checkAd

     2188  3 Kommentare In der Politik darf man keine halben Sachen machen

     

    In der Politik darf man keine halben Sachen machen

    Nach den epochalen Verlusten von CDU und SPD bei der hessischen Landtagswahl spricht wenig für politischen Aufbruch in Berlin. Die „Große“ Koalition wird zusammenbleiben, aber noch vorsichtiger regieren, keine heißen Eisen anpacken und wenig Reformaktivitäten zeigen, um bloß keinen neuen Streit loszutreten. Denn der führte zu Neuwahlen, die Union und SPD auch im Bund zu zukünftigen Ex-Volksparteien machten. Die Regierungspartner verhalten sich wie ein zerstrittenes Ehepaar, das die Scheidung unbedingt vermeidet, weil ansonsten das gemeinsame Haus weg ist.

    Auch Eichhörnchen sorgen für den Winter vor

    Doch ist mit dem Weg des geringsten politischen Widerstands kein Staat zu machen. Angesichts der aktuell guten konjunkturellen Lage klopfen sich CDU, CSU und SPD zwar gerne auf die eigene Schulter. Ich will unsere Wirtschaft überhaupt nicht schlechtreden. Doch zeigt das heile Bild eines quantitativ guten Arbeitsmarkts bei qualitativer Betrachtung Risse. Es gibt viel prekäre Beschäftigung. In Deutschland fällt man schon aus der Arbeitslosenstatistik, wenn man offiziell die Hunde des Nachbarn Gassi führt. Wir brauchen aber einkommensstarke Beschäftigung, mit der sich z.B. die hohen Mieten bezahlen lassen. Übrigens, Wohnungsnot ist nicht erst seit gestern bekannt. Offensichtlich singt man in Berlin „Schlaf in himmlischer Ruh“ nicht nur zur Weihnachtszeit.

    Grundsätzlich hätten die stabilen Wirtschaftszeiten längst genutzt werden müssen, um Deutschland wetterfest für das Zeitalter der Digitalisierung zu machen. So mancher afrikanische Staat hat mittlerweile ein besseres Netz als Deutschland. Der weltweite Standort- und Innovationswettbewerb ist bereits brutal und wird noch brutaler. Nicht nur große, auch immer mehr Mittelstandsunternehmen suchen sich den besten Standort wie in einem Modekatalog aus. Bei Beibehaltung des Status Quo droht Deutschland, allmählich zu einer Exportnation von Arbeitsplätzen und Zukunftstechnologien zu werden. Leider sind Arbeitnehmer nicht so mobil wie Kapital.  

    Ein moderner Standort braucht nicht zuletzt - z.B. für die E-Mobilität - immer mehr Strom. Die Energiewende sorgt allerdings noch nicht für ausreichend Spannung.

    In Europa kann Deutschland nicht als Lame Duck auftreten

    Um Nachfolgediskussionen zuvorzukommen hat Angela Merkel die Reißleine gezogen. Sie zieht sich vom Vorsitz der CDU zurück und verzichtet auf eine erneute Kanzlerkandidatur, will aber bis zur Neuwahl 2021 im Kanzleramt bleiben. Mit der Splittung von Partei- und Regierungsamt erodiert jedoch ihre Handlungsfähigkeit. Denn natürlich strebt die Nachfolgerin bzw. der Nachfolger an der Parteispitze - wie in der CDU üblich und auch von Frau Merkel immer gewollt - ebenso die Kanzlerschaft an. Die ihr nachfolgende Person will zudem schon vor der nächsten Bundestagswahl regieren und sich profilieren, um nicht als Greenhorn in den Wahlkampf zu ziehen. Diese permanente „Putschgefahr“ - vor allem wenn an der CDU-Spitze ein Kandidat mit Merkel-fremden Duftmarken sitzt - macht Angela Merkel zur Königin ohne Land, zur Kanzlerin auf Abruf. Je länger der Abschied vom Kanzleramt anhält, umso mehr wird in Berlin verwaltet und moderiert statt gestaltet und regiert.

    Seite 1 von 2



    Robert Halver
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen

    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

    Lesen Sie das Buch von Robert Halver*
    *Werbelink

     

    Mehr anzeigen
    Verfasst von Robert Halver
    In der Politik darf man keine halben Sachen machen   In der Politik darf man keine halben Sachen machen Nach den epochalen Verlusten von CDU und SPD bei der hessischen Landtagswahl spricht wenig für politischen Aufbruch in Berlin. Die „Große“ Koalition wird zusammenbleiben, aber noch …