Inflation - Das Comeback des Jahres 2021? - Seite 2
Auch viele Güter des alltäglichen Gebrauchs werden nicht nur grundsätzlich billiger, sondern immer leistungsfähiger, d.h. sie wirken zweifach anti-inflationär. Angesichts der Qualität z.B. heutiger Smartphone-Kameras überlegt sich ein Otto-Normal-Bürger heutzutage doch zweimal, ob er überhaupt eine teure Digitalkamera kaufen soll.
Sicher sind die Impfstoffe Lichter am Ende des dunklen Konjunktur-Tunnels. Doch bis die Bevölkerung durchgeimpft ist, wird es Monate dauern. Kaufkraft kommt also nicht in Form unbändiger Faustschläge eines Rocky Balboas auf die Konjunktur zu, sondern gemächlicher, eher im Rahmen eines Aufbaukampfs. Ohnehin wird so mancher Konsument seine Geldbörse aufgrund der unsicheren Beschäftigungssituation nur vorsichtig öffnen.
Ebenso lassen sich die weltweiten Produktionskapazitäten vielfach flexibel und zügig wieder hochfahren. So ist eine längerfristige Angebotslücke nicht zu befürchten. Und wenn es wieder Geld zu verdienen gibt, wird auch das Angebot zügig zurückkommen. Der Mensch ist ein Homo Oeconomicus.
Übrigens sind Rohstoffpreise mittlerweile müde Inflationskämpfer. Darbende Länder wie Brasilien sind dankbar für jede Tonne Kupfer, die sie verkaufen. Und die Opec, einst ein gefeierter Preisboxer, der uns das Inflations-Fürchten lehrte, ist heute ein in die Jahre gekommener Kirmesboxer. Ihre Förderkürzungen wirken nicht mehr wie Aufwärtshaken. Denn die anschließenden Förderausweitungen bei Fracking-Öl bringen die Energiepreise schnell wieder auf die Bretter.
Und da die Mehrwertsteuer nur ein preislicher Einmaleffekt ist, sind insgesamt die Risiken für ein Muhammad Ali-ähnliches Comeback der Inflation überschaubar.
Die Politik ist enttäuscht, dass die Inflation in den Seilen hängt
Die beispiellos üppigen Stimulierungsmaßnahmen in ganz Europa haben bislang nur eine Vermögenspreisinflation (Zinspapiere, Aktien, Immobilien, Gold, Bitcoin) losgetreten. Nicht auf Touren kommt dagegen die realwirtschaftliche Inflation, was dokumentiert, dass die Konjunktur - unabhängig von der Pandemie - nicht kampfbereit ist.
Unbedingt muss verhindert werden, dass die deflationäre Seite gewinnt. Ist die Wirtschaft erst einmal angezählt, werden Unternehmen und Konsumenten ihre Investitions- und Konsumaktivitäten einschränken, weil es morgen billiger ist. Und warum sollten sie morgen Geld ausgeben, wenn es übermorgen noch günstiger wird? In so einem Szenario ist vor allem der Kampf gegen die unfassbare Überschuldung einer von David gegen Goliath, aber leider mit anderem Ausgang.