Integriertes Multifactor Investing - Seite 2
Abbildung 1: Die Faktorprämien Small Size, Value und Quality dargestellt als die drei Dimensionen Höhe, Breite und Tiefe eines Würfels. ► Quelle: Gerd Kommer Invest GmbH
Um als Anleger die drei gewünschten Faktorprämien "auszubeuten", also in seinem Portfolio im Vergleich zu einem nach Marktkapitalisierung gewichteten Vergleichsindex überzugewichten, könnte der Anleger nun einfach drei einzelne Indexfonds erwerben: Einen globalen Small-Cap-ETF, einen globalen Value-ETF und einen globalen Quality-ETF – also einen ETF für jeden der drei Würfel. Diese Methode wird oft als "einfaches Multifactor Investing" oder "Fund-Level Multifactor Investing" bezeichnet. Sie ist in der Praxis die am meisten verbreitete Methode, Faktorprämien – oft auch verkürzt "Faktoren" genannt – in einem Portfolio zu berücksichtigen.
Dieser traditionelle Weg des Multifactor Investing krankt jedoch an einem von vielen Anlegern übersehenen Grundproblem: Wer die drei Faktorprämien auf diese Weise kombiniert, holt zum Teil – indirekt und unabsichtlich – auch falsche, negative Prämien in sein Portfolio; also solche, die man eben gerade nicht haben wollte. So finden sich beispielsweise innerhalb eines Small-Cap-ETFs unweigerlich auch "Growth-lastige" und "Low-Quality-lastige" Small Caps, da die Aktien aus dem zugrunde liegenden Aktienuniversum für die Zwecke der Bildung des Small-Cap-ETFs ausschließlich nach der Größendimension "Small Size" auseinandersortiert wurden.
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Metaphorisch kann man das mit folgender Situation illustrieren: Angenommen, Sie wollen eine besonders spektakuläre Party in Ihrem Garten schmeißen. Alle Gäste müssen zwei Kriterien erfüllen: Erstens muss jeder Gast komplett rot gekleidet sein und zweitens muss jeder eine Flasche Champagner mitbringen. Sie wissen im Voraus, dass vermutlich mehr Interessenten zur Party kommen werden als in Ihrem Garten Platz haben; deshalb engagieren Sie zwei Türsteher, Mario und Luigi. Um die Erfüllung der Eintrittsvoraussetzungen zu gewährleisten, kontrolliert Mario die eintreffenden Gäste darauf, dass sie vollständig rot angezogen sind, während Luigi sicherstellt, dass die Gäste den Champagner dabeihaben. Dummerweise haben Sie Mario und Luigi separat instruiert, sodass jeder der beiden Türsteher nur das ihm zugeteilte einzelne Eintrittskriterium überprüft – es findet keine Abstimmung zwischen den beiden statt. Weil das so ist, wird es fast zwangsläufig zum einen Party-Gäste geben, die zwar korrekt in Rot gekleidet sind, aber keine Flasche mitbringen und zum anderen Gäste, die zwar Champagner dabei haben, den Dress Code aber nicht erfüllen. Dabei wollten Sie ausdrücklich nur Gäste in Rot und mit Getränk.