Bei der Rettung der europäischen Finanzwelt ist nichts heilig, auch keine Stabilitätsregeln - Seite 3
Und was für „Freuanfälle“ würde dann wohl die in Europa geplante, vergemeinschaftete EU-Einlagensicherung auslösen, bei der auch die deutschen Sparguthaben von zwei Billionen als Sicherheit verwertet würden? Die Anlegerstimmung in Europa wäre wohl ähnlich gut wie bei Fröschen, denen man die Sümpfe trockengelegt hat. Schon jetzt befindet sich Europa in der größten politischen Existenzkrise seit seiner Gründung. Kein Euro-(Geld-)Politiker wird weiteres Öl in das bereits lodernde Feuer der europäischen Verunsicherung gießen.
Wer in Europa eine neue Bankenkrise zulässt, muss mit der Muffe gepufft sein
Da muss also wieder eine typisch europäische Notlüge her, diesmal eine große. Italien will die Kapitalausstattung seiner Banken mit staatlicher Hilfe aufstocken, damit endlich der alte Kredit-Dreck abgeschrieben und in die ewigen finanzpolitischen Jagdgründe überführt werden kann. Aber ist das nicht laut Bankregeln verboten? Ja, aber Not kennt kein Gebot. Europa ist das (sozial-)politische Hemd näher als der regelkonforme Rock.
Erst versprochen, dann gebrochen. Keine Regel ohne Ausnahme. Pragmatismus, dein Name ist Eurozone. Die europäischen Gesetze sind Gummiparagraphen, man kann sie mühelos in die gewünschte Richtung interpretieren. Rund kann auch eckig sein, weiß auch schwarz und Fünfe kann man auch mal gerade sein lassen. Ich bitte Sie, wer will sich da sklavisch an Regeln halten? Dass teuer bezahlte Rechtsanwälte die neuen Regeln der Bankenunion eigentlich für den Mülleimer geschrieben haben, ist doch nur von sekundärer Bedeutung. Sind wir doch bitte nicht so pingelig. Es geht doch um ein höheres Ziel, eine gute Sache, die Rettung europäischer Banken. Und da Italien als großes Land systemrelevant ist, geht es schließlich auch um die Rettung der Eurozone.
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So wird der italienische Banken-Patient die sehr frühe erste Ausnahme von den noch jungen Bankenregeln sein. Und wie steht die EZB als oberste Bankenaufseherin dazu? Sie wird doch dem Glück der Eurozone und seinen Banken nicht im Wege stehen wollen. Damit der italienische Staat die Rekapitalisierung seiner Kreditinstitute schafft, könnte die EZB noch mehr italienische Staatsanleihen aufkaufen. Dass würde nicht zuletzt die italienischen Renditen noch weiter senken. Insgesamt hätte Bella Italia also weder ein Absatz- noch ein Zinsproblem. Alternativ bzw. gleichzeitig könnte die EZB das Abschreibungs- bzw. Eigenkapitalproblem auch pragmatisch lösen. Sie könnte ihr Aufkaufprogramm auf Bankanleihen ausweiten. Und dann ist man doch auch nicht mehr so weit davon entfernt, Not leidende Kredite italienischer Banken in verbriefter Form aufzukaufen. So hat es die Finanzindustrie schon einmal bis 2008 gemacht. Die anschließend passierten schlimmen Folgen blenden wir einfach mal aus. Man will doch keine Spaßbremse sein.