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     7647  0 Kommentare Woher kommt der Hass der Intellektuellen gegen den Kapitalismus? - Seite 4

    In Äußerungen wie dieser zeigt sich sehr schön, wie der Intellektuelle seine eigenen Wertmaßstäbe, nach denen ein Mensch danach zu beurteilen sei, wie „belesen“ er ist, verabsolutiert. Dass ein „wenig belesener“ Mensch zu großem Reichtum kommen kann, während sich der umfassend gebildete Professor mit einem im Vergleich dazu kärglichen Einkommen zufrieden geben muss, mag ihm dann natürlich ungerecht erscheinen. Die Welt ist damit aus seiner Sicht tatsächlich auf den Kopf gestellt. Denn im Wertesystem des gebildeten Menschen bzw. des Intellektuellen ist derjenige Mensch anderen überlegen, der eine reichhaltigere Bildung und ein größeres Wissen besitzt oder der mehr Bücher gelesen hat und sich sprachlich besser ausdrücken kann.

    Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass die akademische Eliteforschung die Rekrutierung im Bereich der Wissenschaft sehr viel nachvollziehbarer, rationaler und „demokratischer“ findet als die in der Wirtschaft. Michael Hartmann, einer der führenden deutschen Eliteforscher, hebt positiv hervor, dass das Auswahlverfahren in der wissenschaftlichen Elite (gemeint ist die Berufung zum Professor) wesentlich stärker formalisiert und in höherem Ausmaß „demokratischen Einflüssen“ unterworfen sei. Auch der Einfluss der Politik sorge für eine im Vergleich zur Wirtschaft „größere soziale Offenheit“. Während die formalen Voraussetzungen in der Wissenschaft (Promotion, Habilitation, Publikationen) nachvollziehbar seien, spielten in der Wirtschaft „relativ unspezifierte Persönlichkeitskeitsmerkmale“ die ausschlaggebende Rolle, so Hartmann. Implizit wird hier die Vorstellung deutlich, die im eigenen akademischen Bereich geltenden Maßstäbe und Selektionsmechanismen seien den in der Wirtschaftselite herrschenden überlegen.

    Verabsolutierung des expliziten Lernens

    Intellektuelle setzen verständlicherweise den Erwerb von Wissen mit akademischer Ausbildung und der Lektüre von Büchern gleich. In der Wissenschaft spricht man von „explizitem Lernen“, das zu „explizitem Wissen“ führt. Dass es neben dieser Art der Aneignung von Wissen eine ganz andere, viel ursprünglichere und oft wirkungsmächtigere Form des Wissenserwerbs gibt, nämlich das „implizite Lernen“, das zu „implizitem Wissen“ führt, ist vielen Intellektuellen fremd. Die Unternehmerforschung zeigt jedoch, dass genau dies die Art ist, in der Unternehmer vornehmlich ihr Wissen erwerben.


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    Woher kommt der Hass der Intellektuellen gegen den Kapitalismus? - Seite 4 Eine aktuelle Studie zeigt, dass das Verhältnis von linken zu konservativen Professoren an US-Universitäten 12:1 ist.

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