interessant informativstraßenköter schrieb 21.05.22, 01:04
Die gepostet Definition zum Delisting kannst du in die Tonne schmeißen, weil sie einfach komplett Falsches bzw. nicht das Entscheidende beinhaltet. Das fängt schon damit an, dass man angeblich einen Hauptversammlungsbeschluß brauchen würde. Das ist falsch. Der Vorstand beantragt das Delisting, was zuvor mit dem AR abgesprochen sein dürfte. In der Praxis dürfte dies der Großaktionär meist initiieren. Gibt es ein Listing im geregelten Markt ist ein Delistingangebot mit Ankündigung der Kündigung des Listings verpflichtend, ansonsten kann ein Delisting auch ohne Übernahmeangebot erfolgen. Bei einem verpflichtenden Delistingangebot muss der Vorstand eine Partei finden, der ein Angebot abgibt. Der Großaktionär ist also gar nicht automatisch verpflichtet, macht dies in der Praxis natürlich immer. Zum einen, weil er wie geschrieben meist der Initiator für die Initiative ist, aber man braucht auch nicht die Fantasie, dass kein Vorstand ein Delisting initiiert, ohne mit seinem Hauptaktionären gesprochen zu haben.
Bei einem Delistingangebot geht es in erster Linie darum, dass ein (verpflichtendes) Übernahmeangebot abgewickelt wird. Natürlich kann parallel über die Börse verkauft werden.
Die Passage zum US-Markt ist unbrauchbar, weil die Amis andere Spielregeln haben, insbesondere beim Squeeze Out.
So jetzt trennen wir mal ein Übernahmeangebot vom Delisting. Siemens Energy kann jederzeit ein Übernahmeangebot machen, ohne ein Delising zu beantragen. Dabei wäre Siemens Energy komplett frei in der Angebotshöhe und könnte auch Schwellenbedingungen, wie das Erreichen von 90% mit Ablauf des Angebots bestimmen. Sie könnten theoretisch auch z.B. 13€ bieten, auch wenn sie da vermutlich nichts bekommen würden. Es gäbe keine definierte Untergrenze für ein Angebot. Anders wäre es bei einem Pflichtübernahmeangebot. Das läge dann vor, wenn bei einer im geregelten Markt notierte Aktie die Schwelle von 30% im Anteilsbesitz überschritten würde. Das kann es ja hier nicht geben, weil Siemens Energy bereits 67% an Siemens Gamesa besitzt.
Ein Delisting im geregelten Markt löst ein Pflichtübernahmeangebot aus. Bei einem verpflichtenden Angebot im Rahmen eines Delistings muss der Bieter mindestens den volumengewichtete Kursschnitt der letzten 6 Monate bezahlen (Pflichtabgebot ohne Delisting: Kursschnitt 3 Monate). Das Definieren von Schwellenbedingungen wie die Marke von 90% im Anteilsbesitz zu erreichen, ist bei Delistingangeboten nicht erlaubt. Dies ist analog zum Pflichtübernahmeangebot. Ein Delisting erhöht den Druck auf alle Anleger. Beim Privatanleger werden die Urängste ausgelöst, einen illiquiden Titel im Portfolio zu haben, obwohl fast immer die Börse Hamburg über den Delistingtermin hinaus weiter Kurse stellt. Hamburg handelt immer dann weiter, wenn vor Ankündigung des Delistings bereits ein Listing bestanden hat. Bei Siemens Gamesa ist das kniffliger, weil in Hamburg keine Kursnotiz besteht. Sehr wahrscheinlich würde aber die Notiz der Partnerbörse Hannover erhalten bleiben, aber garantiert wäre das nicht. Diese Konstellation Hamburg/Hannover gab es noch nicht in der Vergangenheit bei Delistings. Müsste man im Fall der Fälle noch klären. Institutionelle Anleger dürfen gedelistet Aktien in der Regel nicht mehr halten, weil bestimmte Anforderungen nicht erfüllt sind. Insofern zielen Delistings auch verstärkt auf die professionellen Anleger.
Kommt es jetzt zu einem Übernahmeangebot, bleibt abzuwarten, ob es mit einem Delisting verbunden sein wird. Ich würde davon ausgehen, dass man es verknüpfen würde, aber am Beispiel Tele Columbus sieht man, dass es auch hintereinander gelagert sein kann.
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