EZB-Bazooka verpufft?
EZB-Zinsentscheid - Die Märkte spielen verrückt, oder auch nicht
Rums… das saß: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit dem heutigen Zinsentscheid den Euro-Leitzins zum ersten Mal auf Null gesenkt. Der Hauptrefinanzierungssatz wurde von 0,3 auf 0,25 Prozent und der Einlagenzins bei der EZB von minus 0,3 Prozent auf minus 0,4 Prozent abgesenkt. Einzig erhöht hat sich das monatliche Aufkaufvolumen - von 60 auf 80 Milliarden Euro, nun einschließlich auch für Unternehmensanleihen. Die Aktienmärkte jubelten, der Euro rauschte gegenüber dem US-Dollar in den Keller. Eine anfänglich erwartbare Reaktion (wallstreet:online berichtete).
Doch Halt! Draghi feuerte die Bazooka ab. Eine Bazooka, die in ihrem Ausmaß bzw. auch Zusammenwirken so auf den Märkten nicht erwartet wurde. Was bleibt noch übrig aus dem bunten Strauß geldpolitischer Maßnahmen? Auf der Pressekonferenz in Frankfurt zeigte sich EZB-Chef Mario Draghi überzeugt von den Synergieeffekten der jetzigen Maßnahmen und betonte, nicht unendlich gen Null oder drunter gehen zu wollen. Zwar werden das Zinsniveau im Euroraum auf längere Sicht auf „sehr niedrigem Niveau“ bleiben, doch sehe er für weitere Zinssenkungen keine Notwendigkeit. Erneut machte es rums, diesmal an den Märkten.
Als Chef der Europäischen Zentralbank muss Draghi Vertrauen austrahlen. Vertrauen in die Maßnahmen und das Ziel, das er erneut verkündet hatte. Eine Inflationsrate von an die zwei Prozent. Wir stehen aktuell bei minus 0,2 Prozent... Und da wäre noch die Geldspritze für Europas Bad Banks in Form von Langfristkrediten zum gleichen Zins wie dem Einlagenzins - also zu minus 0,4 Prozent. „Dass die EZB nun beschlossen hat, den konkursgefährdeten Banken Südeuropas Langfristkredite (...) zu geben, beweist einmal mehr, dass sie eine fiskalische Umverteilungspolitik zur Rettung von Zombiebanken und fast konkursreifen Staaten betreibt", kritisiert ifo-Präsident Hans-Werner Sinn die heutige EZB-Entscheidung.
Vertrauen, das hat heute nicht gefruchtet. Das Vetrauen in die Effektivität der geldpolitischen Maßnahmen scheinen die Marktteilnehmer verloren zu haben. Tja, da schienen die Märkte aufzuwachen und legten einfach mal eine Kehrtwende hin. Plötzlich hieß es: Euro rauf, DAX runter.
Übrigens: Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, Kritiker einer zu exzessiven Geldpolitik der Zentralbank, war diesmal aufgrund des Rotationsprinzips nicht stimmberechtigt.
Der Euro zum Dollar im Tagesverlauf
Was für ein Rebound: Erstmal ging es gut runter für den Euro. Gegenüber dem Dollar sackte die Gemeinschaftswährung auf 1,0822 USD ab. Doch dann setzte wohl im Zuge der EZB-Pressekonferenz die Ernüchterung ein und der Euro zum Sprung an. Und er klettert und klettert und klettert.
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DAX im Tagesverlauf
Im Laufe der Pressekonferenz entfernte sich der deutsche Leitindex DAX von seinem Tageshoch von 9.995,84 Punkten. Knapp vor dem Sprung über der 10.000 Punkte-Marke verließ die Anleger der Mut.