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    „Historischer Kompromiss“ in Thüringen  9534  2 Kommentare Eine Zäsur in der Geschichte der Bundesrepublik - Seite 2

    Auflösung des antitotalitären Konsenses

    Seit den 60er-Jahren erfolgte in der Bundesrepublik eine zunehmende Auflösung des antitotalitären Konsenses. Das Bestreben der Linken ging dahin, den antitotalitären Konsens, der sowohl Antifaschismus wie auch Antikommunismus bedeutete, in einen rein „antifaschistischen“ Konsens umzuwandeln. Der „Faschismus“-Vorwurf traf dabei tendenziell alle, die sich rechts von der Union positionierten. Die politische Kultur wandelte sich zunehmend in dem Sinne, dass auch extrem weit links stehende Ansichten als legitimer Bestandteil der demokratischen Ordnung gesehen wurden, während alles was nicht links ist, in Faschismus-Nähe gerückt wurde. Raed Saleh, Vorsitzender der SPD-Fraktion in Berlin, formulierte kürzlich in einem Zeitungsartikel, nur SPD, Linke, Grüne stünden „uneingeschränkt“ zum Grundgesetz, nicht jedoch die CDU und die FDP.

    Es blieben jedoch einige Reste des einstmaligen antitotalitären Konsenses bestehen. Dies reflektierte sich beispielsweise in dem Beschluss der CDU, die Zusammenarbeit mit AfD und Linkspartei gleichermaßen abzulehnen. Die Entscheidung von Thüringen hat insofern tatsächlich historischen Charakter, dass die CDU nun auch ganz offiziell den anti-totalitären durch den „antifaschistischen“ Konsens ersetzt.

    Vorbereitung einer Linksfront-Regierung in Berlin

    Nach der Wiedervereinigung lehnte die SPD zunächst entschieden eine Zusammenarbeit mit der PDS (die davor SED hieß und heute „Die Linke“) ab. Dann hieß es, auf Landesebene sei eine Zusammenarbeit zwar möglich, auf Bundesebene wurde sie jedoch ausgeschlossen. Vor wenigen Jahren beschloss die SPD dann, dass sie auch auf Bundesebene eine Zusammenarbeit mit der Linken nicht mehr ausschließe. SPD und Grüne wissen jedoch, dass die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland nach wie vor eine Linksfront-Regierung aus SPD, Grünen und Linken ablehnt. Daher ist es für die SPD und die Grünen von zentraler Bedeutung, dass die Linke in der Öffentlichkeit als normale Partei erscheint, mit der eine Zusammenarbeit legitim und vernünftig ist. Thüringen bot eine gute Gelegenheit, diese Sicht zu verbreiten, da Ministerpräsident Ramelow weniger links ist als andere Politiker der Linkspartei und die AfD in Thüringen besonders weit rechts steht.


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    „Historischer Kompromiss“ in Thüringen Eine Zäsur in der Geschichte der Bundesrepublik - Seite 2 Die Bundesvorsitzende der Linken, Katja Kipping, hat nach der Einigung in Thüringen von einer historischen Dimension gesprochen.

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