Beziehungskiller Facebook
Seitensprung, Spionage, Ehe-Aus durch soziale Netzwerke
Beziehungskiller Facebook: Soziale Netzwerke im Internet, allen voran Facebook, werden immer mehr zum Beziehungskiller. Wie eine Umfrage der „Welt am Sonntag“ bei Scheidungsanwälten und
Beziehungstherapeuten im deutschsprachigen Raum ergab, spielt die heimliche Partnersuche über die neuen Medien bei bald jeder vierten Ehescheidung eine Rolle. Auch wenn das Schuldprinzip in
deutschen Scheidungsverfahren keine Rolle mehr spielt: Oft geht es dabei auch um bares Geld, denn bei Unterhaltszahlungen können entsprechend digital dokumentierte Fehltritte eines Ehepartners
ausschlaggebend sein.
Nach Erhebungen deutscher Detekteien und amerikanischer Anwaltsverbände leben sogar bis über 40 Prozent aller Personen, die im Internet nach neuen Bekanntschaften suchen, in einer festen
Partnerschaft. Auch bei der Überführung untreuer Partner spielt digitale Beweiserhebung schon eine große Rolle. Nach Schilderungen von Anwälten und Psychologen sind nachrichtendienstliche Methoden
wie GPS-Tracking mit Trojaner-Software bereits fester Bestandteil beim modernen Rosenkrieg.
„Natürlich ist heute die Versuchung, sich in Partnersuchbörsen oder Sozialen Netzwerken Kontakte zu suchen, ungleich größer als früher. Möglichkeit macht Liebe“, sagte Professor Hugo Schmale
im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“. Der Psychologe gilt als Vater der maschinisierten Partnersuche in Deutschland. Jahrzehntelang beschäftigte er sich mit der Entwicklung von Partnertests für
Illustrierten und leistete grundlegende Vorarbeiten für die Internet-Kontaktbörsen wie Marktführer „Parship“ und andere.
„Im Unterhaltsrecht kann der Nachweis von Fremdgehen durch E-Mail- oder Chat-Verkehr juristisch relevant sein“, weiß Rechtsanwalt Jochem Schausten, Fachanwalt für Familienrecht aus Krefeld und
Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses für Familienrecht im Deutschen Anwaltverein.
Oftmals überfordern Internet-Kontakter nicht nur ihre Ehe sondern auch sich selbst. Von solcher Selbstüberforderung durch die ungeahnten Möglichkeiten der neuen Medien berichten auch
Beziehungstherapeuten, wie die Berliner Diplompsychologin Gerlind Arjes aus ihrer 27-jährigen Beratungspraxis bei der öffentlichen Berliner Familienhilfe und aus ihrer Praxispraxis „Paar im
Zentrum“: „Wenn man den Bereich der Fantasie verlässt, wozu Plattformen wie Facebook ja vielen die Möglichkeit bieten, stellt sich oft heraus, dass viele von der Verwirklichung ihrer Fantasien
überfordert werden,“ berichtet sie. Fantasien nach anderen Formen von Sex, „zum Beispiel ‚Sex zu Dritt’ ist nach meiner Erfahrung ein Grund, warum sich ein Partner oder auch alle beide im Internet
nach Kontakten umschauen. Oft stellt sich aber heraus, dass einer oder beide die tatsächliche Umsetzung ihrer Fantasien gar nicht aushalten, das geht bis zum psychischen Zusammenbruch.
„Nie war die Versuchung so groß, in einem so großen Personenumfeld und mit so komfortablen technischen Möglichkeiten den eigenen Seitensprung zu organisieren – und gleichzeitig das Fehlverhalten
eines Partners ebenso komfortabel zu entlarven“, ist sich auch der Wiener Rechtsanwalt Dietmar Heck sicher. Als Partner der renommierten Wiener Anwaltskanzlei Venturini, Köck & Heck, die zum
Beispiel die Trennung des österreichischen Fußballstars Toni Polster begleitete und rund 400 Scheidungen im Jahr betreut, ist ihm nichts digital-menschliches fremd geblieben. Recherchen bei
Facebook gehören für ihn längst zum Handwerkzeug. „Wir nutzen auch die Ortungs-Möglichkeiten der neuen Smartphones, was in einem Scheidungsprozess eine erhebliche Rolle spielen kann“, sagte Heck
der „Welt am Sonntag“.