G20-Berater
Radikalreform des Weltwährungssystems
Eine radikale Reform des Weltwährungssystems fordert Michel Camdessus, langjähriger Präsident des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Leiter einer Arbeitsgruppe, die den französischen
Präsidenten und amtierenden G-20-Vorsitzenden Nicolas Sarkozy berät. „Auf den Devisenmärkten kommt es immer wieder zu exzessiven Schwankungen ... Oft hat der Kurs der Währungen mit den ökonomischen
Rahmendaten nichts zu tun“, sagte Camdessus der Wochenzeitung DIE ZEIT. Der Arbeitsgruppe gehören prominente ehemalige Währungspolitiker wie Horst Köhler oder der frühere amerikanische
Notenbankchef Paul Volcker an.
Aus diesem Grund sei ein fester Anker für die Währungen vonnöten, sagte der Finanzexperte: „Unsere Währungsordnung hat seit dem Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods in den siebziger
Jahren keinen zentralen Referenzpunkt mehr. Ein solcher Referenzpunkt ist aber nötig, zumindest auf lange Sicht.“ Im System von Bretton Woods galten feste Austauschverhältnisse der Währungen
untereinander, der Dollar war durch Gold gedeckt.
Camdessus bringt zudem eine Verschmelzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der G20-Finanzministergruppe ins Spiel. Zunächst sollten dazu die G 20 wie bislang der IWF in einem System von
Ländergruppen organisiert werden, die jeweils einen Vertreter in die Entscheidungsgremien entsenden. Das werde die demokratische Basis der Organisation verbreitern. „Währungsfragen haben
Auswirkungen auf der ganzen Welt. In der Gruppe der G 20 sind aber nur 25 Länder vertreten“, sagte Camdessus im Gespräch mit der ZEIT. In einem zweiten Schritt sollen im IWF die strategischen
Entscheidungen von den Finanzministern selbst gefällt werden. „Wenn ein solcher Ministerrat eingerichtet ist, sollten die Finanzministerrunde der G 20 und der IWF-Rat verschmolzen werden... Der
Fonds wäre letztlich in den Händen der Staats- und Regierungschefs“, so Camdessus.
Ziel der Reform sei es „die Legitimität und die Autorität des IWF zu stärken. „Wir brauchen eine Instanz, die auf globaler Ebene für Stabilität sorgt. Das bedeutet auch, dass der Fonds mit einem
umfassenderen Mandat ausgestattet werden muss... Er sollte aber für die gesamte finanzielle und monetäre Sphäre zuständig sein.“ Auf die Frage, ob er eine Weltwirtschaftsregierung anstrebe, sagte
er: „So könnte man es nennen. Ich spreche aber lieber von einem neuen Geist der kooperativen Koordination.“ Redaktion w:o/Zeit