Dividendenstripping
Cum-Ex-Deals: Dividendenstripping kostet Fiskus Milliarden - Kanzlei Freshfields mittendrin?
Es ist einer der größten Steuerskandal der deutschen Geschichte: Mit den so genannten Cum-Ex-Geschäften erzielten Anleger umstrittene Gewinne. Rund um den Dividendenstichtag wurde der Fiskus durch komplizierte Aktientransaktionen so ausgetrickst, dass er die einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Dividenden zweimal erstattete. Der damit erschlichene Betrag summierte sich auf mehr als zehn Milliarden Euro, die letztlich im Staatssäckel fehlten.
Großkanzlei Freshfields in Cum-Ex-Geschäfte verstrickt?
Wie das Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ berichtet, spielte die Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer eine größere Rolle als bislang angenommen. Demnach erstellten Freshfields-Anwälte unter anderem für die mittlerweile insolvente Maple Bank über Jahre etliche Gutachten zu diesen Geschäften. Außerdem beriet Freshfields die internationalen Finanzkonzerne Macquarie, Fortis und Barclays. Zum „Beratungsspektrum“ habe das Erstellen von Gutachten gehört, soll das Unternehmen gegenüber „Spiegel“ bestätigt haben. Das Ganze beruhte „auf Grundlage von abstrakt vorgegebenen Sachverhalten. Die Entscheidung über Transaktionsstrukturen und über die Durchführung von Geschäften“ habe beim jeweiligen Mandanten gelegen. Zugleich sollen Anwälte der Kanzlei schon früh Finanzbeamte vor den Cum-Ex-Deals gewarnt haben.
Dem Bericht zufolge hielten im März 2006 sowie 2008 und 2009 der Freshfields-Anwalt Ulf Johannemann, der am kommenden Donnerstag als Zeuge vor den Cum-Ex-Untersuchungsausschuss geladen ist, und ein Kollege ein Seminar an der Bundesfinanzakademie. Dort erklärten sie, wie diese Geschäfte auch unter dem neuen Jahressteuergesetz 2007 funktionieren. Eine der vielen Freshfields-Expertisen für Maple aus dem Jahr 2007 zeige eine Art Kreislaufgeschäft, bei dem über den Dividendenstichtag ausgeliehene Aktien von der Maple-Niederlassung in Großbritannien nach Deutschland und über Maple in Italien wieder zurückgegeben werden können. Auf diese Weise konnte sich die deutsche Niederlassung Kapitalertragssteuer erstatten lassen, die offenbar nicht gezahlt worden war. Freshfields befand den Deal für steuerlich unbedenklich.
Hintergrund:
Dividendenstripping unter inländischen Akteure
Banken und Investoren nutzten jahrelang eine rechtliche Lücke rund um den Dividendenauszahlungstag von Aktien. Die Papiere wurden kurz vor Dividendenausschüttung leer verkauft und kurz nach Dividendentermin wieder gekauft. Sie fragen warum? Ganz einfach: Steuerersparnis. Die auf Dividenden fällige Kapitalertragssteuer in Höhe von 25 Prozent wird bei der Ausschüttung der Dividende einbehalten. Der Aktionär bekommt eine Steuerbescheinigung und kann sich das Geld später vom Fiskus erstatten lassen.
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Nun der Clou: Im Fall des Dividendenstrippings bekamen sowohl der „echte“ Inhaber als auch der Leerverkäufer eine solche Steuerbescheinigung, obwohl de facto nur ein Mal Steuern in Form der Kapitalertragssteuer gezahlt wurden. Allein in diesem Jahr könnten Anleger den deutschen Fiskus um rund fünf Milliarden Euro geprellt haben, schreibt die „WirtschaftsWoche“ unter Berufung auf einer Schätzung des Finanzwissenschaftlers Christoph Spengel, zugleich wissenschaftlicher Berater von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Dividendenstripping mit ausländischen Akteuren
Ausländische Investoren bekommen anders als deutsche Anleger die Kapitalertragssteuer nicht erstattet. Was ist also hier der Trick? Die ausländischen Anleger verkaufen ihre Aktien vor dem Dividendenstichtag an ein deutsches Unternehmen bzw. eine deutsche Bank. Diese erhält die Dividende samt Steuerersparnis und gibt die Aktien danach wieder an den ursprünglichen Besitzer zurück. Doch das Ganze hat einen Haken für die deutschen Partner: Anleger aus dem Ausland sind nicht an das deutsche Steuerrecht gebunden. Somit tragen die deutschen Partner das 100-prozentige Risiko für Steuerrückforderungen und Geldstrafen. Ihr Verdienst am Dividendenstripping? Zumeist eine kleine Prämie, doch auch das kann sich läppern. Mehr zum Thema Dividendenstripping zum Beispiel hier und hier oder auch hier.