Bei der Lösung der Griechenland-Frage müssten sich selbst die Helden der griechischen Mythologie geschlagen geben - Seite 3
In der Eurozone kommt Griechenland auf keinen grünen Oliven-Zweig
Auch wenn man Griechenland in dieser Sekunde alle Schulden streichen könnte, würde es ab der nächsten Sekunde wieder anfangen, kräftig neue Schulden anzuhäufen. Das liegt nicht an den Griechen. Die eigentliche Ursache für die Malaise ist Griechenlands Euro-Wettbewerbsunfähigkeit. Es fehlen die industriellen Standortqualitäten. Das Land liegt weit ab vom Schuss, von den Industriezentren Mitteleuropas. Damit hat man schon einmal ein großes Transportkostenproblem. Daneben ist es in Griechenland im Sommer zu heiß, um – wie in Mitteleuropa üblich – durchzuarbeiten. Und der Einbau von Klimaanlagen machte die Produktion in Griechenland noch unwirtschaftlicher. Genau diesem volkswirtschaftlichen Anpassungsdruck konnte man damals noch mit Abwertungen der Drachme wirksam begegnen. Heute sitzt Griechenland in der Euro-Falle.
Diese Vorteile kommen z.B. Polen, Tschechien oder Ungarn jedoch zugute, die auch noch nahe am Industriekernland Deutschland liegen. Es ist eine Lebenslüge von Euro-Politikern, dass das Land im Korsett der Eurozone konkurrenz- und überlebensfähig werden könnte. Eher fahren Frau Merkel und Herr Trump gemeinsam in Urlaub.
Bei der Griechenland-Frage geht es am wenigsten um Griechenland
Und da hilft auch keine wirtschaftsfreundlichere Regierung in Athen. Man hat zu lange nur gekleckert und nicht richtig geklotzt. Jetzt ist die Geduld der griechischen Bevölkerung für Reformen aufgebraucht. Und Privatisierungen zu aktuellen Schnäppchenpreisen, um dem Staat einmalig Geld einzubringen, würden der Regierung den Vorwurf einbringen, Staatsvermögen zu verschleudern.
Und ebenso sollten die aktuell hochgelobten Wirtschaftswachstumsraten nicht überschätzt werden. Es geht nicht darum, einen kurzen Sprint, sondern einen Marathonlauf erfolgreich zu bestehen.
In der Griechenland-Frage befindet sich Europa in einem kolossalen Dilemma: Einerseits setzte ein ökonomisch durchaus überlegenswerter Grexit mittlerweile die gesamte Eurozone politisch aufs Spiel. Andererseits muss die weitere griechische Mitgliedschaft im Euro-Club mit neuen Krediten finanziert werden, deren Rückzahlung eine finanzpolitische Illusion ist.
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Europa wird sich für den griechischen Verbleib entscheiden. Das hat absolute Priorität. Damit schwebt das (sozial-) politische Damoklesschwert weiter über Griechenland. Man denkt nicht an die Griechen, sondern nur an sich. Mit diesen (Stabilitäts-)Täuschungen müssen Eurozone und EU leben.
Und Brüssel lebt gut damit: Für jeden kommt einmal die Stunde der Wahrheit und dann heißt es lügen, lügen, lügen.
Ein Beitrag von Robert Halver.
Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Das Haus mit Sitz in Unterschleißheim bei München ist eine der führenden Investmentbanken in Deutschland und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten. Halver beschäftigt sich seit 1990 mit Wertpapieren und Anlagestrategien.
Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128.
Bildquelle: Baader Bank / dieboersenblogger.de