangsamung beim Anstieg der Kreditnachfrage von Unternehmen von 18% im 4. Quartal 2016 gegenüber dem 1. Quartal 2017 berichten.

    FAZIT:

    Die aktuelle, positive Marktphase ist durch gute fundamentale Faktoren untermauert. Die Datenlage in der Eurozone stimmt vorsichtig optimistisch. Das globale Wachstum, insbesondere in den Emerging Markets, zieht wieder an. Die Notenbanken, in der Eurozone und Japan beispielsweise, bleiben akkommodierend. Relativ zu Anleihen bleiben Aktien, bewertungstechnisch betrachtet, durchaus spannend. Ein Crash-Risiko erscheint aktuell gering.Aber: Wir sind in einer Spätphase des Konjunktur- und Markttrends, die „Einschläge kommen näher“. Geopolitische Probleme in Asien und im mittleren Osten, mittelfristige US-Konjunktursorgen sowie markttechnische Faktoren sprechen für ein permanentes Rückschlagrisiko. Dies gilt es im aktiven Portfoliomanagement entsprechend umzusetzen. Aktien sind weder alternativlos, noch generell überbewertet. Diversifikation unter Berücksichtigung von Emerging Markets und den weiter boomenden Kreditmärkten bleibt aber opportun. Nach unserer Einschätzung sind wir folglich in einer Marktphase, in der Rückschläge auch gute Einstiegschancen darstellen können.




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