Ist die Ära des Valiums an den Finanzmärkten vorbei? - Seite 2
Der geldpolitische Schuss ging nicht realwirtschaftlich nach vorn, sondern finanzwirtschaftlich vor allem nach hinten los. Auffangbecken für das konjunkturell verschmähte Geld sind die Aktien-,
Anleihe- und Immobilienmärkte. Dort haben wir es mittlerweile mit den Müttern und Vätern aller Anlageblasen zu tun.
Die Notenbanken stecken in einem dramatischen Dilemma
Vor diesem Hintergrund stecken die Notenbanken in einem gewaltigen Zwiespalt. Einerseits sind sie mit Blick auf ihre Konjunkturen weiter an einer üppigen Geldpolitik interessiert. Doch ihre
Lockerheit macht die Finanzmärkte ähnlich wie bei Valium gelddrogenabhängig und bläht die bereits bestehenden Anlageblasen noch weiter auf.
Andererseits wissen die Notenbanken, dass der umgekehrte Zahnpasta-Effekt - billige Liquidität wieder einsammeln - zu einem schmutzigen Zinsschock führen kann. Wenn das Valium fehlt, platzen nicht
nur Blasen. Anschließend wird auch die Realwirtschaft geschoren wie Schafe im Juni. Wenn medial mit Sondersendungen und Bildern von Tsunamis und Lawinen über Aktiencrashs berichtet wird, erleben
wir ein Déjà-vu, ähnliche Kollateralschäden wie 2008. Aus Angst wird dann das Portemonnaie zugenagelt, aus der Fernreise wird der Besuch im Freizeitpark, der Autokauf und die Firmeninvestition weit
in die Zukunft verschoben. Und da dies millionenfach passiert, geht die Wirtschaft in die Knie und die Rezession zeigt ihre hässliche Fratze. Arbeitsplätze werden abgebaut und der soziale Frieden
hängt am seidenen Faden. Die Geldpolitik riskierte ihr eigenes Rettungswerk. Sie stünde da wie Popeye ohne Spinat.
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Die Geldpolitik verhält sich politisch korrekt
Wie man mit diesem Zwiespalt umgeht, zeigt die US-Notenbank: Seit Amtsantritt im Februar 2014 verschafft sich Fed-Präsidentin Yellen mit ihrem Zickzack-Kurs wie ein Politiker einen Zeitgewinn. Sie
hat die Notenbankzinsen zwar mittlerweile zum vierten Mal erhöht. Denn die Fed ist nicht irgendeine Pommesbude, sie ist die bedeutendste Notenbank der Welt. Insofern muss sie de jure eine
vertrauenswürdige Zinspolitik vertreten. Doch dieser Zinserhöhungszyklus ist der trägste, seitdem man in den USA nicht mehr mit Tierknochen bezahlt. Im Übrigen sind die US-Notenbankzinsen nach
Inflation negativ. Das ist insgesamt eine verbale, aber keine tatsächliche Zinserhöhungspolitik. De facto ist die Fed ein Zins-Bluffer.