Aktien Frankfurt
Kurssprung mit Aussicht auf Zolldeal und Johnson-Wahlsieg
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Weichenstellung in die richtige Richtung beim Zollstreit und dem Brexit macht Anlegern zu Wochenschluss ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk. Der Dax legte zur Mittagszeit um 1,50 Prozent zu auf 13 419,27 Punkte. Durch den Sprung über die Marke von 13 400 Zählern markierte er ein neues Hoch seit Januar 2018. Zum damals erreichten Rekord von gut 13 596 Punkten fehlen ihm nur noch knapp 180 Zähler. Im Wochenverlauf steuert er derzeit auf ein Plus von 1,9 Prozent zu.
Aktienanleger honorierten es mit deutlichen Kursgewinnen, dass sich beim Zollstreit und dem Brexit die ersehnten Tore für einen Ausweg öffnen. Für Auftrieb sorgte einerseits die Spekulation, dass sich die USA und China in ihrem Zollstreit endlich auf ein erstes Teilabkommen geeinigt haben. Nach dem klaren Sieg der konservativen Tories unter Premier Boris Johnson in der vorgezogenen britischen Parlamentswahl gab es außerdem Hoffnung auf ein Ende der Hängepartie beim Brexit.
Die Indexheimat der mittelgroßen deutschen Werte, der MDax , setzte daraufhin am Freitag mit 27 885 Punkten eine neue historische Bestmarke. Zuletzt stieg er um 1,24 Prozent auf 27 854,00 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx rückte um 1,5 Prozent auf 3763,42 Zähler vor. Er erreichte sein höchstes Niveau seit Mai 2015.
US-Präsident Donald Trump hatte am Vortag zunächst getwittert, man komme einem großen Deal mit China sehr nahe. Nun berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Kreise, er habe eine Einigung im Handelsstreit unterzeichnet. Damit wäre die für Sonntag geplante US-Zollerhöhung für China-Importe wohl vom Tisch. Laut der Commerzbank zeichnet es sich ab, dass der Deal auch eine Verringerung bestehender Zöllen beinhalten könnte. "Für den Markt ist dies sicherlich eine positive Überraschung", sagte Hao Zhou von dem Frankfurter Bankhaus.
Beim Blick über den Ärmelkanal hat Boris Johnson laut dem Marktexperten Jochen Stanzl von CMC Markets jetzt das britische Volk hinter sich, um den Austritt aus der Europäischen Union sicher vollziehen zu können. "Großbritannien wird spätestens Ende Januar kein Mitglied der EU mehr sein", kommentierte er am Morgen. Das schaffe Sicherheit. Er hält deshalb und wegen der Zollstreit-Aussichten doch noch eine Jahresendrally für möglich.
Allgemein wurden konjunkturabhängige Werte wie etwa der Autosektor von den guten Nachrichten angetrieben. Die Volkswagen -Aktien setzten sich mit einem Kurssprung um 3,6 Prozent an die Dax-Spitze, gefolgt von den 2,7 Prozent höheren Covestro-Papieren. Infineon setzten mit dem ganzen Chipsektor ihre jüngste Rally mit plus 2,6 Prozent fort. Analyst Janardan Menon von Liberum Research sieht die Halbleiterbranche am Freitag als starker Profiteur eines sich abzeichnenden Zolldeals.
Allerdings gab es auch einen deutlichen Ausreißer mit der Henkel -Aktie, die am Dax-Ende wegen mauer Geschäftsaussichten um 3 Prozent fiel und damit auch die 0,3 Prozent schwächere Aktie des Konkurrenten Beiersdorf ausbremste. Henkel-Chef Hans Van Bylen bereitete die Investoren auf ein weiteres schwaches Geschäftsjahr 2020 vor. Goldman Sachs-Analyst John Ennis strich daraufhin seine Kaufempfehlung für die Papiere.
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Bei den Nebenwerten sorgten zwei Übernahmen für Gesprächsstoff. Beim Essenslieferdienst Delivery Hero katapultierte ein milliardenschwerer Zukauf in Südkorea die Papiere mit bis zu einem Fünftel ins Plus, erstmals in ihrer Geschichte wurden sie zu Preisen über 60 Euro gehandelt. Dabei begeisterte die Aktionäre die Hoffnung auf kräftiges Wachstum in Asien.
Auch beim SDax -Unternehmen Jost Werke kam eine Übernahme bei den Anlegern mit einem Kursplus von 5 Prozent sehr gut an. Der Lkw-Zulieferer will sein Geschäft in der Agrarindustrie mit dem schwedischen Landmaschinenhersteller Ålö Holding ausweiten. Laut Händlern wird Jost damit weniger anfällig für Konjunkturschwankungen./tih/jha/
--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---