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    Hüfner  339  0 Kommentare "Aktien immun gegenüber der Geopolitik?" - Seite 2

    Insgesamt ist das eine Rückbildung der Globalisierung, die der Welt in der Vergangenheit so viel Wachstum ge­bracht hat. Das verringert die Gewinne der Unterneh­men. Es muss sich folglich auf die Aktienkurse auswir­ken.

    Dass das bisher nicht so sichtbar ist wie in früheren Kri­sen, liegt einmal daran, dass die Entwicklung kein "Big Bang" ist wie etwa ein drastischer Anstieg der Ölpreise. Sie vollzieht sich vielmehr schleichend. Man merkt sie erst nach einer gewissen Zeit. Das dicke Ende kommt also noch. 

    Zudem zeigt sich hier der Einfluss der hohen Liquidität und der niedrigen Zinsen. Die Anleger kaufen nicht Ak­tien, weil sie so zuversichtlich in die Zukunft schauen. Sie tun es, weil es so viel Geld gibt, das investiert wer­den muss. Wie in so vielen anderen Fällen verschleiert der überreichliche monetäre Mantel das tatsächliche Ausmaß der Probleme. Sie wiegt uns in trügerischer Sicherheit.

    Eine Rolle spielt ferner die fundamental geänderte Situ­ation am Ölmarkt. Trotz der Auseinandersetzungen im Nahen Osten und der Bombardierung von Ölquellen steigen die Preise nicht. Sie sinken, weil es genügend Öl in der Welt gibt. Das erhöht die Gewinne der Unter­neh­men und stärkt die Kaufkraft der Verbraucher. Es ist ein Gegengewicht zu den geopolitischen Spannungen.

    Schließlich: Die jetzigen Krisen sind zwar schlimm. Sie signalisieren ein Ende der "Friedensdividende" nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Sie stellen sich aber – bisher jedenfalls – nicht so dramatisch dar wie etwa die Eurokrise, als der Verlust einer ganzen Währung drohte.  

    Manche fragen, warum der Goldpreis, das klassische Krisenbarometer, so wenig auf die Risiken reagiert. In den letzten Monaten ist er nicht gestiegen, sondern ge­fallen. Ein Grund ist, dass die Krisen doch noch nicht so nahe an den Menschen in Mitteleuropa sind wie viele denken. Wichtiger noch: Es wird immer wieder überse­hen, dass der Goldpreis nicht nur von Privatkunden be­einflusst wird. Hier spielen vielmehr auch Regierungen und Zentralbanken eine wichtige Rolle. Wer kann bei­spielsweise ausschließen, dass die Kriege auch mit Goldverkäufen finanziert werden?

    Für den Anleger

    Wiegen Sie sich nicht zu sehr in Sicherheit, weil die Ak­tienkurse auf die geopolitischen Risiken bisher so wenig reagieren. Unter dem Mantel der hohen Liquidität tut sich mehr als viele denken. Es ist daher noch nicht aller Tage Ende. Die Situation kann sich schnell ändern. Ich will nicht unken. Aber stellen Sie sich vor, was passiert, wenn Russland im Winter plötzlich die Gaslieferungen kürzen sollte und Westeuropa frieren muss. Da würde der Gaspreis schnell nach oben gehen. Der Angstin­dex ginge mit einem Mal durch die Decke. Die Aktienkurse fielen in den Keller.

    Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

    von Martin Hüfner, Assenagon
    © 2. Oktober 2014

    Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa – Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).

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    Hüfner "Aktien immun gegenüber der Geopolitik?" - Seite 2 Hüfner 2. Oktober 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Was mich schon lange umtreibt: Überall in der Welt wird geschossen und es gibt Konflikte, die kaum unterhalb der Schwelle eines Krieges sind. Da müsste man doch annehmen, dass sich die …

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