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    Angela Merkel und ihre "Freunde" in der CDU - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 01.07.01 13:24:54 von
    neuester Beitrag 03.07.01 01:45:39 von
    Beiträge: 8
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      schrieb am 01.07.01 13:24:54
      Beitrag Nr. 1 ()
      Ein interessanter Artikel über Angela Merkel und ihre „Freunde“ in der CDU zur Info.

      Gruss
      dickdiver :)

      Von der Hoffnungsträgerin zur Heimsuchung: So rasant wie Angela Merkel ist selten ein Politiker abgestürzt. Die CDU steckt im Dauertief. Und das Urteil der Parteifreunde über ihre Vorsitzende ist gesprochen: Sie kann es nicht, sie lernt es auch nicht mehr
      Angie? Das war einmal. Jene Angie, die sie anhimmelten an der CDU- Basis, als die Partei im Spendensumpf blubberte. Heute wirkt Angela Merkel angefasst, müde und zornig zugleich. Sie fühlt sich vorgeführt und reingelegt. Pauschal zum Sündenbock erklärt von CDU-Männern, die Solidarität für einen Psycho-Defekt halten. Ortstermin in der Berliner CDU-Zentrale. Sechster Stock. Das Büro der Vorsitzenden liegt im spitzen Bug des Hauses, das wie ein Ozeanriese durch das Grün des Tiergartenparks pflügt. Hier arbeitet Angela Merkel seit etwas über einem Jahr. Selbstbewusst ist sie gestartet. "Dass ich zum Scheitern verurteilt bin, ist Quatsch", sagte sie damals.

      Und jetzt?
      Und jetzt? Gehen Sie in die Knie vor der geschlossenen Front Ihrer Kritiker, Frau Merkel? Ihr Blick wandert hinüber zur Silberkuppel des Reichstags, wo nächstes Jahr die Union wieder als stärkste Fraktion Platz nehmen soll. Dafür ist sie zur Parteichefin gewählt worden. Frau, Ostdeutsche, Protestantin: Mehr Risiken gibt es nicht in der katholischen, westdeutschen Männerpartei CDU. Dennoch bekam sie auf dem Parteitag in Essen 96 Prozent. "Irgendein Urinstinkt", sagt sie, "hat die Delegierten davon überzeugt, dass ein bestimmter Umgang uns nicht mehr weiterbringt."

      Angela Merkel kämpft. "Die Tatsache, dass ich jetzt einige Schläge bekomme, bedeutet nicht, dass ich mein Wesen ändern muss. Was zurzeit bei uns hintenrum geredet und nicht direkt ins Gesicht gesagt wird, das ist für meine Partei nicht gut. Es geht hier doch nicht um die Karriere der Merkel", bricht es aus ihr heraus. Und: "Ich bin nicht willens, so zu werden, dass ich Leuten nicht mehr sage, was falsch läuft und was gut. Dafür bin ich nicht angetreten. Ich werde ich bleiben." Sätze, in denen sich die Frau zeigt, die Heiner Geißler früher überschwänglich die Jeanne d’Arc der CDU genannt hat – und sich ahnungsvoll wünschte, der Scheiterhaufen möge ihr erspart bleiben.

      Was bislang wabernde Nörgelei war, ist nach der versiebten Berlin-Kandidatur Wolfgang Schäubles in offene Wut über die Vorsitzende umgeschlagen. Merkels Stellvertreter Volker Rühe ärgert sich: "Mit Schäuble hätten wir die Chance gehabt, Kanzler Schröder endlich mal aus dem Tritt zu bringen."

      Im Hauptquartier der Christdemokraten ist Nächstenliebe derzeit ausgesperrt. Wer der Vorsitzenden nahe ist wird gemobbt. Zum Beispiel Merkels Büroleiterin. Die solle es ja nicht wagen, warnen manche, nachts durch die CDU-Zentrale zu gehen; sonst steckten viele Messer in ihrem Rücken. "Die" heißt Beate Baumann und ist die bestgehasste Frau der Christenpartei. Oder Merkels Generalsekretär. Der weiß bis heute nicht, lästern Insider, dass der Kugelschreiber erfunden ist. "Der" ist Laurenz Meyer und gilt als Doppel-Null in seinem Job. Was immer in den CDU-Gremien besprochen werde, niemals mache sich Meyer Notizen.

      Die CDU sucht Sündenböcke
      Die CDU sucht Sündenböcke. Irgendwer muss schließlich schuld sein daran, dass die Partei, die sich für die Champions League berufen fühlt, in der Berliner Kiez-Klasse spielt und lauter Eigentore schießt. Die Botschaft ihrer Gegner ist klar: Merkel, der Liebling der CDU – das war einmal. Sie taugt nichts, ihre Mitarbeiter taugen noch weniger. Eine Liaison ist gescheitert, die als Amour fou begann. Vorbei der Liebestaumel.

      Die Misere lässt sich nicht leugnen. Da gibt es endlich eine Chance: Da kommt Gerhard Schröder ins Wackeln, weil die Wirtschaft einbricht. Die Preise steigen, die Zahl der Arbeitslosen bleibt hoch, die Konjunktur knickt ein. Dieser Kanzler schwebt auf heißer Luft, hätte ein Wahlkämpfer Schäuble von Berlin aus dem Publikum bundesweit eingehämmert. Wer hört aber schon auf einen Frank Steffel, der sich auch noch auf die Spenden-Schwindler Klaus Landowsky und Helmut Kohl stützt? Und wie schön hätte man den selbst ernannten Kanzler der politischen Mitte piesacken können. Zum Beispiel mit der Frage, wie es denn dazu passe, dass die SPD nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sich ausgerechnet auch in Berlin auf die Linksaußen von der PDS stützt.

      Alles versiebt. "Wir sitzen wieder in der vollen Scheiße", heißt es ganz oben in der Partei. "Jetzt können wir von vorn anfangen." Michael Glos, CSU-Vormann in Berlin, analysierte vor seinen Abgeordneten die Lage mit einem Stoßseufzer: "Gnade uns bei der Bundestagswahl 2002." Das Urteil über die Führungskraft der CDU-Vorsitzenden ist nach dem Berlin-Debakel betoniert: Sie kann es nicht. Sie lernt es nicht. Wer das Politspiel mit doppelten Böden und Falltüren nicht schon in der Jungen Union trainiert und begriffen habe, werde es halt nie kapieren.

      Wer diesen Job macht, sagen die Kritiker, muss doch mit jeder nur denkbaren Schweinerei von Parteifreunden rechnen. Warum also hat sie es nicht gleich publik gemacht, als Eberhard Diepgen und Steffel bei ihr aufkreuzten und erklärten, sie hätten Schäuble zur Kandidatur in Berlin überredet? Dann hätte es kein Zurück mehr gegeben für die Berliner Intriganten. Wie habe sie nur einem Diepgen trauen können, der schon bei der Steuerreform wortbrüchig wurde und sie ins Messer laufen ließ? Weshalb fand sie erst den Mumm, zu Helmut Kohl zu gehen und sich weitere Fummeleien des Ex-Ehrenvorsitzenden gegen Schäuble zu verbitten, als alles gelaufen war?

      Vor allem: Weshalb hat sie spitzmündig als Erste von der Hypothek der noch gegen Schäuble laufenden Ermittlungen in der Spendenaffäre geplaudert? Halbherziger konnte sie ihn nicht unterstützen. Schäuble ist tief enttäuscht von ihr. Merkel sieht den Fehler bis heute nicht ein: "Ich stehe dazu, dass ich auf das Ermittlungsverfahren hingewiesen habe, denn im anderen Fall hätte man gesagt: Wie kann Frau Merkel das nicht bedenken?" Hat also FDP-Mann Hermann-Otto Solms Recht, der erklärt, die CDU gehe mit Schäuble "unter aller Sau" um? Darauf antwortet sie öffentlich nicht, obwohl sie intern genau dies auch sagt. Was wiederum für Kenner beweist: Keine Traute nicht, die Frau! Denkt stets nur taktisch!

      Zwischenbilanz desaströs
      Die Zwischenbilanz Merkels, die sich immer noch für kanzlerfähig hält, ist desaströs: Beim Kampf gegen die Steuerreform ist ihre CDU blamabel gescheitert. Mit der Rentenreform war sie im Prinzip einverstanden, machte politisch aber dennoch dagegen mobil. Im März sprach sich die CDU-Vorsitzende gegen eine Amtszeitbegrenzung in Partei- und Regierungsämtern aus. Im Mai ließ sie ein Papier zur Parteireform vorlegen, in dem exakt das Gegenteil gefordert wurde. Merkels Meyer will Schröder als Verbrecher plakatieren – die Vorsitzende gibt grünes Licht. Die CDU lässt sich vom Schwarzgeldschieber Walther Leisler Kiep eine Million Mark aus dubioser Quelle zuweisen – Merkel will irgendwie nicht davon gewusst haben. Ihre Stellvertreter müssen aus der Zeitung erfahren, dass die CDU bei der Bundestagswahl mit dem Angebot einer "Wir- Gesellschaft" Stimmen gewinnen will – Merkel findet das normal. "Eine Parteivorsitzende hat selbstverständlich das Recht, sich über einen Zeitungsartikel zu positionieren."

      Von einem Klops zum nächsten Flop. Die CDU-Chefin mehrt unentwegt die Zahl ihrer Gegner im Funktionärskorps. Sie fühlt sich stark dank der Sympathie der Basis. Als sie in einem Gespräch mit Chefredakteuren auf ihre Führungsfehler angesprochen wird, pampt sie zurück: "Es ist doch schon was, dass ich in der CDU alternativlos bin." Das war einmal: Längst gilt der nerven- und führungsstarke hessische Ministerpräsident Roland Koch als neuer Hoffnungsträger für die herbeigesehnte Zeit nach Merkel.

      Auch in der Wählerschaft bröckelt die Gunst: Im Politikbarometer war Merkel im April 2000 noch Tabellenführerin; jetzt hängt sie auf Rang sieben, Tendenz abwärts. Die Demoskopen von Forsa fanden heraus, dass die Wähler in zehn von 16 Ländern Edmund Stoiber als Herausforderer Schröders bevorzugen.
      War also die CDU-Vorsitzende Merkel nur ein emotionaler Irrtum einer Partei, die im Orkan ihres Schwarze-Kassen-Skandals in Panik geriet? Als CDU-Bundesgeschäftsführer Willi Hausmann dieser Tage auf einen Trollinger in der baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin weilt, bekommt er ungefiltert zu hören, wie die Abgeordneten aus dem Süden die Lage sehen. "Koi Scheißhäusle könnet mir mit Euch stürme!" Als Stoiber an diesem Abend zu Gesprächen mit dem Amtskollegen Erwin Teufel eintrifft, glänzen die Augen der Volksvertreter von der Schwäbischen Alb: "Schau, so sehen Sieger aus!" Über die Vorsitzende wird nur noch gehetzt. Je knapper ein Unionsmann beim letzten Mal seinen Wahlkreis gewonnen hat, desto lauter zerreißt er sich das Maul.

      Wer sich wie Hans- Peter Repnik, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, um halbwegs fairen Umgang mit der Parteichefin bemüht, hat einen schweren Stand. Nein, nein, nein, beteuert er, Friedrich Merz habe Merkel im Fraktionsvorstand nicht "grundlegende Führungsschwäche" vorgeworfen. Das Streitgespräch hat es in der Tat im Wortlaut so nicht gegeben, sinngemäß aber schon. Nicht aus der Welt schaffen kann Repnik, dass der CSU-Obere Horst Seehofer Merkel mit dem Satz angemacht hat: "Wir müssen uns jetzt endlich entscheiden, ob wir die Bundestagswahl heute schon verloren geben." Worauf sie retournierte: Manchmal habe sie von Seehofers Äußerungen "die Schnauze voll".

      Verkehrte Welt
      Verkehrte Welt ist zu besichtigen. Schröder sorgt sich gönnerhaft um die Konkurrentin. "Was die mit Angela Merkel machen, ist hinterhältig." Par- teifreunde schreiben sie dagegen öffentlich ab. Rühe, stellvertretender CDU-Vorsitzender und einst Merkel-Freund mit Familienanschluss, lässt sich zitieren: "Wenn die Union Stoiber als Kanzlerkandidat nominieren würde, wäre das nach außen ein Zeichen ihrer Entschlossenheit." Seehofer, stellvertretender CSU-Vorsitzender und nicht als Hofjubler seines Parteichefs bekannt, erklärte schon vor Wochen: "Stoiber ist doch der Einzige, der als Schröder-Gegner überhaupt noch ernst genommen würde." Christian Wulff, stellvertretender CDU-Vorsitzender und lange Zeit bekennender Merkel-Fan, sagt: "So kann man eine Partei nicht führen."

      Politische Weggefährten der Vorsitzenden aus dem Osten haben die Begeisterung über die Spenden-Sauberfrau im vergangenen Jahr nie verstanden. Lothar de Maizière prophezeite: "Die CDU wird sie als Vorsitzende nur für eine Übergangszeit akzeptieren." Und Günther Krause warnte: "Sie wird es nie schaffen, die Partei zusammenzuhalten."

      Wer Anonymität zusagt, bekommt dies in der West-CDU inzwischen ebenfalls in allen Tonlagen zu hören. Der CDU-Politiker O. spult seine Enttäuschung im Stakkato ab: Nicht teamwillig. Keine Substanz und kein Thema. "Mit dieser Vorsitzenden werden wir die Trendumkehr bei den Umfragen nie schaffen, aber bis zur Bundestagswahl müssen wir mit ihr als Vorsitzender leben."

      Der CSU-Abgeordnete S. wundert sich beim Thema Merkel nur noch über eines: "Wie lange es gedauert hat, bis die CDU merkt, wie blauäugig ihre Wahl war." Der Unionsmann R. resigniert: "Sie wird nie in die Schuhe hineinwachsen, die ihr Schäuble hinterlassen hat." Und dann ihr Generalsekretär. Mensch, dieser Meyer! Nie vorbereitet. Ein Schwadroneur. "Und wenn der denkt, dann immer mit dem Bauch."

      Also, der Meyer. Weg mit ihm. Aber ihn unauffällig loswerden? Unmöglich. Die Parteichefin hat ihn im Alleingang ausgesucht – nach dem Fehlgriff Ruprecht Polenz kann sie ihren zweiten Flop binnen Jahresfrist nicht eingestehen. Also hält sie zu ihm: "Kritik gibt es immer. Ich arbeite mit Laurenz Meyer sehr gut zusammen." Dabei ist die Personalie brandgefährlich für sie: Meyer muss sich auf dem Bundesparteitag im Dezember in Dresden als Einziger zur Wahl stellen. Wer die Kanzlerkandidatin Merkel torpedieren will, braucht nur gegen Meyer zu stimmen.

      Dann Merkels Bürochefin Baumann. Dieser böse Geist der Vorsitzenden müsse aus der Berliner CDU-Zentrale verschwinden. Seit Anfang der neunziger Jahre arbeitet die 37-jährige Anglistin Merkel zu. Eine intelligente, aber schroffe Frau. Sie schottet die Vorsitzende nach Gutdünken ab. Sie hat mehr Einfluss als Bundesgeschäftsführer Hausmann, der lieber heute als morgen zurück zur Familie in Stieldorf bei Bonn ginge. Nicht er darf Merkel zu Gesprächen mit der CSU-Spitze begleiten, sondern die Büroleiterin.
      Klaus Preschel, Leiter der Abteilung für Grundsatzfragen und politische Planung, hat den Job bei der CDU schon hingeschmissen. Gegen Merkels intern verfluchten "Weiberrat", zu dem auch noch CDU-Sprecherin Eva Christiansen und die Präsidiumsmitglieder Annette Schavan und Hildegard Müller gehören, kam er nicht an. Sein strategischer Rat war nicht gefragt, seine Abteilung musste stattdessen Bürgerbriefe beantworten. Reden, die er für die Vorsitzende schrieb, wurden nicht gehalten. Als er Aufträge für Reden nicht erfüllte, gab es keine Reaktion.

      Die Mitarbeiter haben es nicht leicht mit ihrer Chefin. Sie wird gefürchtet, aber nicht respektiert. Unentwegt fühlt sie sich hintergangen. Immer will sie alles unter Kontrolle haben. Überall wittert sie Konkurrenz. Was sie an natürlicher Autorität verloren hat, ersetzt sie inzwischen durch harsches Auftreten. Verkrampft und verspannt geht sie in Gespräche. Vermerke ihrer Mitarbeiter, die sie vorbereiten sollen, liest sie – wenn überhaupt – erst in letzter Sekunde. Zuhören kann sie nicht. Wenn andere – zum Beispiel Merz – in den Gremien sprechen, tastet sie SMS-Botschaften in ihr Handy. Die Mundwinkel sind auf Dauer nach unten gekippt. Die Frau hat den Charme ihrer Frische verloren. Sie floskelt, wo sie früher deutsch geredet hat. Und wimmelt alle Kritik ab: "Hier werden alte Vorurteile immer wieder aufgewärmt."

      Mit Nichtbeachtung
      Mit Nichtbeachtung hat Merkel ihre Biografie der Hamburger Journalistin Jacqueline Boysen bedacht. Das Buch ist mittlerweile Pflichtlektüre für CDU-Funktionäre. Die lernen dabei: "Das System Merkel ist ein geschlossenes System – und es hat keine Verbindung zu den traditionellen Milieus der CDU." Oder: "Sie hat die Macht für sich entdeckt. Und sie will sie für sich behalten." Und: "Wer sieht, wie sie heute mit Schäuble umgeht: Der muss sich fragen, wie eng sie ihm früher als Generalsekretär tatsächlich verbunden war."

      Boysen stellt die Frage, die viele ihrer früheren Bewunderer auch gern beantwortet hätten: Welche Maske trägt Merkel? Offen wirke sie und natürlich, doch bleibe sie undurchschaubar. Eine Frau, die ihrer Partei vorstehe, nicht aber in ihr zu Hause ist. Eine Vorsitzende, der das C im Namen der Partei wenig bedeute. Angela Merkel also ein neuer Ludwig Erhard, bei dessen Wahl einst ebenfalls keiner nach seiner Kanzlertauglichkeit gefragt hat und der der Partei innerlich immer fern blieb? Warnfried Dettling, Politologe und früher ein Merkel-Mann, hat das Problem prophezeit. Das Risiko mit ihr, so warnte er, besteht darin, dass "der Aufbruch im Ungefähren stecken bleibt".

      Die Lage ein Jahr vor der Bundestagswahl ist deprimierend. Zwar gibt es Papiere. Zur Zuwanderung, zur Familienpolitik, zur Bildungspolitik. Zur "Neuen Sozialen Marktwirtschaft" soll noch eines kommen. Einer wie Rühe sagt dazu: "Gut und schön, aber mit Papieren können wir die Stimmung nicht drehen."

      Angela Merkel hat keine neuen politischen Freunde hinzugewonnen, aber viele alte verprellt. Kaum einer kommt mehr in die Gunst eines offenen Gesprächs unter vier Augen. Die Chefin führt nicht, sie taktiert. Sie fühlt sich gekränkt, wenn anderen Kompetenz bescheinigt wird. Und sie weiß inzwischen selbst, dass sich die CDU-Welt nicht länger schönreden lässt. "Als ich in Essen gewählt wurde, war die CDU in keiner ganz einfachen Situation. Viele haben damals gedacht, jetzt seien die Schwierigkeiten vorbei. Wir haben aber einen riesigen Generationswechsel zu bewältigen. Nur wenn wir wieder gut übereinander sprechen, werden wir uns auch wieder auf die Auseinandersetzung mit der Regierung konzentrieren können."

      Kein Frieden
      Die Partei wird ihren Frieden mit der Vorsitzenden nicht mehr machen. Die Mehrheit der Funktionäre erwartet von ihr vorläufig nur noch eins: die Übergabe der CDU an den Kanzlerkandidaten Stoiber. "Wir müssen jetzt", sagt ein Merkel-Stellvertreter, "die Partei wenigstens insoweit wieder in Form bringen, dass der nicht Nein zur Kanzlerkandidatur sagen kann." Ob allerdings die geordnete Kapitulation gelingt? Selbst das ist inzwischen nicht mehr sicher. In der Bayern-Union frisst sich die Überzeugung fest, mit der schlaffen Schwesterpartei sei nichts mehr zu reißen. "Wir haben zurzeit leider nicht den Boden für eine erfolgreiche Kanzlerkandidatur unter den Füßen", lamentiert Michael Glos. Ständig werde er in Bayern angesprochen: "Lassen Sie nicht zu, dass unser Edmund Stoiber in Berlin verheizt wird."

      Vor einem Jahr hat Angela Merkel noch Hermann Hesse zitiert. Geschwärmt vom Zauber, der jedem Anfang innewohne. Die Chance beschworen, die in jeder Krise liege. CDU-Vorsitzende – ohne Staatsamt, ohne Fraktionsvorsitz? Kannst du das, hat sie sich gefragt. Ja, hat sie sich Mut gemacht, ich habe schließlich gesunden Menschenverstand, das packe ich. Autorität wird mir zuwachsen. Jetzt kann sie wieder bei Hesse nachschlagen: "Voll von Freunden war die Welt, als mein Leben licht war; nun, da der Nebel fällt, ist keiner mehr sichtbar."

      Hans Peter Schütz
      Quelle: http://www.stern.de/politik/koepfe/4803_24426.html?seite=1
      Avatar
      schrieb am 01.07.01 13:48:07
      Beitrag Nr. 2 ()
      @dickdiver
      Puh, ganz schön lang.
      Freund, Feind, Parteifreund.
      Aber du kannst sagen, was du willst.
      Da wird viel von den Medien reingeredet von wegen Streit
      und so.

      Schon mal dran gedacht, dass alles nach Plan laufen könnte??

      mfg
      perkins
      Avatar
      schrieb am 01.07.01 14:31:35
      Beitrag Nr. 3 ()
      Tja, da kann man noch so sehr über die Politik der Roten ablästern (zum Teil zu Recht), den eigenen Laden haben Schröder und Müntefering jedenfalls im Griff. Eigentlich müßten die sich häufenden Probleme im Regierungslager ja ein gefundenes Fressen für die bürgerliche Opposition sein, aber so? Im Vergleich zu dem inneren Chaos bei der CDU wirkt die SPD ja schon fast wie ne Einheitspartei. Und die Frage der inneren Geschlossenheit und Führungsstärke spielt bei den Wahlen eine wichtige Rolle; schließlich kommt es nicht nur drauf an, das Richtige zu wollen, man muß es auch durchsetzen können. Wozu die CDU ím Moment nicht in der Lage zu sein scheint...
      PS: nach einer heute veröffentlichten Umfrage liegt die SPD im Moment sogar in Berlin trotz ihres Flirts mit der PDS vor der CDU (32 zu 30%).
      Avatar
      schrieb am 01.07.01 16:18:11
      Beitrag Nr. 4 ()
      Hi perkins:),
      die Medien schlachten jede Story aus. Hauptsache sie verdienen damit Geld. ;)
      Der Artikel im Stern ist sehr lang und ausführlich. Sowas findet man in der "BILD" nicht. ;););):D

      Den Streit zw. Merkel und Merz, Seehofer u.a. CDU-"Größen" hat es aber nun einmal gegeben. Sowas ist neu in der Union. ;)
      Die SPD hat anscheinend aus ihren Fehlern in der Vergangenheit gelernt, den Müntefering und Struck haben ihre Leute im Griff. ;)
      Die Union verplempert zuviel Zeit und Kraft mit innerparteilichen Querulanten. Sachthemen fallen hinten runter.
      Das kommt beim Wähler nicht an. ;)

      Gruss und schönen Sonntag
      dick :)
      Avatar
      schrieb am 01.07.01 16:23:43
      Beitrag Nr. 5 ()
      Die haben ja jetzt schon Angst, was wäre, wenn Stoiber wirklich nein sagt.

      Aber Stoiber wird Pflichtgefühl vor persönliche Preferenzen stellen, wenn Deutschland ruft. ;) ;) ;)

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      schrieb am 01.07.01 17:27:13
      Beitrag Nr. 6 ()
      Hi dickdiver

      Genau! Sowas liest man in der länge in der Bild nicht.
      Bliebe ja kein Platz mehr für andere wichtigere Themen
      wie Ökosteuer, Inflation, PDS usw... :D

      Immerhin wird so vermieden, dass der Kanzlerkandidat zerredet wird.

      Es fehlt halt ein frischer Wind aus dem Süden!!!
      Aber der wird schon kommen.

      Wenn die CDU und die Republik ihn ruft....

      Schönen Sonntag!!

      mfg
      perkins
      Avatar
      schrieb am 01.07.01 19:39:57
      Beitrag Nr. 7 ()
      Was wirklich interessiert: wenn Stoiber 2002 mit 32% abgewatscht wurde, wen schickt die Union dann 2006 ins Rennen?
      Vielleicht einen dann ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten?:D
      Avatar
      schrieb am 03.07.01 01:45:39
      Beitrag Nr. 8 ()


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