Ist die Ära des Valiums an den Finanzmärkten vorbei?
Valium ist ein Psychopharmaka, das Ängste bekämpft und die Nerven beruhigt. Es wirkt schnell, doch ist seine Wirkungsdauer nur kurz. Damit hat Valium eine Nebenwirkung: Es macht abhängig. Um einen
anhaltenden Effekt zu erzielen, muss es regelmäßig eingenommen werden.
An den Finanzmärkten heißt das Valium seit 2008 Geldpolitik. Mit Zinssenkungen und sintflutartiger Geldmengenausweitung entfaltet sie ähnliche Wirkungen und Nebenwirkungen.
Die Geldpolitik agiert wie ein Nachtwächterstaat
Der Erfolg dieser Beruhigung lässt sich an den ultraniedrigen Schwankungsbreiten der Aktien- und Rentenmärkte ablesen. Kein noch so großes (finanz-)politisches Risiko konnte Schaden anrichten. Fed und EZB sind unschlagbare Sondereinsatzkommandos.
Lesen Sie auch
Durch die geldpolitische Entmachtung der Marktwirtschaft bewegt sich ebenso die Volatilität der krisenempfindlichsten Anlageklasse „Staatsanleihen“ nahe historischer Tiefstände. Die Anleihemärkte sind planwirtschaftlich eingesperrt, genießen keine eigenen Freiheiten mehr, sind fremdbestimmt.
Entscheidend ist, was bei der Geldpolitik hinten rauskommt
Neben den Beruhigungspillen für die Finanzmärkte ging es den Notenbanken nach der weltweiten Rezession 2008/2009 auch um den Kaltstart der Konjunkturen. Beginnend in Amerika sollten Banken mit viel billigem Zentralbankgeld - Quantitative Easing genannt - so überfüttert werden, dass sie gar nicht anders können als massenweise neue Kredite an die Privatwirtschaft auszuleihen.
In den USA hat das anfänglich zwar zu einem verstärkten Kreditvolumen geführt. Doch seit Ende 2016 hat sich das Kreditwachstum deutlich abgeschwächt.
Noch erbärmlicher ist übrigens das Kreditwachstum in der Eurozone. Die Kreditinstitute verschmähen das überreichliche Geld der EZB wie der Veganer fettige Mettbrötchen.
Dass sich die Volkswirtschaften dennoch insgesamt stabil entwickeln, liegt an der explodierenden, zu günstigen Zinsen finanzierten Staatsverschuldung z.B. in den USA, die wie Kunstdünger wirkte.
Die im Vergleich relative Schwäche im amerikanischen Privatsektor offenbart auch der mitunter bis in den Himmel gelobte US-Arbeitsmarkt. Es wurden zwar zahlreiche Jobs geschaffen. Aber diese sind
vor allem im Bereich „Schiffschaukelbremser“ oder „Fast Food“ angesiedelt und nicht in der qualitativ hochwertigen Industrie oder im Dienstleistungssektor. Doch mittlerweile schwächelt selbst die
quantitative job creation. Die Stellenausschreibungen und der Stellenaufbau haben ihre Gipfel hinter sich. Vom Trump-Effekt ist hier bislang ebenso wenig zu sehen wie von blühenden Landschaften in
der Wüste.