Ein Korrekturszenario für den S&P 500
Wie schnell negative Informationen zum Handelsstreit zwischen den USA und China auf die Aktienkurse drücken können, hat sich gestern kurz vor Mittag wieder gezeigt.
Sehr hohe Erwartungen an den G20-Gipfel
Vorgestern noch berichtete eine Zeitung, die beiden Konfliktparteien hätten kurz vor dem Treffen von Donald Trump und Xi Jinping beim G20-Gipfel eine Vereinbarung getroffen, wonach die USA vorerst keine weiteren Zölle auf chinesische Warenexporte bzw. Warenimporte im Volumen von rund 300 Milliarden USD erheben. Vor diesem Hintergrund blickten die Anleger noch optimistisch auf das G20-Treffen und ließen die Aktienmärkte gestern zunächst steigen. Der DAX legte bis auf über 12.335 Punkte zu.
Als dann aber kurz vor Mittag die Meldung über die Nachrichtenticker lief, dass China auf dem Gipfeltreffen eine Liste mit konkreten Bedingungen für den Handelsvertrag vorstellen will und Trump neue Handelszölle umsetzen wird, falls es keine Fortschritte gibt, gab der DAX binnen Minuten um mehr als 100 Punkte nach.
Handelsstreit lässt die Gewinnerwartungen sinken
Dabei hat der Handelsstreit die Aussichten für die Aktienmärkte sowieso inzwischen schon weiter belastet. Andre Köttner, Co-Leiter des globalen Aktiengeschäfts von DWS Investments, beziffert die negativen Folgen für den Gewinn der Unternehmen aus dem S&P 500 auf „drei Prozentpunkte. In einer vorangegangenen Analyse der DWS vom 17. Juni war noch von „drei Prozent“ die Rede (siehe auch Börse-Intern vom 19. Juni). Zwischen „Prozent“ und „Prozentpunkten“ gibt es aber einen recht großen Unterschied. Mit den drei Prozentpunkten wird sich das durchschnittliche Gewinnwachstum je Aktie laut der Prognose von Herrn Köttner im 3. Quartal 2019 auf nur noch auf 2 % und im 4. Quartal nur noch auf 4 % belaufen. Im Falle von einer nur 3-prozentigen Belastung wäre der Rückgang der Gewinnerwartungen kaum erwähnenswert gewesen.
Sinkende Gewinnerwartungen führen zu höherer Bewertung
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Durch die um drei Prozentpunkte gesunkenen Gewinnerwartungen fällt die fundamentale Bewertung des Aktienmarktes aber nun entsprechend noch höher aus als zuvor schon, ohne dass die Kurse derweil gestiegen sind. In der folgenden Grafik der DWS mit Stand vom 10.06.2019, die ich auch in der Börse-Intern vom Mittwoch vergangener Woche bereits präsentiert habe, hatte die DWS das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 noch mit 16,1 angegeben – Stand 10. Juni.