Billigtextilfabrik Burma
H&M: Neue Kinderarbeits-Vorwürfe gegen den Mode-Discounter
Ein weiteres Mal muss sich die Billig-Modekette H&M unschönen Berichten über ausbeuterische Textilfertigung in der vierten Welt stellen. Vor allem im militärbeherrschten Burma würde sich der Konzern die ärmlichen Verhältnisse zunutze machen.
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass H&M in die Kritik über seine Produktionsbedingungen gerät. Schon im Jahr 2012 beschäftigte sich die ARD-Dokureihe "Markencheck" mit der Herkunft der Trendware des schwedische Modegiganten, etwa zur selben Zeit kam das Thema auch beim schwedischen Fernsehsender TV4 auf den Tisch. Spätestens seit dem tragischen Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch im Jahr 2013 hat die Problematik der Textilindustrie etwas mehr an Aufmerksamkeit gewonnen. Damals kamen wegen Baupfuschs mehr als tausend Fabrikmitarbeiter ums Leben.
Als Antwort darauf gründeten Konzerne und Vereine das Bündnis für nachhaltige Textilien, dem sich nach einigem Zögern auch H&M anschloss. Man wolle soziale, ökologische und ökonomische Verbesserungen entlang der Textillieferkette erreichen, so das kollektive Ziel.
Auch auf ihrer Internetseite gibt sich die omnipräsente Kette heute verantwortungsbewusst, hat sogar eine hauseigene Nachhaltigkeitsplattform ins Leben gerufen, wo sich - wer will - Endlosbekundungen über Ethik und Moral durchlesen und dazu passende Berichte herunterladen kann.
Modesklaven
Dass deswegen nun alles fair und mit rechten Dingen bei dem Modehaus zugeht, darf zurecht bezweifelt werden. Erst vor ein paar Monaten schlug ein Enthüllungsbuch zweier schwedischer Journalisten mit dem Titel Modesklaven erneut hohe Wellen, weil es darlegte, wie stark der Konzern noch immer auf die Arbeit extrem junger Menschen - ob nun offiziell Kinder oder Erwachsene - in eines der am wenigsten entwickelten Ländern der Welt setzt.
Die Rede war von Burma (oder auch Myanmar) und ist es nun wieder. Denn nicht nur die Buchautoren hatten sich auf Recherche in das vom Militär beherrschte Land begeben. Auch die niederländischen Organisation SOMO war vor Ort und hatte im ersten Halbjahr 2016 mit 400 Mitarbeitern in zwölf Textilfabriken gesprochen.
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Die Ergebnisse der Studie sind erst vor ein paar Tagen erschienen, sie sprechen aber dieselbe Sprache, wie sämtliche andere Berichte zuvor. Demnach waren in allen untersuchten Fabriken Jugendliche unter 18 Jahren beschäftigt, vieles deutete zudem daraufhin, dass einige von ihnen zum Zeitpunkt ihrer Einstellung noch unter 15 Jahre alt waren.
Das ist nicht nur bedenklich, sondern schlicht eine Missachtung der burmesischen Gesetze. Auch der festgelegte Mindestlohn von umgerechnet gerade mal 2,48 Euro pro Tag wird oftmals unterschritten. Unter Androhung von Strafe werden die Arbeiter zudem regelmäßig zu exzessiver Mehrarbeit bis tief in die Nacht gezwungen. Eine 60-Stunden-Woche ist dabei absolute Normalität, echte Arbeitsverträge mit festgelegten Rechten und Pflichten dagegen eine Seltenheit.
Eine "weitverbreitete Herausforderung"
Nun dürften sich an der Stelle wieder jene einschalten, die argumentieren, dass das Zurückgreifen auf billige Arbeitskräfte in Entwicklungsländern diesen letztlich auch zu wirtschaftlichem Aufschwung verhilft. Tatsächlich sind in Burma seit dessen Öffnung im Jahr 2013 fast 300 neue Textilfabriken aus dem Boden geschossen, ist die Textilproduktion dort doch mittlerweile sogar noch billiger, als in Thailand, Kambodscha, China oder Indonesien.
Die Familien und Kinder könnten sich also über die Chance "freuen", endlich ein Einkommen zu beziehen. Dass aber gerade Kinder, welche aus der finanziellen Familiennot heraus in einer Fabrik schuften gehen, kaum noch Zeit für den Besuch der weitgehend kostenlosen Schulen haben, dürfte die Entwicklung hin zur echten wirtschaftlichen Selbstbestimmtheit eher ausbremsen.
Für H&M ist Kinderarbeit deswegen auch "total inakzeptabel", wie das Unternehmen laut "Spiegel" zu dem Bericht verlauten ließ. Man habe "keine Anzeichen" dafür, dass Arbeiter unter dem gesetzlich zulässigen Alter von 14 Jahren beschäftigt werden. Überstunden, heißt es, seien eine "weitverbreitete Herausforderung". Sie dürften bei Lieferanten nur im legalen Bereich stattfinden, als Gehalt müssten diese "mindestens" Mindestlohn zahlen.
Andere Unternehmen, die ebenfalls von dem Bericht in die Mangel genommen wurden (wie Primark, Takko und C&A) reagierten ähnlich. So habe man bei Primark die Zusammenarbeit mit den beiden im Bericht genannten Fabriken schon länger beendet. Bei Takko habe man erst 2016 Kenntnis über die Zustände in der Fabrik erlangt und als Konsequenz die eigene Audit-Methode überarbeitet und "ehemals beschäftigten jugendlichen Arbeitern ihre monatliche Kompensation" ausgezahlt.