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     933  0 Kommentare Die Mitläufer bei der Inflation

    Dieses Jahr wird der Gänsebraten an Weihnachten doppelt so teuer wie im letzten Jahr. Das ist ja mal eine Ansage.

    Neulich habe ich die letzte gefrorene polnische Gänsebrust aus dem Supermarkt um die Ecke mitgenommen. Seitdem gibt es keine mehr. Das Ding war auch hart und schwer wie ein Kilobarren Gold. Die Geldscheine weht dagegen der Wind weg.

    Momentan sind die Inflationszahlen ja leicht rückläufig, dennoch die höchsten seit Anfang der 50er Jahre. Eigentlich ist das fast unvorstellbar, denn damals war ja gerade erst die Berlin-Blockade vorbei.

    Doch wir haben das überlebt. Und für uns West-Berliner war das mit den Gänsen ja schon immer Alltag. Auf der Transitautobahn die Sachsen: Gänsefleisch den Gofferraum ...

    Vielen Leuten würde ich heute ein geteiltes Land und ein Transitabkommen wünschen. Denn: Es war nicht alles schlecht. Und Kälte und Tod sind niemals eine Lösung.

    Doch ich schweife ab, es ist jedoch auch enorm emotional.

    Manche Preissprünge verstehe ich, manche nicht. Die Energie und die Rohstoffe okay, die Coronaengpässe auch okay, doch wenn die Milch 50 Cents den Liter teurer wird und die Milchbauern, bei denen ja die erhöhten Kosten anfallen, nur 10 bis 15 Cents mehr für den Liter bekommen, wer steckt sich dann den Rest ein?

    Aber nein, die gebeutelte Industrie braucht bestimmt für den Transport von jedem Liter Milch einen Liter Benzin. Dann passt es nämlich plötzlich wieder.

    Gestaunt habe ich auch, als ich diese Woche bei meinem Getränkelieferanten das Weihnachtsbier bestellt habe. Was da los ist. Das aus dem teuren Schwarzwald kostet jetzt 25,99 Euro den Kasten, wohingegen es das Winterhopfen-Bier der Landskron Brauerei aus Görlitz für nur 9,49 Euro den Kasten gab.

    Erstaunlich ist dann aber, dass der Winterbock aus dem Frankfurter Brauhaus GmbH in Frankfurt an der Oder bei Aldi mit 69 Cents für die Dose zwar immer noch günstig ist, aber dennoch 30 Prozent teurer als im Vorjahr. Das ist das Dreifache der Inflationsrate.

    Irgendwo passt hier also etwas nicht. Und es gibt dafür sicher beinahe endlos viele Beispiele. Doch wenn wir jetzt alle auf Inflation machen, wäre man ja schön blöd, wenn man da nicht mitzieht. Wer jetzt nicht die Preise erhöht, muss ein Idiot sein und fällt schon unangenehm auf.

    Es geht also auch kostengünstig. Und das Landskroner schmeckt sogar besser als das Alpirsbacher. Doch wie machen die das? Billige polnische Arbeiter? Vielleicht ...

    Viele kommen natürlich auch in eine schwierige Klemme. Daher noch einmal zurück zu den Gänsen. Denn was macht der Lebensmittelmarkt mit den gefrorenen Gänsen, die er schon vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine in seiner Tiefkühltruhe hatte?

    Natürlich, er rubelt sie um. Denn er wird sie doch nicht unter Marktpreis verkaufen können, der arme Händler.

    Gold hat dagegen in diesem Jahr bisher nur 5 Prozent zugelegt, aber auch nur, wenn man im schwachen Euro rechnet, ansonsten hat es sogar Verluste gegeben. In US-Dollar gerechnet hat das Gold 3 Prozent verloren.

    Bei einer Goldwährung wäre die Kaufkraft der US-Amerikaner also nicht nur um 8 Prozent zurückgegangen, sondern sogar um 11 Prozent. Und damit stärker als die in der EU mit ihren Papierschnipseln.

    Und so kostet die Gans dann plötzlich das Doppelte.

    Die Gänsewährung wäre jedoch in beiden Ländern top. Da wäre die Kaufkraft explodiert. Langfristig spricht allerdings wohl doch mehr für Gold und Papier. Denn dafür braucht man wenigstens keine Tiefkühltruhe.


    Bernd Niquet

    berndniquet@t-online.de

     

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    Bernd Niquet
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    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Die Mitläufer bei der Inflation Wer jetzt nicht mitzieht und die Preise erhöht, muss ein Idiot sein

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