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    Schuldentragfähigkeit  2802  0 Kommentare Griechenland ist das lauteste, aber nicht das größte Problem der Eurozone - Seite 2

    Damit stößt sechs Jahre nach Krisenbeginn das Spiel auf Zeit an die politischen Grenzen. Die Allianz gegen Griechenland ist nur vordergründig stabil. Die Regierungen in Portugal, Spanien und Italien befürchten die Opposition im eigenen Lande, die es Syriza gleich tun könnte. Deshalb haben sie bisher den harten Kurs unterstützt. Dabei kämen ihnen eine Abkehr vom Sparkurs und weit großzügigere Programme zur Ankurbelung der Wirtschaft entgegen. Dies wohlgemerkt vor dem Hintergrund, dass alle bereits hohe Defizite ausweisen.

    Frankreich fordert Transferunion und Sozialisierung der Kosten

    Deshalb wundert es nicht, dass Frankreich sich nun an die Spitze derer stellt, die die vermeintlich „deutsche“ Austeritätspolitik aushebeln wollen. So lesen sich die Forderungen des französischen Wirtschaftsministers Macron vom Wochenende: Transferunion, Sozialisierung der Kosten von Bankenrettungen, ein Eurokommisar zur "Koordinierung der makroökonomischen Politik" und ein Parlament des Euroraumes - in dem naturgemäß die Südländer die Mehrheit stellen - sind die Kernforderungen des sozialistischen Ministers, der zudem davor warnt, in Griechenland ein weiteres Versailles zu inszenieren.

    Der Wunsch des Südens: Umverteilung der Altlasten, Blankoscheck für die Zukunft

    Damit ist der Grexit auch nicht so sicher, wie viele Kommentatoren ihn jetzt darstellen. Es dürfte praktisch fast und politisch völlig unmöglich sein, die Griechen gegen ihren erklärten Willen aus dem Euro zu werfen. Selbst wenn temporär eine Parallelwährung eingeführt wird, so muss dies noch nicht den Grexit bedeuten. Viel zu groß bleibt das Interesse der Politiker in den Geldgeberländern, die Illusion einer funktionsfähigen Währungsunion und einer Rückzahlung der Schulden aufrecht zu erhalten.

    Für die anderen Krisenländer und Frankreich bietet sich zudem die Gelegenheit, mit Verweis auf das starke Votum der Griechen und ähnliche absehbare Gefahren in den eigenen Ländern (Front National, Cinque Stelle, Podemos) einen Politikwechsel zu verlangen und durchzusetzen.

    Wer die Bücher der linken Vordenker Varoufakis und Piketty zur Eurozone liest, erkennt das Ziel: Umverteilung der Altlasten und Blankoscheck für weitere Umverteilung in Zukunft. Zu einem guten Teil finanziert über die EZB, ohne Gegenleistung oder Aufgabe an Autonomie in den Empfängerländern.

    Finanzierung von Konsum statt Investition; Schulden statt Nachhaltigkeit ist das Motto. Eine Fortschreibung der Politik der letzten Jahrzehnte mithilfe des Geldes anderer - vor allem der deutschen Steuerzahler. Damit geht das Spiel um die Verteilung der enormen Kosten des Euro in die nächste Runde. Deutschland ist nicht gerüstet: keine Strategie, keine strukturelle Mehrheit. Letztere liegt bei den Krisenländern. Welche Folgen dies hat, zeigt die Politik der EZB, wo die Krisenländer im Rat ebenfalls die Mehrheit haben.


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    Daniel Stelter
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    Dr. Daniel Stelter ist Makroökonom und Gründer des Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Von 1990 bis 2013 war Stelter Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG), wo er von 2003 bis 2011 weltweit das Geschäft der BCG Praxisgruppe Corporate Development (Strategie und Corporate Finance) verantwortete.

    Er ist Autor mehrerer Bücher. Sein aktuelles Buch „Das Märchen vom reichen Land - Wie die Politik uns ruiniert“ war auf der SPIEGEL Bestsellerliste. Twitter: @thinkBTO
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    Verfasst von Daniel Stelter
    Schuldentragfähigkeit Griechenland ist das lauteste, aber nicht das größte Problem der Eurozone - Seite 2 Nach dem Nein der Griechen dürfte es eigentlich keine Zweifel mehr geben, dass die Politik, die seit 2009 das Problem hoher Schulden nur durch billiges Geld und noch mehr Schulden bekämpft hat, gescheitert ist. Es wurde der schlechtesten aller Wege gewählt.

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