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    Buchtipp  4098  0 Kommentare Eine bahnbrechende Studie zu den Mitgliedern der NSDAP - Seite 2

    Bevor eine Partei an die Macht komme und solange sie vom „System“ und ihren Gegnern scharf bekämpft werde, ziehe sie, so Hitler, automatisch nur solche „mutigen“ Menschen an. Nach der Machtergreifung jedoch, so warnte er bereits in „Mein Kampf“, würden sich verstärkt Opportunisten der Partei anschließen, die nur auf ihren eigenen Vorteil bzw. ihre Karriere bedacht seien. Tatsächlich kam es genau so. „Vieles deutet darauf hin, dass die weitaus meisten der nach dem 30. Januar 1933 eingetretenen Parteigenossen dies wohl tatsächlich auf Opportunismus und/oder aufgrund äußeren Drucks taten“, so Falter (S. 486).

    Das war ein Grund, warum die Partei immer wieder Aufnahmestopps verhängte, doch trotz dieser Aufnahmestopps stieg die Zahl der Mitglieder immer stärker an.

    Nach dem Krieg beriefen sich viele Menschen darauf, sie seien gezwungen worden, der Partei beizutreten oder ihr Beitritt sei quasi automatisch erfolgt, weil sie Mitglied einer Organisation gewesen seien, die in die Partei integriert wurde. Solche Fälle mag es möglicherweise gegeben haben, zweifelsfrei belegt ist laut Falter jedoch bislang keiner. Es war sogar möglich, wieder aus der Partei auszutreten, und nicht wenige taten dies. Insgesamt traten in den Jahren 1925 bis 1945 760.000 Mitglieder aus der NSDAP aus, davon 250.000 vor dem Januar 1933 (S. 474 f.). Das heißt aber, dass fast eine halbe Million Mitglieder in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur aus der Partei austraten.

    40 Prozent Arbeiteranteil

    Die NSDAP nannte sich selbst eine sozialistische Arbeiterpartei. In der bisherigen Forschung sah man jedoch vor allem die Mittelschicht als die entscheidende soziale Stütze der Nationalsozialisten – sowohl der Mitglieder als auch der Wähler. Viele dieser soziologischen Theorien basierten auf einer sehr dünnen Quellenbasis, manche eher auf Spekulationen als auf Daten. Das ist bei Falter anders.

    Bei den Daten, die er in sieben Jahren Forschungsarbeit für diese Studie ausgewertet hat, handelt es sich um die mit weitem Abstand größte und materialreichste Stichprobe aus den beiden zentralen NSDAP-Mitgliederkarteien. Die Analyse zeigt, dass insbesondere nach dem 30. Januar 1933 Angestellte und Beamte geradezu in hellen Scharen zur Partei stießen und unter den Mitgliedern der NSDAP deutlich überrepräsentiert waren (S. 479). Doch der Arbeiteranteil in der NSDAP war weitaus höher als man bisher in der Forschung angenommen hatte. Er lag, ähnlich wie bei den Wählern der Partei, bei etwa 40 Prozent (S. 187).


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    Buchtipp Eine bahnbrechende Studie zu den Mitgliedern der NSDAP - Seite 2 Jürgen W. Falter, Hitlers Parteigenossen. Die Mitglieder der NSDAP 1919-1945, Campus Verlag, Frankfurt am Main 2020, 584 Seiten.

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