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     2905  0 Kommentare Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben - Seite 4

        • Mit Bankguthaben kann man nach Kosten, Steuern und Inflation nicht erst seit 2015 kein Vermögen bilden, sondern man konnte das in den letzten 120 Jahren nicht (lesen Sie hierzu unseren Blog-Beitrag). Dieser eigentlich triviale Sachverhalt wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Dass viele Privatanleger dieses Faktum offenbar emotional nicht tolerieren können oder wollen, ändert wenig an seiner Existenz.

    Es stellt sich die Frage, warum so viele Privatanleger das beträchtliche Gegenpartei-Risiko eines Bankguthabens unterschätzen oder jedenfalls akzeptieren. Uns fallen sechs Gründe ein. 

    Grund 1 und Grund 2 sind recht banal: Mangelnde Kenntnis der Finanzgeschichte und urmenschliche Bequemlichkeit. Die meisten Privatanleger haben keine finanzhistorischen Bücher gelesen wie etwa das von Niall Ferguson oder das von Reinhart/Rogoff (siehe Literaturliste weiter unten). Beide, besonders Reinhart/Rogoff, berichten von einer schier endlosen Serie von Bankenkrisen in den letzten Jahrhunderten, inklusive und vor allem der letzten 100 Jahre. Und ja, Bankguthaben sind konkurrenzlos bequeme Investments. Sie erfordern kein Nachdenken und ihre Alternativen (z. B. Geldmarktfonds oder kurzfristige Staatsanleihen) sind etwas weniger bequem und erscheinen vielen Menschen "irgendwie kompliziert". Bei genauerer Betrachtung sind sie es aber nicht.

    Grund 3: Die Mehrzahl aller Privatanleger ist sich nicht im Klaren über den fundamentalen, strukturellen Vorteil eines Wertpapier- oder Fondsdepots gegenüber einem Bankguthaben. Bei einem Depot agiert die Bank lediglich als Verwahrstelle. Geht die Verwahrstelle pleite, spielt das für den Eigentümer der Papiere im Depot vermögensmäßig keine Rolle, wie es auch keine Rolle für die Eigentümer eines Bankschließfaches spielt, wenn die Schließfachbank in den Konkurs gerät. Der Inhalt des Schließfaches und der Inhalt eines Depots fallen nicht in die Konkursmasse der Bank. Grundsätzlich anders verhält sich das bei einer Einlage wie einem Bankguthaben: Sie ist im Pleitefall Teil der Konkursmasse und wenn die nicht groß genug ist, haben manche oder alle Einleger (die Gläubiger) ganz einfach Pech.

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    Grund 4: In der Denke eines normalen Privatanlegers erscheint ein Bankguthaben als "irgendwie" sicher oder sogar als das sicherste Investment, weil der Saldo auf dem Kontoauszug beim Bankguthaben – anders als z. B. bei einem Geldmarktfonds oder einer kurzfristigen Anleihe – nie sinkt und nicht schwankt. Man weiß mit einer scheinbaren 100%-Sicherheit heute, was morgen auf dem Kontoauszug stehen wird. Aus offensichtlichen Gründen lässt sich das Risiko einer Bankeinlage nicht mit den üblichen Risikokennzahlen wie Volatilität (Wertschwankungsintensität) aussagefähig messen. Leider führt diese naive Risikodenke bei sehr selten auftretenden, aber dann besonders gravierenden "Schwarzer-Schwan-Risiken", wie sie Bankpleiten darstellen, in die kognitive Sackgasse. Black-Swan Risk (manchmal auch Event Risk  oder Tail Risk  genannt) ist kaum quantifizierbar und lässt sich nicht zuverlässig prognostizieren (Taleb 2007). Aus dieser weitgehenden Nichtberechenbarkeit abzuleiten, dass man sie ignorieren könne, wäre fatal. Ein Risiko verschwindet nicht deswegen, weil man es nicht regelmäßig beobachten oder nur schwer messen kann. Cash oberhalb der staatlichen Einlagensicherung auf ein Bankkonto einzuzahlen ist, wie in einer stark erdbebengefährdeten Region ein Eigenheim für seine Familie zu bauen, das – um Geld zu sparen – keine Erdbebensicherheitsstandards erfüllt und dieses haarsträubende Verhalten damit zu begründen, dass das letzte Erdbeben ja schon 40 Jahre zurückliege.

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    Dr. Gerd Kommer, Alexander Weis, Jonas Schweizer
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    Dr. Gerd Kommer ist Geschäftsführer der Gerd Kommer Invest GmbH, München. Das Unternehmen berät vermögende Privatkunden, Family Offices und Stiftungen in ihren Finanzangelegenheiten. Bis Ende 2016 war Kommer 24 Jahre bei europäischen Großbanken und Asset Managern tätig; zuletzt als Leiter der Niederlassung London und Global Head of Infrastructure & Asset Finance der FMS Wertmanagement, ein Asset Manager, der dem deutschen Staat gehört. In dieser Position verantwortete er ein Portfolio aus strukturierten Krediten und Anleihen im Volumen von 16 Mrd. Euro. Kommer hat mehrere Bücher zu Investmentthemen* veröffentlicht. Er studierte BWL, Steuerrecht und Politikwissenschaft in Deutschland, USA und Liechtenstein.

    Alexander Weis ist Finanzberater bei der Gerd Kommer Invest GmbH. Vor seiner Zeit bei der Gerd Kommer Invest GmbH war Alexander Weis bei einer internationalen Unternehmensberatung im Finanzdienstleistungssektor tätig. Er hält einen MSc. in Quantitative Finance von der Wirtschaftsuniversität Wien und einen BA in Banking & Finance von der Universität Zürich.

    Jonas Schweizer ist Finanzberater bei der Gerd Kommer Invest GmbH. Vor seinem Einstieg bei der Gerd Kommer Invest GmbH war Jonas Schweizer bei mehreren internationalen Großbanken und Finanzdienstleistern tätig. Neben seiner Vollzeitstelle bei einer Großbank erwarb er 2018 einen MSc. in Finance & Accounting an der FOM München. Zudem hält er einen BA in Banking & Finance der DHBW Heidenheim.

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    Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben - Seite 4 Bankeinlagen repräsentieren den größten Teil des liquiden Vermögens deutscher Haushalte. Dass Bankeinlagen inflationsbereinigt eine negative Rendite produzieren, ist inzwischen Allgemeingut. Unter Privatanlegern hingegen weniger bekannt ist ihr Risiko. Ursachen und Ausprägungen dieses Risikos werden im vorliegenden Blog-Beitrag analysiert und beschrieben.