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    SPIEGEL-Interview  1308  2 Kommentare Kubicki will Jamaika um jeden Preis

    Im aktuellen SPIEGEL-Interview vermittelt FDP-Vize Wolfgang Kubicki den Eindruck, er wolle Jamaika um jeden Preis. Auch unter Preisgabe zentraler FDP-Positionen.

    Während Christian Lindner zu Recht immer wieder betont, es sei keineswegs eine ausgemachte Sache, sondern höchst unsicher, ob Jamaika komme, vermittelt sein Vize Kubicki im SPIEGEL-Interview den Eindruck, als ob Jamaika bestimmt komme, wenn nur "Vertrauen" zwischen Grünen und FDP aufgebaut werde. Dafür müsse man lediglich "gegenseitige Zerrbilder" auflösen. Viele Grünen-Politiker hielten die FDP für "herzlose Neoliberale" und viele Freidemokraten hielten die Grünen für "ideologiefixierte Verbotsapostel", beklagt Kubicki. Was, bitte schön, ist denn daran falsch? Seit wann schämt sich die FDP dafür, "neoliberal" zu sein? Und stimmt es denn nicht, dass die Grünen ideologiefixierte Verbotsapostel sind? Sind das denn "Zerrbilder", wie Kubicki meint, oder ist es einfach wahr?

    "Flüchtlingspolitik"
    DER SPIEGEL wirft zu Recht ein: "Wir hatten die FDP zuletzt so verstanden, dass sie in der Flüchtlingspolitik der CSU näher steht als den Grünen." Kubickis Antwort: "Nein". Zur Begründung führt er an, die Grünen seien auch für ein Einwanderungsgesetz. Das sind jedoch zwei völlig verschiedene Fragen. Kubicki vermengt hier bewusst zwei Themen, die nichts miteinander zu tun haben, um den Eindruck zu erwecken, es gebe keine unüberbrückbaren Gegensätze zwischen FDP und Grünen. Die FDP, namentlich Christian Lindner, hat im Wahlkampf Positionen zur Flüchtlingspolitik vertreten, die sehr viel näher bei der CSU liegen als bei den Grünen. DER SPIEGEL hat das schon richtig wahrgenommen. Kubicki plädiert für eine Erleichterung des Familiennachzuges, was er in Schleswig-Holstein schon vorexerziert.

    Europapolitik
    In der Europapolitik vertritt Kubicki exakt das Gegenteil dessen, was Lindner im Wahlkampf vertreten hat und was im FDP-Programm steht. DER SPIEGEL weist Kubicki zu Recht darauf hin, im Wahlprogramm der FDP stehe, dass der ESM langfristig abgeschafft werden solle. Kubicki dagegen hält Schäubles Plan, den ESM langfristig in einen europäischen Währungsfonds umzubauen, für eine gute Idee. Und was fällt ihm zu Griechenland ein? DER SPIEGEL weist darauf hin, dass im FDP-Wahlprogramm das letzte Griechenlandrettungspaket als Fehler bezeichnet wird. Kubicki interessiert das nicht: "Man kann das auch anders sehen. Ich bin ja auch Volkswirt." Seine geniale Idee als Volkswirt lautet, man müsse mehr Geduld mit Griechenland haben (haben wir nicht längst viel zu viel und zu lange Geduld gehabt?) und man müsse Griechenland stärken, "indem man die griechische Regierung veranlasst, durch gezielte Investitionen ihre eigene Wirtschaftskraft zu stärken". Wie bitte? Die Griechen sollten endlich mal anfangen, marktwirtschaftliche Reformen zu machen! Das wäre eine liberale Position. Die Forderung nach staatlichen Investitionen zur Lösung der Probleme Griechenlands kenne ich bislang eher von der Linken. Zudem plädiert Kubicki in dem Interview für eine "Harmonisierung von Steuer- und Sozialsystemen" in der EU. Dabei ist ja nicht einmal klar, ob Macron sich mit seiner liberalen Reformpolitik in Frankreich durchsetzen kann. Aber, wo bitte schön, sind die Vertreter einer liberalen Steuer- und Sozialpolitik in Italien und anderen Südländern? Bedeutet eine EU-Harmonisierung nicht höchstwahrscheinlich noch mehr Umverteilung und Sozialtransfers?


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
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