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    „Weggwerfgesellschaft“  2546  0 Kommentare Werden Produkte extra so gemacht, dass sie eher kaputt gehen? - Seite 2

    Das Thema Obsolezenz ist nicht neu, wie Wolfgang König in seiner „Geschichte der Wegwerfgesellschaft“ zeigt. Antikapitalisten und sogenannte Verbraucheraktivisten sprechen von einer großen Verschwörung der Industrie, die angeblich systematisch und massenweise die Strategie der „geplanten Obsoleszenz“ verfolge, also die Produkte extra so herstellt, dass sie schneller kaputt gehen.

    Doch bereits 1976 kam eine Studie des Ökonomen Burckhardt zu dem Ergebnis, dass die angeblichen Belege dafür, dass die Industrie die Lebensdauer von Produkten absichtlich verkürze, sich nicht halten ließen. Viele weitere Studien, die in den letzten Jahrzehnten dazu verfasst wurden, kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Sogar das Freiburger Öko-Institut räumt 2015 ein, dass viele Kritikpunkte übertrieben seien. Zugleich bestätigte die Analyse des Öko-Institutes jedoch, dass die Erst-Nutzungsdauer der meisten untersuchten Produktgruppen in den vergangenen Jahren tatsächlich abgenommen habe. So wurde festgestellt, dass viele Elektronik-Geräte durch neuere ersetzt wurden, obwohl die alten technisch noch funktionierten.[1]

    Im Gegensatz zu solch differenzierten Analysen stehen plakative Medienberichte, die den Eindruck erwecken, es sei ein massenhaftes Phänomen, dass Geräte absichtlich so produziert würden, dass sie schneller kaputt gehen – ein Thema, dass auch von manchen Politikern aufgegriffen wird. Die LINKE beantragte mehrfach im Deutschen Bundestag, die Bundesregierung solle zur Vorlage eines Gesetzesentwurfes aufgefordert werden, der Vorgaben über eine Mindestnutzungsdauer für technische Produkte vorsieht und die Beweislast für ein Ereignis, das die Mindestnutzungsdauer nicht erreichen lässt, dem Hersteller auferlegt. Die AfD hat sogar die Forderung nach „langlebige[n] Produkte[n] statt geplanter Obsoleszenz“ in ihrem Parteiprogramm.[2]

    Immer wieder die gleichen Beispiele

    König schreibt, es falle auf, dass in „in der verschwörungstheoretischen Literatur immer wieder auf die gleichen Beispiele zurückgegriffen wird, wobei diese teilweise ein Jahrhundert zurückliegen“.[3] So werde immer wieder das Beispiel des amerikanischen Autoherstellers General Motors angeführt, der in den 1920er Jahren mehrere Modelle anbot, die kontinuierlich überarbeitet wurden. Damit nahm der Henry Ford Marktanteile weg, der stur an seinem Einheitsmodell festhielt. Ford konnte zwar lange verhindern, dass seine eigenen Mitarbeiter ein neues Modell entwickelten, aber nicht die Konkurrenz. General Motors reagierte auf die veränderten Kundenvorstellungen und schuf neue Modelle. Das Beispiel wird seit damals immer wieder als Beleg für die finsteren Strategien des Kapitals und die Verwerflichkeit der kapitalistischen Konsumgesellschaft angeführt. König meint dazu: „Es bleibt unerfindlich, was dies mit geplanten Verschleiß in verschwörungstheoretischem Sinne zu tun haben soll.“[4] Auch andere Beispiele, die immer wieder angeführt werden – von der Glühbirne bis zum Tintenstrahldrucker – halten einer Nachprüfung nicht stand.


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    „Weggwerfgesellschaft“ Werden Produkte extra so gemacht, dass sie eher kaputt gehen? - Seite 2 Eine verbreitete These besagt, im Kapitalismus würden massenweise und zunehmend Produkte extra so hergestellt, dass sie schnell kaputt gehen. Die These ist nicht neu – aber was ist wirklich dran?

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