Treiben die Analysten die Rally? - Seite 3
Wieder gibt es eine Diskrepanz
Wichtig sind daher die Phasen, in denen das nicht der Fall ist, also beide Kurven auffallend entgegengesetzt laufen. Die zwei markantesten Phasen habe ich gelb markiert.
Die stärkste Abweichung gab es in der Finanzkrise (siehe linke Ellipse). Hier dauerte es sehr lange, bis die Analysten ihre Kursziele revidierten. In dieser Zeit waren sie also viel zu optimistisch. Das Gleiche geschah mit umgekehrten Vorzeichen nach dem Corona-Crash (siehe rechte Ellipse). Nach dem Crash waren die Analysten zunächst zu pessimistisch. Auch hier dauerte es eine Weile, bis der Trend der Schätzungen wieder nach oben drehte.
Bemerkenswert ist aber, was danach geschah: Die Analysten unterschätzten die Stärke des Aktienmarktes massiv! Sie rechneten zwar ebenfalls mit einem starken Kursanstieg, aber von April 2020 bis Februar 2021 blieben sie mit ihren Schätzungen mehrere hundert Punkte hinter den tatsächlichen Werten zurück. Und der „Treffer“ Ende Februar kam letztlich nur durch den Rückgang des S&P 500 zustande.
Es gibt also wieder eine Diskrepanz zwischen Kursen und Schätzungen. Daher besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Analysten den weiteren Verlauf – sowohl bei den Kursen als auch bei den Gewinnen – nun wieder überschätzen.
Eine Falle für Privatanleger
Für viele US-Privatanleger könnte das verhängnisvoll werden. In den USA wird den Analystenschätzungen eine sehr große Bedeutung beigemessen – allerdings meist nur den Schätzungen der Gewinne. Wer aber nur auf die Gewinne schielt, übersieht, dass die Margen schrumpfen. Und wer sich an den zuletzt steigenden Gewinnschätzungen orientiert hat, könnte ausgerechnet in der Endphase des Bullenmarktes eingestiegen sein, bevor die Gewinne und die Kurse wieder schwächeln.
Der Optimismus der Analysten könnte also tatsächlich zu der jüngsten kräftigen Erholung beigetragen haben. Aber dieser Optimismus ist keine Garantie dafür, dass die Kurse tatsächlich weiter steigen.
Aber es gibt ja ein Korrektiv: die Zahlen und Prognosen der Unternehmen. Wir werden also in der Berichtssaison zum 1. Quartal, die in der kommenden Woche beginnt, sehen, ob die Erwartungen der Analysten gerechtfertigt erscheinen oder nicht.
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Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)