Lisaman schrieb 17.04.24, 19:57
Man darf den Einfluss solcher Tage auf den Wert des Eigenverbrauchs aber auch nicht überschätzen. Beim Marktwert Solar schlagen solche Tage voll durch (mengengewichtet), beim Eigenverbrauch aber bei den meisten Anlagenbesitzern aber viel weniger - In einer durchgehend sonnigen Juniwoche kann man den Eigenverbrauch nun mal nicht beliebig erhöhen und den Mittagsstrom kann man auch nicht immer nutzen (weder bei Tibber, noch bei der eigenen Anlage). Viel wichtiger als solche Tage sind für den Eigenverbrauch die ganz normalen Durchschnittstage und Durchschnittsstunden.
Dazu kommt: Es gibt ja auch eine Kehrseite der günstigen Preisphasen bei Tibber: Tibber ist grundsätzlich eine gute Lösung, wenn man einen einen sehr flexiblen, zu sehr großen Anteilen steuerbaren Stromverbrauch hat und billige Phasen voll ausnutzen kann. Aber neben dem niedrigen Preis an sonnigen Wochenenden gibt es (anders als beim Eigenverbrauch von Solar) eben auch Phasen, in denen der Strom deutlich teurer ist als ein gewöhnlicher Stromvertrag. Das ist bei der Eigennutzung von Solar anders. Daneben hat Tibber mit Netzgebühren und weiteren Gebühren noch einen Klotz am Bein, den der eigene Solarstrom nicht hat.
Ich hatte in einem nerdigen Moment den Vergleich Solar vs. Tibber mal für meine bestehende Anlage durchgespielt. Bei der habe ich ein ganz gutes Bild, wie sich Börsenstrompreise, Solarerzeugung und mein Eigenverbrauch über Jahr und Tag entwickeln.
Grob gibt es 4 Fälle:
a) Phasen, in denen die Solarstromerzeugung sehr hoch, die Nachfrage gering (und Tibber günstig ist). Gut für den Tibberkunden und gut für den PV Besitzer (der sich immer noch Netzgebühren usw spart). Vor allem wenn man einen Teil des Stromverbrauch hierhin verschieben kann.
b) "Grundlastphasen" (also das, was eine Solaranlage auch an mäßigen Frühlings-, Sommer- und Herbsttagen tags trotzdem fast immer produziert). Das sind in Deutschland die häufigsten Tage im Jahr und die Erzeugung passt dann oft ziemlich gut zum Verbrauch im Haus. Dadurch bestimmen diese Phasen den Eigenverbrauch und dessen Wert in meinem Fall am stärksten. Wenn man dazu noch einen Teil seiner Verbraucher (Wallbox, Klima, Heizung...) intelligent steuert lässt sich diese Phase weiter optimieren. Und Tibber ist in diesen Phasen bei weitem nicht immer günstig. Dazu ein kurzer Check auf die aktuelle Situation: Ein mäßiger, feuchter Aprilabend um 19 Uhr, die Börsenstrompreise (und die von Tibber) sind am Tageshoch (170 Euro), die Solaranlage produziert noch mit 15% ihrer maximalen Leistung und das passt bestens zum jetzt etwas ansteigenden Verbrauch der Familie. Nur den Elektro sollte jetzt besser nur laden, wenn es sein muss.
c) Phasen in denen Wind und Solar schwach sind. -> Tibber wird teuer, der normale Stromvertrag bleibt konstant, ein wenig Solarstrom ist immer noch da.
d) Winternächte mit viel Wind -> Tibber wird sehr günstig, der normale Stromvertrag bleibt konstant
Im Ergebnis
- hat sich eine solide Anlage (fairer Preis, gutes Dach und ein dazu passender Stromverbrauch) plus normaler Stromvertrag auch gegen ein Szenario mit Tibber aber ohne die Solaranlage gerechnet.
- Das hat in der Rechnung mit Tibber/ohne Solaranlage zwei Jahre länger gedauert als in der Rechnung gegen einen Standardstromvertrag/ohne Solaranlage - aber die Rechnung geht trotzdem noch gut auf.
- Verlierer war bei mir übrigens das Szenario "Tibber plus Solaranlage", dass ging erst etwas besser auf, wenn man extrem trickst und sich einen Sommer- und einen Winterstromanbieter gesucht hätte.
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