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     4935  0 Kommentare Bringt der Sommer die Wende am Aktienmarkt? - Seite 2

    Jede Lockerung wäre eine doppelte Freude für die Industrieunternehmen. Sie kämen wieder üppiger an Vorprodukte aus China und China wäre auch als Absatzmarkt wieder aufnahmefähiger. Diese Stimmungsverbesserung träfe auf konjunkturzyklische Aktien in Europa und speziell Deutschland, die längst eine scharfe Rezession einpreisen wie z.B. Automobil- und Industriewerte.   

    Vor dem „Zins-Wendchen“ der EZB müssen sich Anleger nicht fürchten

    Selbst wenn die EZB jetzt das erste Mal seit 11 Jahren die Leitzinsen erhöht, sollte man nicht von epochal sprechen. Nähmen die „Währungshüter“ Inflationsbekämpfung gemäß klarem Auftrag ernst, müssten die Zinsen konsequent oberhalb der Inflationsrate angesetzt werden. Leitzinsen von über acht Prozent sind aber so unwahrscheinlich wie die Besiedlung des Saturns. Am Ende dieses Zinserhöhungszyklus, der vermutlich kurz, kürzer, am kürzesten verlaufen wird, werden die Realzinsen immer noch unter Wasser liegen. Damit sind kurzfristige Zinsanlagen beim besten Willen keine Anlagealternative zu Aktien, es sei denn, man ist masochistisch veranlagt.

    Zinsangst kommt auch mit Blick auf Staatsanleihen nicht auf. Denn eine neue Schulden- bzw. Euro-Krise 2.0 wird die mit reichlich Barmherzigkeit für reformunwillige Länder ausgestattete Madame Lagarde in jedem Fall verhindern. Vor allem die Angst vor einem (finanz-)politisch angeschlagenen Italien, das die gesamte Eurozone in Mitleidenschaft ziehen könnte, ist ein „Killerargument“ gegen jede strikte Geldpolitik. Mit dem wunderschönen Instrument „Transmission Protection Mechanism“ (TPM) wird die EZB zur Europäischen Zauber-Bank, die - Simsalabim - zu hohe, wirtschaftlich schädliche, obwohl bonitätsgerechte Renditeaufschläge von Euro-Süd gegenüber Euro-Nord weg hext. Zinssparer sollten auch zukünftig nicht die Zeche für eine Geldpolitik zahlen, die der Stabilität offensichtlich Hausverbot erteilt hat.

    Immerhin, die leicht restriktivere Zinspolitik hat für die europäischen Aktienmärkte etwas Positives. Sie sorgen für eine Stabilisierung des Euros, der der importierten Inflation entgegenwirkt und ausländischen Anlegern die Angst vor Währungsverlusten bei Euro-Aktienengagements nimmt.

    Die Fed ist von der schnellen Truppe

    Für ihre Verhältnisse eher ungewöhnlich, aber die US-Notenbank macht mit ihrer Zinserhöhungspolitik kurzen Inflations-Prozess. Und das ist gut so: Statt Zinsangst lange aufrechtzuerhalten, was Finanzmärkte und Wirtschaft verunsichert wie ein hungriger Fuchs, der um den Hühnerstall schleicht, will man das, was gemacht werden muss, schnell beenden. Diese Geldpolitik begünstigt zwar eine Rezession. Doch sobald die Inflation auf dem Rückzug ist, kann man wieder zügig an Zinssenkungen denken, was der kreditverliebten US-Wirtschaft gefällt. Überhaupt, ist Zinssenkungsphantasie nicht das schmackhafteste Salz in der Börsensuppe?

    Die abebbende Zinsangst wird den Tech-Aktien zugutekommen. Mittlerweile hat sich deren Überbewertung auch relativ im Gleichklang mit der Normalisierung der Anleiherenditen drastisch beruhigt. Fundamental verfügen viele Tech-Unternehmen ohnehin über sehr valide Geschäftsmodelle, die z.B. auf der weltweiten Rationalisierung aufgrund eines massiven Konkurrenzdrucks basieren. Es spricht viel dafür, dass die High-Tech-Branche, die den allgemeinen Almabtrieb der Aktienmärkte angeführt hat, auch die sein wird, die für den Auftrieb verantwortlich ist.  

    Sicherlich bleibt das Börsenparkett aufgrund der vielen Unsicherheiten rutschig und schwankungsanfällig. Doch sollte die schwarze Stimmung, die unzählige Kapitalsammelstellen in unglaublich viel Cash baden lässt, die vorhandenen Lichtblicke wie günstige Aktienkurse nicht abdunkeln. Kauft man nicht auch jede Waschmaschine lieber günstig ein? Wir befinden uns in der Investitionsphase.

    Insgesamt wird der Sommer die Erkenntnis liefern, dass der Gipfel des Börsenpessimismus hinter uns liegt und die Bodenbildung abgeschlossen ist.

    Einen schönen Sommer und Glück auf!

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    Robert Halver
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    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

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    Verfasst von Robert Halver
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