Landeszeitung Lüneburg
Es läuft auf den Steuerzahler hinaus-Bankenexperte Prof. Dr. Burghof über die italienische Bankenkrise und Mario Draghis Rolle dabei - Seite 4
wird, kommt nicht da an, wo es ankommen soll. Damit bleiben nur die
negativen Effekte, und die sind für Deutschland besonders drastisch.
Die Null-Zins-Politik schneidet vor allem kleinen und regionalen
Banken eine wesentliche Ertragsquelle ab, nämlich die der günstigen
Refinanzierung über Kundeneinlagen. Unter den aktuellen
Marktbedingungen müssten sie anstelle einer Zinszahlung an die Kunden
von den Kunden eine Aufbewahrungsgebühr fordern. Im Massengeschäft
ist aber ein solcher Negativzins kaum durchsetzbar, da er die Kunden
sehr verärgern würde, vor allem aber, weil die Kunden das Geld
einfach in bar abheben könnten, was im Ergebnis zu einem Run auf das
Bankensystem und damit zu hohem Schaden für Staat und Gesellschaft
führen würde. Die meisten Banken machen daher mit ihrer
Einlagenfinanzierung schlichtweg Verlust. Dies trifft vor allem die
kleinen, kundenorientierten Institute mit vielen Zweigstellen,
während die großen, am Kapitalmarkt orientierten Banken den
Negativ-Zins durchaus an ihre Finanziers weitergeben können.
Langfristig bewirkt daher die Null-Zins-Politik eine
Strukturveränderung des deutschen Bankensystems, die überhaupt nicht
in unserem Sinne ist: weg von der Dezentralität, weg von der
Mittelstands- und Kunden-Orientierung, hin zu großen Instituten, hin
zu am Ende weniger Wettbewerb in der Fläche.
Konterkariert die Null-Zins-Politik am Ende auch die
Sparbemühungen der Staaten?
Burghof: Rein buchhalterisch stärkt diese Politik die
Sparbemühungen, weil die Staaten keine oder nur geringe Zinsen zahlen
müssen. Aber aus ökonomischer Perspektive muss man auch Politikern
Anreize setzen, das Richtige zu tun. Ein ordentlicher, solider Zins
ist ein solcher Anreiz, weil er den Politikern klarmacht: Wenn du
heute einen Kredit aufnimmst, ist dein finanzieller Spielraum morgen
kleiner. Diesen Anreiz gibt es heute nicht. Manche Politiker und
Journalisten träumen sogar davon, mit der zusätzlichen Kreditaufnahme
Geld zu verdienen.
Die Euro-Gruppe treibt auf der einen Seite die Defizitverfahren
gegen Spanien und Portugal voran, auf der anderen Seite scheint sie
Italien an der langen Leine zu lassen, Haben Sie dafür noch
Verständnis?
Burghof: Nein, denn es ist eine rein politische Geschichte. Die
Defizitverfahren per se sind viel zu langsam. Eine Bestrafung durch
den Kapitalmarkt wäre viel unmittelbarer wirksam, ist aber nicht mehr
erwünscht. Anders ausgedrückt: Was in Europa gemacht wird, ist
asymmetrisch statt ökonomisch - und hängt vor allem vom politischen
Einfluss der jeweiligen Akteure ab.
Das Interview führte
Werner Kolbe
OTS: Landeszeitung Lüneburg
newsroom: http://www.presseportal.de/nr/65442
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_65442.rss2
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Werner Kolbe
Telefon: +49 (04131) 740-282
werner.kolbe@landeszeitung.de
Sparbemühungen, weil die Staaten keine oder nur geringe Zinsen zahlen
müssen. Aber aus ökonomischer Perspektive muss man auch Politikern
Anreize setzen, das Richtige zu tun. Ein ordentlicher, solider Zins
ist ein solcher Anreiz, weil er den Politikern klarmacht: Wenn du
heute einen Kredit aufnimmst, ist dein finanzieller Spielraum morgen
kleiner. Diesen Anreiz gibt es heute nicht. Manche Politiker und
Journalisten träumen sogar davon, mit der zusätzlichen Kreditaufnahme
Geld zu verdienen.
Die Euro-Gruppe treibt auf der einen Seite die Defizitverfahren
gegen Spanien und Portugal voran, auf der anderen Seite scheint sie
Italien an der langen Leine zu lassen, Haben Sie dafür noch
Verständnis?
Burghof: Nein, denn es ist eine rein politische Geschichte. Die
Defizitverfahren per se sind viel zu langsam. Eine Bestrafung durch
den Kapitalmarkt wäre viel unmittelbarer wirksam, ist aber nicht mehr
erwünscht. Anders ausgedrückt: Was in Europa gemacht wird, ist
asymmetrisch statt ökonomisch - und hängt vor allem vom politischen
Einfluss der jeweiligen Akteure ab.
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