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    Broker by Nature - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 10.03.03 01:01:41 von
    neuester Beitrag 12.05.03 14:58:43 von
    Beiträge: 104
    ID: 705.658
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      Avatar
      schrieb am 10.03.03 01:01:41
      Beitrag Nr. 1 ()
      :cool: Mein dritter Versuch, einen Board-Roman zu schreiben. :cool:
      Diesmal sollte es über das Stadium eines Experiments hinausgehen...
      :rolleyes:


      1.
      Als ich eines Morgens aufwachte und plötzlich sagenhafte dreißig Jahre alt war, zog mein ganzes Leben an mir vorbei.
      Anfangs erschien mir alles verschwommen und traumhaft, so dass ich mich fragte, ob ich vielleicht noch schlief, aber dann wurden die Bilder schärfer, und schließlich dachte ich an den Tag, als ich selbst zum erstenmal richtig scharf geworden war.

      Mein Alter betrug 13 Jahre- bekanntlich eine Unglückszahl. Das sollte sich bei mir bewahrheiten, denn schon in diesem Alter mußte ich das Gymnasium wieder verlassen.
      Während ich bereits auf meine Fahrkarte wartete, reiste ein sehr hübsches Mädchen in Gegenrichtung. Nach fleißigem Lernen an der Realschule machte sie den Sprung zum Gymnasium.
      Völlig unvorbereitet auf diese Begegnung latschte ich eines Morgens zum mir verhaßten Sportunterricht in die Trainingshalle und erstarrte.
      Da stand eine Neue.
      Ihre langen blonden Haare wehten wie eine Fahne, als sie sich umsah, wer so spät noch kam. Die anderen kannten mich und kümmerten sich nicht um mein bis zuletzt herausgezögertes Erscheinen.
      Alle außer mir waren bereits vor der Lehrerin in einer ordentlichen Reihe angetreten.
      Die Neue sah genauso aus, wie ich mir die Abschlußprüfung für meine Pubertät vorstellte: groß, schlank, langhaarig, temperamentvoll und zickig.
      Sie rettete meinen Tag.
      Die anderen Mädchen wirkten in der Mehrheit noch sehr kindlich, was mich in Anbetracht hormonellen Drucks immer wieder depressiv stimmte. Diese Neue hatte keinen Babyspeck mehr, und konnte auch schon streng gucken, was sie in meinen Augen aufregend erwachsen aussehen ließ. Als sie nervös das Körpergewicht immer wieder von einem Bein auf das andere verlagerte, und mich dabei angespannt taxierte, explodierte etwas in meinem Kopf, und ich glaubte ein Rennpferd tänzeln zu sehen.
      Vielleicht handelte es sich dabei um einen regelrechten Webfehler meinerseits, denn dasselbe Trugbild sollte mich über zehn Jahre später bei einer Feier am Abendgymnasium erneut befallen.
      An jenem Tag hielt ich dieses blonde Mädchen jedoch für einzigartig. Zum erstenmal war ich wirklich verliebt.
      Wenig später kam es zu einem für meine Biographie ähnlich einschneidenden Erlebnis, denn ich wurde tatsächlich von einem Gymnasten zu weniger degradiert. Einige Lehrer konnten mich einfach nicht leiden. Damit legten sie den dankenswerter Weise den Grundstein zu meinen späteren Erfolgen an der Börse, denn ihre offensichtliche Scheinheiligkeit lehrte mich etwas, das mich schon mit dreizehn Jahren vollständig immun gegen die Versprechungen betrügerischer Börsen-Gurus machte. Früh genug wurde mir die Erkenntnis eingeimpft, dass gut angezogene, äußerst seriös wirkende, eloquente Herrschaften, die ihre Arroganz hinter geheuchelter Freundlichkeit verbergen, im Einzelfall Kretins sind, die Menschen wie uns nur dulden, wenn wir in devoter Haltung malochen wollen, um ihnen auf dem Umweg über die Börse oder andere Institutionen ihr stilvolles Leben finanzieren.
      Am meisten ärgerte mich an meinem Schulwechsel, dass ich mich nicht mehr über langweiligen Unterricht retten konnte, indem ich meinen Blick wohlwollend auf Kim ruhen ließ.
      (Fortsetzung folgt)


      Kommentare zum Text bitte per Boardmail direkt an mich senden. Wenn Interesse an einer öffentlichen Diskussion besteht, richte ich einen seperaten Kritik-Thread ein.
      :D
      Avatar
      schrieb am 10.03.03 02:06:18
      Beitrag Nr. 2 ()
      Mit Verlaub, Wolfsbane, aber dieses Niveau hältst du nicht durch. Auch wenn ich mich jetzt wie einer der Oberlehrer anhöre, die dich veranlasst haben, auf die Realschule zu wechseln, aber wenn du auch nur ein Drittel von dem Behandelst, was in deinem Eingangsposting angedeutet ist, schreibst du in 3 Jahren noch.
      sagt
      Letterking

      PS: Wenn du nicht willst, dass niemand in diesen Thread zum Thema postet, dann leg deine Texte so an, dass das auch nicht passiert.
      Avatar
      schrieb am 10.03.03 09:43:08
      Beitrag Nr. 3 ()
      Die Frage ist- wirst Du in drei Jahren noch mitlesen?

      :look: :laugh: ;)
      Avatar
      schrieb am 10.03.03 14:19:13
      Beitrag Nr. 4 ()
      2.
      Jetzt, mit soeben vollendeten dreißig Lebensjahren, bemerkte ich, dass ich mich nur noch schemenhaft erinnern konnte, wie Kim damals im Sportunterricht ausgesehen hatte. Stattdessen sah ich immer die zwanzigjährige Abendgymnastin Regina vor mir, wie sie, ebenfalls groß, schlank, langhaarig, eine enge Hose tragend und nervös tänzelnd, bei der Weihnachtsfeier ihren Deutschlehrer zu becircen versuchte, wobei sie in jeder Hand ein halbvolles Bierglas hielt, um sich aus beiden abwechselnd den für ihr Plädoyer nötigen Mut anzutrinken.
      An ein anderes weibliches Wesen aus meiner Zeit am örtlichen Gymnasium erinnerte ich mich viel besser als an Kim. Genauso, wie ich einst Kim bewundert hatte, hatte ich Frau Feldmann gehaßt. Die strenge und elitäre Konrektorin, die sich durch rotgefärbte Haare und das Fahren eines Ro80 profilierte, hatte mich oft als "stillen Störer" tituliert und andauernd ihr Credo "Man muß die Spreu vom Weizen trennen" verkündet.
      Frau Feldmann hatte mich noch besser auf die Börse vorbereitet, als alle ihre Kollegen zusammen. Das Motto "Man muß die Spreu vom Weizen trennen" diente mir Grundgedanke meiner Depot-Strategie. Mit dieser Einstellung stieß ich während der Boomjahre der Börse beharrlich sofort jede Aktie ab, die mich enttäuschte.
      Auch die Taten, mit denen Frau Feldmann selbst ihren Leitspruch umsetzte, halfen mir. Sie hatte uns gleich bei der Begrüßung ihr Ziel erklärt, dass nur zwei Drittel der Klasse am Gymnasium bleiben sollten. Die von ihr allein angekündigte Auslese wurde auch von ihr ganz allein realisiert. Schon im ersten Jahr wechselten etliche Schüler zu anderen Schulen, weil sie um ihre Bildung fürchteten, da an unserem Gymnasium ständig Unterricht ausfiel. Ich fand diese häufigen Freistunden sehr erfreulich und mochte Frau Feldmann deshalb anfangs sehr gern, denn selbst als Kind kapierte man schnell, dass der chronische Lehrermangel an dieser Schule nicht nur die Erklärung für Frau Feldmanns Aufstieg zur Konrektorin, sondern auch die Folge desselben war.
      Als nach fast zwei Jahren immer noch mehr als zwei Drittel unserer ursprünglichen Klasse vorhanden waren, griff Frau Feldmann dann offen in den Prozeß der unnatürlichen Auslese ein. Entsprechend ihrer Devise "Die Spreu vom Weizen trennen", mobbte sie jeden Schüler, der sie in irgendeiner Weise überforderte, bis sie schließlich als Ergebnis eine homogene Masse von reinen Lemmingen behielt.
      Diejenigen hingegen, die von Frau Feldmann rücksichtslos abgeschossen wurden, waren eine echte Elite und für mich für den Rest des 1.Bildungswegs als Freunde erste Wahl. Manche von ihnen machten wie ich später doch noch ihr Abitur, oder erklommen durch berufliche Prüfungen hohe Postionen, während die von Frau Feldmann aufopferungsvoll gehätschelten Lieblingsschüler, die alle entweder einflußreiche Eltern oder ein bestechend gutes Aussehen aufwiesen, ebenso oft schon unter ihr unübersehbar versagten.
      Frau Feldmann verdanke ich es, dass ich später an der Börse wiederholt viel Geld mit "Turnaround"-Aktien verdiente. Sie lehrte mich, den Lieblingen hochnäsiger Experten zu mißtrauen, und stattdessen bei den von ihnen abgeschriebenen Namen nach Qualität zu sehen.
      Zugeben, manche der von Frau Feldmann geschaßten Leute waren wirklich mehr als seltsam. Einige von ihnen erlebten einen ungebremsten Abstieg ins absolute Nichts, nachdem sie durch den Abschied vom Gymnasium um die Chance einer glänzenden geisteswissenschaftlichen Karriere gebracht waren, für die sie in idealer Weise prädestiniert gewesen wären, weil sie die Begabung besaßen, völlig zweckfreie, riesige Mengen dubiosen Wissens anzusammeln und damit herrlich zu protzen. Sie waren brilliante Erzähler, mit denen man sich nie langweilte, weil sie anscheinend alles wußten, und weil ihnen nie der Gesprächsstoff ausging, denn sie beachteten weder Widersprüche, noch irgendwelche allgemeinen Gesetze der Logik, sondern konnten sich frei davon völlig auf Rhetorik und brilliante Übergänge konzentrieren.
      Dadurch, dass ich mich zeitweilig speziell mit diesen von Frau Feldmann aussortierten Jugendlichen beschäftigte, durchschaute ich später als Spekulant alle sogenannten "Internet-Gurus", die nach einem Bachelor-Abschluß in Geisteswissenschaften die "New Economy" propagierten. Ich wußte schon, dass es Menschen gab, die sehr eloquent waren, aber trotzdem nicht logisch denken konnten, und so aufrichtig wirkten, weil sie ihren eigenen Blödsinn fanatisch glaubten. In der Hand skrupelloser Investment-Banker, die mit Hilfe nützlicher Idioten äußerst einträgliche Geschäfte machten, waren sie das ideale Werkzeug, um biederen und autoritätsgläubigen Handwerkern die Ersparnisse abzuschwatzen.
      Nein, mittlerweile hasste ich Frau Feldmann nicht mehr.
      Meine Freundin besaß mehr Ähnlichkeit mit ihr als mit Kim.
      Sie liebte mich.
      (Fortsetzung folgt)


      P.S. Das ist in etwa mein normaler Schreibstil. Ich habe aufgehört, Romane von Piepenheuer & Witz zu lesen.
      :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 11.03.03 01:02:04
      Beitrag Nr. 5 ()
      3.
      Kim enttäuschte mich. Ihr Wechsel von der Realschule zum Gymnasium war nicht aus Mut und Ehrgeiz, sondern nur ihrer besten Freundin zuliebe erfolgt. Meine Versuche, sie anzusprechen, scheiterten stets daran, dass sie weglief, um ihre Freundin um Rat zu fragen, oder dass sie sich gleich physisch hinter ihr versteckte.
      Kims Freundin haßte mich. Sie war sehr besitzergreifend und wollte keinen Einfluß, der ihr Diktat in Frage stellte. Sie kannte in ihrer Nachbarschaft einen Jungen, der im Gegensatz zu mir ebenfalls auf sie hörte, und schon länger als ich vergeblich um Kims Gunst rang. Ausserdem betrachtete sie mich als Versager, da Frau Feldmann meine Mitschüler damit beeindruckte, dass mich bei jeder Gelegenheit vor der ganzen Klasse möglichst dumm aussehen ließ. Das war vielleicht das stärkste Argument gegen mich, denn Kim wollte Teil der Mehrheit sein, und auf keinen Fall mit einem Außenseiter in Verbindung gebracht werden.
      Irgendwann kapierte ich, dass ich mich verspekuliert hatte und meine Gefühle in eine hoffnungslose Sache investierte. Wenn ich meine Frustration nicht endlos ausufern lassen und mich seelisch ruinieren wollte, mußte ich mir meine Fehler eingestehen und mich zurückziehen.
      Einige meiner Freunde denunzierten mich als willensschwachen Weichling, weil ich das Werben um Kim aufgab, aber ich ließ mich nicht beirren. Schließlich gab es auf meiner Watchlist noch andere Mädchen, die mich vielleicht positiv überraschten.
      Jetzt, mit dreißig Jahren war ich Kim dankbar, dass sie mir die Grenzen der Willenskraft aufgezeigt hatte, denn
      so war ich auf das wichtigste Überlebensprinzip der Börse gestoßen. Erfolglose Broker handelten oft mit denselben Aktien wie die besseren Kollegen, aber sie ruinierten sich, indem sie an Fehlspekulationen festhielten und ihr Pech überhand nehmen ließen. Der Unterschied zwischen Gewinnern und Verlieren bestand darin, dass Gewinner wußten, wann sie aufhören und etwas Neues suchen mußten.
      (Fortsetzung folgt)

      :cool:

      Anders als noch bei "Meine Frauen und meine Aktien" ist der Kinderkram hier bewußt gerafft, und der Bezug zur Börse gleich erkennbar. Gut, oder?
      :confused:

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      Avatar
      schrieb am 11.03.03 14:57:56
      Beitrag Nr. 6 ()
      4.
      Kim blieb für mich das attraktivste Mädchen meiner Umgebung. Bei Familienfeiern im benachbarten Bundesland lernte ich zwar durch meine Vettern und Kusinen jedesmal ebenso hübsche und viel, viel nettere Mädchen kennen, die auch unvergleichlich besser auf mich reagierten, aber aus geographischen Überlegungen kam ich jedesmal früher oder später wieder auf Kim zurück.
      Jedesmal, wenn ich wochenlang nicht aus der Stadt gekommen war, fand ich Kim erneut echt heiß.
      So handelte ich schließlich auch- wie bei "Hot Stocks"...
      Wenn ich später als Spekulant bestimmte "Hot Stocks" nicht bekommen konnte, setzte ich sie auf meine "Watchlist", versuchte mir von Insidern zusätzliche Informationen zu holen, und wartete auf eine günstige Gelegenheit
      Als ich merkte, dass ich Kim nicht bekommen konnte, obwohl ich es täglich versuchte, verlegte ich mich ebenfalls auf das Beobachten, freundete mich über den Konfirmanden-Unterricht mit ihrem Nachbarn an, der mir viel Neues über sie erzählen konnte, und lauerte darauf, mich bei Gelegenheit als Tröster oder so an sie heranmachen zu können.
      Ihr Nachbar hieß Jens-Uwe und war ein begeisterter Schachspieler. Meistens setzten wir uns nach draußen und spielten auf der Terasse seines Elternhauses. Ich postierte mich stets so, dass ich den Eingang von Kims Elternhaus im Blick hatte. Natürlich tat ich immer, als wenn es mich nicht interessierte, ob sie kam oder ging. Nachdem sie sich mehrmals zu seiner Belustigung bei meinem neuen Kumpel beschwert hatte, tat sie schließlich ebenfalls, als wenn es uninteressant war, ob ich sie beobachten konnte.
      Ich wertete das als ersten Schritt zur Akzeptanz.
      Wenigstens lief sie nicht mehr schreiend davon, wenn sie mich in ihrer Nähe entdeckte.
      Einige Monate, nachdem ich Frau Feldmanns Gymnasium verlassen hatte, überraschte mich Jens-Uwe mit der merkwürdigen Frage, ob ich mir Kim nach wie vor als Freundin wünschte.
      "Nicht um jeden Preis", antwortete ich.
      "Wie meinst du das?"
      "Früher hätte ich alles dafür getan", sagte ich. "Aber jetzt müßte sie schon deutlich Interesse signalisieren, damit ich zu ihr komme. Falls wir zusammen sind, darf sie mich kein einziges Mal so behandeln, wie sie es früher für normal hielt, oder es ist vorbei, und zwar für alle Zeiten."
      "Deine Liebe zu ihr ist aber neuerdings ziemlich begrenzt."
      "Jau", sagte ich. "Das kannst du ihr meinetwegen auch bestellen."
      Das war, lange vor meinem Debüt an der Börse, mein erster Auftrag mit "Limit".
      ;)
      (Fortsetzung folgt)
      Avatar
      schrieb am 11.03.03 16:18:11
      Beitrag Nr. 7 ()
      :D
      Avatar
      schrieb am 12.03.03 11:43:34
      Beitrag Nr. 8 ()
      Jens-Uwe war, wenn man meinen Lehrern glauben durfte, das absolute Gegenteil von mir. Meine Lehrer erklärten nämlich meinen kompletten Charakter, sämtliches von Gleichaltrigen abweichendes Verhalten und alle meine Probleme damit, dass ich ein Einzelkind war.
      Einzelkind.
      Darauf reduzierte sich alles.
      Sonst war ich nichts.
      Nur ein Einzelkind, Einzelkind, Einzelkind.
      Darum war mein Vater nur einmal zu meinem Gymnasium gegangen.
      Darum war meine Mutter froh, dass ich auch nicht mehr zum Gymnasium ging.
      Einzelkind.
      Dieses Wort war wie ein Fluch. Die Lehrer konnten überhaupt nicht erklären, was mir als Einzelkind fehlen sollte, sondern nur gebetsmühlenartig immer wieder denselben Satz repetieren: "Er ist ein Einzelkind."
      Darum waren Adam und Eva in Wirklichkeit aus dem Paradies geflogen- weil Einzelkinder sich "sowieso" nie "anpassen" konnten!
      Jens-Uwe war ein Mittelkind.
      Er hatte eine ziemlich arrogante ältere, und eine etwas verwöhnte und manchmal erschreckend launische kleine Schwester. Wenn ich sah, wie die beiden mit ihm umgingen, fragte ich mich oft, ob er überhaupt irgendwelchen Stolz besitzen konnte. Ich hasste seine große Schwester, die stets stichelte, und fürchtete mich vor der Kleinen, die auf jede kleine Zurückweisung mit einer großen Szene reagierte. Andererseits machte ihn das für mich zu einem hervorragenden Ratgeber, denn die Erfahrungen, die er im täglichen Kampf gewonnen hatte, ließen sich auf die beiden Mädchen übertragen, über die ich mich am meisten ärgerte, nämlich jenes kleine Monster, das mich bei Kim sabotierte, und und Kim selbst.
      Jens-Uwe hatte es geschafft, Kims beste Freundin auf seine Seite zu ziehen, indem er sie trotz ihres ekligen Charakters wie seine ältere und tatsächlich noch ätzendere Schwester behandelte. Abgesehen davon spielte er bei Kim den verständnisvollen, großen Bruder, wobei er genau wie ich darauf lauerte, dass sie eines Tages auf irgendeine Weise abstürzen und bei ihm intensiven Trost suchen würde.
      Meine Strategie bestand darin, Kim wie eine Erwachsene zu behandeln, bis sie wirklich erwachsen wurde, und jemanden suchte, der das schon immer akzeptiert hatte. Dann würde ihre beste Freundin mich nicht mehr blockieren können, denn aus Büchern über Psychologie wußte ich, dass solche Freundschaften wie die zwischen ihr und Kim in dieser Phase meistens zerbrachen.
      Weil wir durch völlig verschiedene Systeme konkurrierten, und dem anderen weder echten Erfolg, noch die Aussicht darauf zutrauten, konnten wir trotz allem Freunde sein. Das zeigte sich besonders, als Kim und ihre Freundin sich vor unseren Augen mit zwei fremden, viel älteren und reichlich prolligen Jungs einließen, was wir zunächst von der Terasse, und dann unter Zuhilfenahme leichter technischer Hilfsmittel aus Jens-Uwes Baumhaus kontrollierten.
      Was ich damals als Trauma erlebte, erwies sich an der Börse als gute Lehre.
      Konkurrierende Firmen, die völlig unterschiedliche Systeme oder Philosophien vertraten, und deren Fans sich möglicherweise auf das Bitterste befehdeten, arbeiteten in Wirklichkeit oft auf wichtigen Gebieten zusammen. Konkurrierende Computerfirmen bastelten in gemeinsamen Labors an neuen Chips, und konkurrierende Autohersteller kauften sich gegenseitig große Mengen von Motoren ab. Das hieß dann "Kooperation" oder "Joint-Venture". Ich fiel nie auf Werbekampagnen herein, die an bedingungslose Solidarität für eine bestimmte Herstellermarke appellierten, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Empfehlung für die Produkte, oder für die Aktien dieser Firma handelte.
      Wenn ich an der Börse von einer für stark gehaltenen Firma schlechte Nachrichten hörte, zog ich mich stets aus der ganzen Branche zurück, statt daraus einen Erfolg des größten Widersachers zu vermuten. Kim hatte die Erkenntnis in meinen Verstand eingebrannt, dass Parteien, die einen Markt und alle Erfolgsaussichten unter sich aufgeteilt hatten, durch unvorhergesehene Entwicklungen plötzlich gemeinsam am Ende sein konnten...

      (Fortsetzung folgt)
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 12.03.03 12:44:03
      Beitrag Nr. 9 ()
      Schade, daß man hier nicht mehr posten soll! Davon haben die Sräds eigentlich gelebt....
      Naja, schade!
      :(
      Myriam
      Avatar
      schrieb am 12.03.03 16:06:31
      Beitrag Nr. 10 ()
      @ myriamsteph

      Kurze Kommentare, wie ich sie von Dir kenne, sind okay. Aber wenn lange Vorträge oder komplizierte Fragen kommen sollen, dann mache ich lieber nach dem Vorbild vom Action-Forum einen Extra-Thread auf- und zwar als Zeichen der Wertschätzung meiner Leser...
      :look: :cool:
      Avatar
      schrieb am 13.03.03 10:19:41
      Beitrag Nr. 11 ()
      6.
      Jens-Uwes Frustration über die beiden verhaltensgestört wirkenden Halbstarken, die immer rauchend auf elend laut knatternden Mofas an uns vorbei zu Kim oder ihrem Schutzdrachen paradierten, fiel gewaltig aus. Er war intelligenter als ich, aber genau darum wurde er mit Enttäuschungen schlechter fertig. Wenn er etwas wollte, dann wollte er es unbedingt, egal wie aufwendig oder intensiv er sich dafür anstrengen mußte. Seine Einstellung gab ihm überraschend viele Ideen, sowie die manchmal unerschöpflich wirkende Energie, sie alle umzusetzen, und solange er kämpfte, war er gegen Frustration immun, aber wenn er in einer Angelegenheit nicht mehr weiter wußte, fühlte er sich gänzlich besiegt und wertlos.
      Ich fühlte mich schneller geschlagen, kam aber leichter damit klar. Das zeigte sich sogar beim Schachspielen. Wenn ich wiedermal meine Dame verloren oder mir sonstwie unaufholbaren Nachteil eingehandelt hatte, gab ich die Partie gleich auf, um möglichst rasch eine neue zu beginnen. Jens-Uwe hielt das für feige und ganz unehrenhaft, denn er meinte, man müsse bis zum Matt weiterspielen.
      In einem seltenen Anfall von Offenheit gestand er schließlich, dass auch er Kim sehr attraktiv fand. Darüber hinaus hatte er ebenfalls hauptsächlich ihretwegen mit dem Schachspielen begonnen, denn ihr Vater spielte Schach und lud Jens-Uwe deswegen manchmal ein. Beide benutzten wir das angebliche Hobby, um in ihr Revier zu gelangen und sie aus der Nähe zu sehen.
      Unter dem ersten Schock diskutierten wir ganz offen darüber, was die immer hochnäsig auftretende Kim dazu bewog, ausgerechnet solche Underdogs an sich heran zu lassen.
      Einen Moment war es es vergessen, dass er in ihr angeblich nur eine kleine Schwester sah und ich sie nur noch dann haben wollte, wenn sie sich mir unterordnen würde.
      Ich fand es immerhin positiv, dass Kim keineswegs auf Gymnasiasten fixiert war, zu denen ich neuerdings nicht mehr gehörte. Jens-Uwe reagierte darauf ausgesprochen zornig, denn er hielt es sowieso für egal, ob jemand das Gymnasium besuchte.
      Jens-Uwe meinte, dass viele Mädchen ältere Jungs bevorzugten, weil sie sich davon versprachen, daß diese größere Erfahrung hätten.
      Ich hielt die beiden Angeber und Sitzenbleiber für asoziale blöde Wichser, die sich an kleine Mädchen hielten, weil sie von gleichaltrigen Mädchen für ihr lächerliches Macho-Getue nur ausgelacht wurden.
      Jens-Uwe protestierte sofort heftig, weil er meinen Worten entnahm, dass ich Kim anscheinend für dumm hielt.
      "Jau", sagte ich.
      "Ich werde mich jetzt noch mehr anstrengen, auch möglichst viele Erfahrungen zu sammeln", sagte er nachdenklich.
      "Meinst du, du musst dich erst qualifizieren?", fragte ich.
      "Kann schon sein."
      "Ich war schon einmal mit einem Mädchen im Bett."
      "Was?"
      "Ja, aber ihr Vater hat mich rausgeschmissen."
      "Wann hat er das denn gemacht?"
      "Vor ein paar Monaten", sagte ich wahrheitsgemäß.
      "Nein, das meine ich nicht! Wie weit bist du gekommen?"
      "Ach, vergiß es!", brüllte ich. "Das einzige, was die beiden Stinker uns voraushaben, sind breite Schultern und dickere Arme!"
      Nach dieser Aussprache verfolgten wir wieder völlig unterschiedliche Methoden, um bei Mädchen besser anzukommen. Jens-Uwe baggerte jedes Mädchen an, das gerade keine ansteckende Krankheit hatte, und versuchte sich den Ruf eines Casanova aufzubauen, während ich mich bemühte, meine Unsportlichkeit zu überwinden und Muskeln aufzubauen.
      Doch im Prinzip waren wir uns absolut einig- man(n) mußte das tun, was notwenig war, um zu den Gewinnern zu gehören.
      Ohne "Wenn" und "Aber".
      An der Börse formulierte man es so:
      "Der Markt hat immer Recht."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 13.03.03 23:27:48
      Beitrag Nr. 12 ()
      In vielem benahm ich mich mit 13 Jahren schon genauso wie später mit 30 Jahren. Ich probierte ständig neue Kraftübungen aus, um wie ein 18-jähriger auszusehen, spekulierte und recherchierte.
      Ich hatte nur noch kein Bodybuilding-Studio, kein Aktien-Depot und kein Internet.
      Ich hatte einen Trimm-Dich-Pfad, Briefmarken, Comics, und einen Ausweis für die Erwachsenenabteilung der Stadtbücherei.
      Um sportlich zu werden, ging ich wie immer systematisch vor. Ich dehnte allmählich meine Fahrradtouren aus und besuchte zwei Trimm-Dich-Pfade abwechselnd, wobei ich jedesmal soviele Klimmzüge wie möglich machte, was anfangs ein einziger pro Tag war. Bei schlechtem Wetter übte ich Liegestütz. Nach ein paar Wochen schaffte ich regelmäßig mehr als einen Klimmzug und stellte für die Liegestütz jedesmal die Füsse auf einen Stuhl. Jens-Uwe fand das alles total bescheuert, obwohl ich schon immer stärker als er gewesen war. Ich fand, dass ich keine Erlaubnis von ihm brauchte.
      Mit den Briefmarken ging es mir bereits wie später mit Aktien. Ich fand es ermüdend sinnlos, dass es ungefähr Millionen verschiedener gab, die größtenteils Schund waren, und mit dem man meinesgleichen nur blenden und ausnehmen wollte.
      Nach und nach tauschte ich meine Briefmarken gegen alte Comics ein. Das Sammeln von Comics war noch nicht so verbreitet, obwohl in Illustrierten immer wieder über seltene Hefte berichtet wurde, die bei Sammlern fantastische Preise erzielten. Ich kannte jemanden, der regelmäßig in die Großstadt kam und dort in einem Laden für Secondhand-Artikel nach selten werdenden Comics Ausschau hielt. Eine der Serien, die er selbst sammelte, hieß "Illustrierte Klassiker" und präsentierte Zusammenfassungen berühmter Romane und Theaterstücke. Wenn er die sah, kaufte er sie sofort. Wenn er dann zu Hause feststellte, dass er die betreffende Nummer bereits besaß, verglich er die Exemplare und gab das schlechter erhaltene an mich ab. Meistens handelte es sich um Hefte, die in Sammler-Katalogen noch keinen besonderen Kurs erzielten, aber er ich war jünger als er und konnte darum länger warten. Meine Sammlung war schon allein darum eine gute Investition, weil ich nun in der Schule mitreden konnte, wenn die Lehrer über Theaterstücke wie "Hamlet" oder "Faust" sprachen, obwohl ich nie ins Theater gegangen wäre, oder mir die Originale in komplettem Umfang und ohne Bilder durchgelesen hätte. Meine Mitschüler hassten mich für meinen überschätzten Bildungsvorsprung, aber schließlich beschäftige ich mich in meiner Freizeit nicht nur mit Lesen, sondern ebenso intensiv mit Muskeltraining.
      Natürlich las ich nicht nur Comics.
      Ich las auch richtige Bücher.
      Die Kinder- und Jugendlichenabteilung unserer kleinen Stadtbücherei kannte ich mit dreizehn schon fast auswendig. Zum Glück kamen meine Eltern schließlich ebenfalls auf die Idee, sich Bücher auszuleihen. Da sie beide arbeiteten und ich sowieso fast jeden Tag zur Bibliothek radelte, spannten sie mich schließlich als Boten ein. Als Belohnung erbat ich mir, in der Erwachsenenabteilung, die sich ein Stockwerk höher befand, auch Bücher für mich selbst ausleihen zu dürfen.
      Sie fanden das okay.
      Zuerst sah man mich mißtrauisch an, als ich in das obere der beiden Stockwerke ging, aber nachdem ich ein paarmal mit der Karte meiner Eltern Krimis und Frauenromane ausgeliehen hatte, wurde ich akzeptiert. Der Eintritt zur Erwachsenenbibliothek verschaffte mir mehr Glücksgefühle als später mein Internetzugang. Dort war alles umsonst, gut geordnet, frei von Werbung, und konnte gleich mitgenommen werden. Im Internet mußte ich später für jede Minute Aufenthalt bezahlen, obwohl ich den größten Teil der Zeit dafür brauchte, in einem riesigen Haufen Müll zu wühlen und immer wieder auf das Laden blöder Werbung zu warten, und obwohl ich mühsam aufgestöberte Informationen erst noch selbst auszudrucken hatte...
      Damals kriegte ich sofort alles, was ich brauchte.
      Ich entlieh Bücher über Schach, um nicht mehr jede Partie gegen Jens-Uwe zu verlieren, ich entlieh Bücher über Krafttraining, um Kim bald mit breiten Schultern beeindrucken zu können, ich entlieh Bücher über Körpersprache, um den Mädchen auch auf sehr lauten Feten klare Signale geben zu können, und dann schließlich entdeckte ich die Romane von Henry Miller.
      Während meine Eltern meinten, dass ich für mich selbst nur Bildbände über Landschaften und Tiere holte, meinten die Bibliothekarinnen, meine Eltern würden Schweinkram lesen.
      Eines Nachmittags kam mir Benzman, ein ehemaliger Mitschüler vom Gymnasium, entgegen, als ich die Treppe zur Erwachsenenabteilung hochging. Er lieh jetzt auch Bücher für seine Eltern aus, weil es eine neue Bibliothekarin gab, die überraschend jung und gut aussah.
      "Echt?", fragte ich ungläubig.
      "Ja, wirklich. Die hat eine niedliche Nase, lange blonde Haare, eine gute Figur, und trägt immer schön enge Sachen."
      Nachdem wir uns wieder getrennt hatten, stellte ich fest, dass es tatsächlich eine Neue gab, die zudem seiner Beschreibung entsprach. Sie wirkte sehr hübsch, wenn sie auf ihrem Stuhl saß, aber natürlich stellte ich mich solange blöd, bis sie aufstand.
      Ich fragte nach Büchern über Schach, ließ mir erklären, wo sie zu finden waren, lief aus ihrem Sichtfeld, ging ein bischen hin und her, und kehrte schließlich mit ärgerlicher Miene zurück.
      "Da ist nichts", sagte ich.
      "Die müssen da aber sein."
      Es sah süß aus, wenn sie ihre Nase kraus zog. Bestimmt guckte sie genauso, wenn sie "Gib es mir! Gib es mir!" sagte.
      "Da ist nix!"
      "Muss aber."
      "Nix."
      Endlich stand sie auf. Ich liess sie vorgehen. Ihre Hose war wirklich eng, und die Naht sass genau richtig. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr lassen.
      "Ach so", sagte ich, als sie stehenblieb und triumphierend auf das entsprechende Regal zeigte.
      Statt sich mit mir zu unterhalten, kehrte sie zügig zu ihrem Tisch zurück. Schade, dass sie mich nichts gefragt hatte. Aber vielleicht würde sie das tun, wenn ich ihr die Antwort zeigte. Ich brauchte nur kurz in einem Bildband über Marylin Monroe zu blättern, und meine Hose wurde ebenfalls eng. Dann legte ich ihr am Ausgabetisch meine Schachbücher vor. Ich stellte mich so hin, dass meine Erektion unübersehbar war.
      Ich überlegte, ob ich beim nächstenmal eine noch weitere Hose anziehen und die Unterplinte weglassen sollte, damit sich meine Persönlichkeit noch offensichtlicher entfalten konnte.
      Die neue Bibliothekarin wurde rot. Das paßte sehr schön zu ihrem goldblonden Haaren und ihrem schwarzen Pulli.
      "Sie sind bestimmt stolz, Deutsche zu sein, oder?"
      "Warum?", fragte sie.
      "Weil sie gerade die Nationalfarben tragen."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 13.03.03 23:52:18
      Beitrag Nr. 13 ()
      wer soll das lesen :(
      Avatar
      schrieb am 14.03.03 03:36:34
      Beitrag Nr. 14 ()
      ich :lick:
      Avatar
      schrieb am 14.03.03 03:37:37
      Beitrag Nr. 15 ()
      Publikum beschränkt sich auf 1 Zeile und 1 Smilie pro Post :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 14.03.03 08:18:02
      Beitrag Nr. 16 ()
      Naphta 13? Wer ist Naphta 13?
      :confused:
      Avatar
      schrieb am 14.03.03 13:26:55
      Beitrag Nr. 17 ()
      8.
      Attraktive erwachsene Frauen in Verlegenheit zu bringen, verschaffte mir eine gewisse Befriedigung, und ich fühlte dabei keinerlei Reue, denn schließlich dienten diese Übungen einem guten Zweck, nämlich mein Selbstvertrauen zu erhöhen. Wenn die Damen sich beschweren wollten, sollten sie doch zu Kim gehen, die mich auch immer wieder ärgerte und damit die Ursachen meiner Unausgeglichenheit verschuldete.
      An manchen Tagen wurde die ältliche Inhaberin meiner Lieblingsbuchhandlung durch eine schlanke und langhaarige Studentin vertreten, die eine sehr erotische Stimme besaß. Selbst wenn sie nur einen Buchpreis vorlas, hörte es sich an, als würde sie stöhnen oder seufzend Oralverkehr anbieten. Besonders geil klang ihre Stimme, sofern sie sich tatsächlich ein wenig aufregte. Ich schaffte das regelmäßig, indem ich so lange in den zum Verkauf stehenden Büchern las und blätterte, bis sie sich ärgerlich erkundigte, ob ich einen bestimmten Titel suchen würde. Natürlich bejahte ich das stets. Da ich mir in der Stadtbibliothek ständig populärwissenschaftliche Sachbücher auslieh, die im Anhang ausführliche Quellennachweise enthielten, konnte ich stets mehrere Titel von in der Vorkriegszeit erschienenen Werken angeben, die, wie ich mich natürlich vorher sorgfältig überzeugte, hier nicht im Sortiment waren. Sobald ich einen Zettel mit einem Autor und einem Buchtitel nach ausgiebiger Suche aus meiner Hosentasche fischte, spielte sich das gleiche Ritual ab. Die Aushilfe ging mit mir in einen kleinen, auch als Lager benutzten Raum, wo ich die Enge als Vorwand nutzen konnte, um einen intensiven Eindruck von ihrem Parfüm zu erhaschen, hievte seufzend zwei gewaltige, in dickes Leder gebundene Buchkataloge des Grossisten aus einem Regal, welches hoch genug war, das sich jedesmal ihr Busen hob, wenn sie sich danach streckte, und beugte sich dann über ein klappriges Pult, wobei ich mindestens einmal versuchte, wie zufällig ihren Po zu streifen. Der eine der Kataloge war nach Titeln, und der andere nach Verfassern geordnet. Wenn sie nach dem genannten Werk suchte, warf sie während des Blätterns meistens ein paarmal die Haare zurück. Manchmal wurde ich davon getroffen, weil ich so interessiert über ihre zarte Schulter sah. Fand sie zu meinem Schrecken einen der Titel, handelte es sich um Neuauflagen, die ich aus irgendwelchen Gründen ablehnte. Als ich den Reiz dieser gemeinsamen Aktionen zu optimieren versuchte, indem ich sie nach Büchern mit sexueller Thematik suchen ließ, wurde sie allmählich spröde und schickte mich immer allein in den kleinen Raum, um dort meine seltsamen Bücher zu suchen. "Du weißt ja inzwischen, wie es geht." Ich hätte ihr gern gezeigt, von wie vielen Dingen ich längst wußte, wie sie gingen, aber schließlich begegnete ich auch an den eigentlich guten Tagen im Laden nur noch der grauhaarigen, strengen Inhaberin, die inzwischen noch strenger wirkte, und speziell mich meistens auf eine Weise ansah, die mich vermuten ließ, das sie mir meine Jugend neidete.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 15.03.03 02:43:07
      Beitrag Nr. 18 ()
      cool :cool:
      Avatar
      schrieb am 15.03.03 09:58:23
      Beitrag Nr. 19 ()
      9.
      Im Rückblick erschien mir die Erinnerung an mein einstiges Verhalten wie eine Fabel.
      Mittlerweile faszinierten mich Aktien statt Bücher; aber an der Börse verhielt es sich nicht viel anders als damals in der Buchhandlung. Ich besass immer noch viel zu wenig Geld, um genug kaufen zu können. Wenn ich eine gute Investion erkannte, konnte ich nicht fett genug einsteigen, um richtig abzusahnen. Für dicke Bücher reichte es jetzt, aber dicke Aktiengewinne ohne Risiko waren für mich immer noch unerreichbar. Ich mußte froh sein, dass ich mich mit meinem geringen Mitteln überhaupt an der Börse halten konnte. Ich war körperlich ausgewachsen, aber wegen meines relativ geringen Kapitals war ich zumindest an der Börse nach wie vor einer von den Kleinen. Ich konnte nur geduldig hoffen, dass ich in ein paar Jahren zu den Großen gehören würde. An den Träumen, die die Großen sich jetzt schon wahrmachten, durfte ich allenfalls schnuppern. Wie früher die Studentin in der Buchhandlung, beobachtete heute eine Anlageberaterin in der Sparkasse meine Bemühungen, dabei zu sein und und fehlendes Kapital durch Wissen zu kompensieren.
      Natascha, meine Freundin, ermahnte mich ohnehin ständig, mich von der Börse zurückzuziehen. Wenn ich nicht bald auf sie hörte, würde sie mich verlassen.
      Aber darüber wollte ich an diesem Tag nicht nachdenken.
      Ich sah lieber weiter zu, wie die Bilder aus meiner Kindheit an meinem geistigen Auge vorbeizogen.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 16.03.03 10:50:04
      Beitrag Nr. 20 ()
      10.
      Eines Nachmittags kam ich mit Benzmann ins Gespräch, als er gerade in der Stadtbücherei im bereits sehr zerfledderten Bildband über Marylin Monroe blätterte.
      "Nicht schlecht, was?", fragte ich.
      "Das war wenigstens noch eine echte, richtige Frau", sagte er.
      "Vielleicht ein wenig pummelig..."
      "Ja, stimmt, die Frauen heutzutage im PLAYBOY sehen noch besser aus."
      "Jau", sagte ich.
      "Ein Freund von mir hat drei noch ziemlich neue, komplette Jahrgänge des Playboy."
      "Ja? Wie alt ist er denn?"
      "So alt wie wir. Sein Bruder hat ihm die geschenkt."
      "Als Einzelkind ist man wirklich immer benachteiligt", klagte ich.
      "Ja."
      "Jau."
      "Seltsam, den PLAYBOY geben einen die Verkäuferinnen nicht, aber die billigen Tittenblätter können sogar wir kaufen."
      Das stimmte. Die Zeitschrift, die Frauen rein künstlerisch fotografierte, und den Rest der Seiten mit guten Reportagen und witzigen Kurzgeschichten füllte, wurde uns in den Geschäften verweigert. Die Illustrierten, die auf billigem Papier weniger schöne Frauen in eindeutigen Positionen zeigten und begleitend Ratschläge zu sexuelle Variationen druckten, konnten wir kaufen. Das einzig Tröstliche an dem Dilemma war, dass sich die kleinen Fotos aus den Schundmagazinen sauber ausschneiden und in meinen Briefmarkenalben sammeln ließen. Meistens blätterte ich darin, wenn ich Henry Miller las, und nach seitenlangem Geseier über alles Mögliche endlich wieder eine handfeste Pornoszene gefunden hatte, die ich mir mangels Erfahrung ohne Bilder noch nicht richtig vorstellen konnte.
      "Trotzdem hättest du diese Tittenblätter nicht zu den Schulpausen mitbringen und im Aufenthaltsraum durchblättern sollen", sagte Benzmann.
      "Das habe ich nur aus Protest gemacht, weil man mich immer davon abhielt, stattdessen in den Pausen meine Hausaufgaben zu machen."
      "Hausaufgaben sind eben für nachmittags", sagte er.
      "Du siehst doch, was ich nachmittags mache!"
      "Ja", gab er zu, "aber in der Schule bringt dir das nichts, und an deiner neuen Schule kannst du deine Hausaufgaben nicht in den Pausen machen, denn dort müssen in den Pausen alle Schüler nach draußen auf den Schulhof."
      "Die Lehrer bei euch mochten mich sowieso nicht", sagte ich abwinkend.
      "Wie hast du es übrigens geschafft, wochenlang immer mit einer Fahne zum Unterricht zu kommen?"
      "Mein Vater hat sich von einem Kollegen eine Ladung Rotwein andrehen lassen, die angeblich irgendwo vom LKW gefallen war, und die er angeblich mit gutem Gewinn weiterverkaufen konnte. Da mein Vater das Zeug aber doch nicht loswurde und meine Eltern selber auch keinen Wein mögen, stand das Zeug bei uns sinnlos rum. Also habe ich ab und zu eine Flasche für mich abgezweigt, bis die Lehrer petzten und meine Eltern nachzählten."
      "Zuletzt warst du aber manchmal echt total breit!"
      "Aber nicht vom Alkohol", sagte ich. "sondern weil ich den Lehrern zu zappelig war. Die haben meine Mutter vor die Wahl gestellt, sich nach einer anderen Schule für ich umzusehen, oder mit mir zum Arzt zu gehen, damit der mich mit Medikamenten ruhigstellt. Von dem Zeug, das der mir gab, wurde ich völlig wishiwashi und ballaballa."
      "Und was hat dein Vater dazu gesagt?"
      "Der geht nie zum Gymnasium. De sind ihm da alle zu arrogant. Er will sowieso lieber, dass ich später wie er einen Beruf mache, wo man arbeitet."
      Benzmann nickte. "Meiner ist genauso." Dann sah er die Schachbücher unter meinem Arm. "Ich spiele auch Schach." Er legte den Bildband fort und zeigte mir ebenfalls ein Schachbuch. "Spielst du auch immer gegen deinen Vater?"
      "Mein Vater spielt kein Schach. Er sagt, das ist nur ein Spiel für Studierte, aber nicht für Menschen, die arbeiten."
      "Und gegen wen spielst du dann?"
      "Gegen Jens-Uwe. Den kennst du vielleicht aus dem Konfirmanden-Unterricht."
      "Ist das der, der dann immer neben Kim sitzt?"
      "Jau. Im wirklichen Leben ist er auch ihr Nachbar. Er wohnt schräg gegenüber."
      "Hatte der wirklich eine Freundin, die drei Jahre älter war?", fragte er weiter.
      "Ja, so eine häßliche Ziege", antwortete ich. "Aber er meint, die hätte ihm in den gemeinsamen Monaten viel beigebracht."
      "Wann spielt ihr den immer?"
      "Wenn schönes Wetter ist und wir bei ihm auf der Terasse sitzen und nebenbei seine Straße überwachen können."
      "Heute?"
      Ich sah auf meine Armbanduhr.


      (Fortsetzung folgt)
      Avatar
      schrieb am 16.03.03 23:07:40
      Beitrag Nr. 21 ()
      11.
      Als ich Jens-Uwe mit Benzmann besuchte, bastelte er soeben zum ungefähr tausendsten Male mit höchster Konzentration aus einem Plastikbausatz das Modell eines klassischen Jagdflugzeugs. Er besaß ein großes handwerkliches Geschick und war mir darin noch mehr als im Schachspiel überlegen. Mich irritierte jedoch, dass er jedes seiner Modelle nach Fertigstellung zugrunde richtete. Er stellte im Garten maßstabsgerechte Plastiksoldaten auf, von denen er manche entsprechend den Erlebnisberichten seines Großvaters mit der Schere verstümmelte, sowie an den beschädigten Stellen rot bemalte, nahm dann ein Feuerzeug in die rechte Hand, ließ die Flamme an dem Flugzeug hochzüngeln, und simulierte schließlich einen Absturz inmitten der Plastiksoldaten.
      Auch dies erschien mir heute, als Dreißigjährigem, wie eine Fabel.
      So ähnlich gingen manche Analysten mit Aktien um.
      Bei Jens-Uwe mußte man allerdings nur Plastikmodelle und Plastiksoldaten schmelzen sehen, nicht aber Kurse oder Bankkonten.
      Benzmann schwieg nach diesem Ritual geschockt.
      Jens-Uwe holte sein Schachspiel und ging mit uns auf die Terasse, um Benzmann zu testen.
      Benzmann spielte noch schlechter als ich.
      Als er die zweite Partie verlor, fuhren Mofas vorbei, die so aggressiv lärmten, und so große blaue Wolken ausstießen, dass es nur die stümperhaft frisierten Maschinen von Kims Bekannten sein konnten. Wir sahen sie und ihre Freundin auf den Gepäckträgern sitzen und sich an den Fahrern festhalten.
      Benzmann wies ungeniert mit dem Zeigefinger auf Kims Chaffeur.
      "Den kenne ich."
      "Ja, wirklich?", fragte Jens-Uwe.
      Ich schwieg.
      "Dem habe ich mal in den Hintern getreten", sagte Benzmann.
      "Das glaube ich nicht", sagte Jens-Uwe. "Du bist doch viel kleiner als der."
      "Das ist nur ein blöder Angeber", sagte Benzmann. "Der kam auf den Spielplatz, um dort mit seinem Kumpel zu rauchen, und wollte mich verjagen, aber ich habe ihm die Meinung gegeigt und ihn verjagt."
      Ich schüttelte den Kopf.
      "Doch, doch", sagte Benzmann.
      "Auf dem Spielplatz?", fragte Jens-Uwe. "Was hast du denn auf dem Spielplatz gemacht? Wie lange ist das denn schon her?"
      "Ich habe am Klettergerüst Klimmzüge gemacht", antwortete Benzmann. "Das ist erst ein paar Monate her."
      "Klimmzüge?", wiederholte Jens-Uwe angewidert. "Bist du auch so einer?" Er deutete mit dem Daumen in meine Richtung. "Der hängt sich auch regelmäßig an die Affenschaukel!"
      "Bei mir hat das nicht gewirkt", sagte Benzmann. "Ich bin ektomorph und kann keine Muskeln kriegen. Ich kann nur Marathonläufer werden."
      "Marathonläufer?" Jens-Uwe schüttelte sich. "Das ist doch auch Quatsch. Heutzutage kommt es nur noch auf den Kopf, aber nicht mehr auf körperliche Überlegenheit an. Ihr lebt wohl noch in der Steinzeit!"
      "Mädchen stehen auf Sportler!", rief Benzmann.
      "Jau", sagte ich.
      "Quatsch", knurrte Jens-Uwe. "Das trifft doch wohl höchstens auf dumme Mädchen zu."
      "Von wegen", sagte Benzmann. "Das dachte ich erst auch. Aber unsere Mädchen am Gymnasium sitzen bei jeder Gelegenheit auf der Tribüne, um uns in der Halle Fussball spielen zu sehen. Diejenigen, die viele Tore schießen, sind danach ihre Helden."
      "Kim und ihre Freundin sind bestimmt nicht so", sagte Jens-Uwe.
      "Du hast keine Ahnung", sagte Benzmann.
      "Kann schon sein", knurrte Jens-Uwe. "Aber ein paar Sachen weiß ich auch über eure Schule. Zum Beispiel, dass er..." Wieder deutete er mit dem Daumen auf mich. "... dort immer Pornos vorgelesen hat."
      "Nicht ganz", sagte Benzmann, der plötzlich wie blöde kichern mußte.
      "Wer erzählt denn sowas!", rief ich zornig.
      "Kim", antwortete Jens-Uwe. Kaum hatte er es ausgesprochen, verbesserte er sich. "Nein, ihre Freundin."
      "Okay", sagte ich, "dann erzähle ich dir jetzt die Wahrheit. Wir konnten uns im Religionsunterricht ein Thema aussuchen. Alles war möglich. Ein paar der Mädchen schlugen vor, über die Aufklärungsberichte von Dr.Winter in HURRA zu lesen. Die Lehrerin akzeptierte diesen Wunsch und brachte zu jeder Stunde die neueste Ausgabe von HURRA mit, aber außer mir fand sich niemand bereit, vorzulesen. Also habe ich das getan. Darum kriegte ich später in Religion auch als einziger eine Zwei."
      "Das habe ich aber etwas anders gehört", murmelte Jens-Uwe.
      Benzmann lachte. "Ein Mädchen ist deshalb vom evangelischen in den katholischen Religionsunterricht gewechselt. Außerdem hat er an den wirklich spannenden Stellen immer Kim angeguckt. Die kriegte dann fast immer Harndrang und flüchtete zur Toilette."
      "Kein Wunder, dass sie jetzt bei deinem Anblick wegläuft", sagte Jens-Uwe angespannt. "Schau sie dir doch an. Die ist doch noch ein Kind."
      "Na und?", fragte Benzmann. "Er ist doch auch noch ein Kind."
      "Dieses Kind macht aber mit Sechzehnjährigen rum!", rief ich zornig.
      "Wer sagt denn, dass die überhaupt was machen!", brüllte Jens-Uwe noch lauter.
      "Keiner", sagte ich. "Du hast doch gemeint, sie hält diese Typen für erfahren."
      "Na und ?", fragte Jens-Uwe. "Das heißt nichts!"
      "Nichts machen kann sie auch mit mir", sagte ich.
      "Häh?", fragte Benzmann.
      "Du willst garnichts mit ihr machen?", erkundigte sich Jens-Uwe. "Warum bist du dann hinter ihr her?"
      "Das will ich auch mal wissen", fragte Benzmann.
      "An den Mädchen in unserem Alter ist doch noch garnichts dran", sagte ich. "Da lohnt kein Fummeln. Man greift doch nur ins Leere. Wenn die etwas von einem wollen, wird es sogar noch schlimmer. Dann mußt die froh sein, wenn sie dir nichts abbrechen."
      "Abbrechen?", fragte Jens-Uwe.
      "Wie- abbrechen!", rief Benzmann.
      "Ach, vergesst es! Ich stehe nur auf erwachsene Frauen!", rief ich.
      "Da kommst du doch garnicht ran", sagte Jens-Uwe.
      "Das weiß ich auch. Aber die Mädchen in unserem Alter..."
      "Die willst du doch garnicht", unterbrach Benzmann.
      "Jetzt noch nicht", gab ich zu, "jedenfalls noch nicht wirklich. Aber ich will sie haben, wenn sie alt genug sind. Dafür muss ich mich jetzt schon mit mindestens einer von ihnen anfreunden."
      "Ich weiß es!", rief Benzmann.
      "Was weißt du?", fragte Jens-Uwe.
      "Was er meint", antwortete Benzmann. "Mein Vater ist nämlich in einer Bank."
      "Was hat es mit einer Bank zu tun, wenn ich über Kim rede?", fragte ich.
      "Weil es dort einen Ausdruck dafür gibt", erklärte Benzmann. "Was du bei Kim zu erreichen versuchst, ist eine Option."
      "Option?", fragten Jens-Uwe und ich unisono.
      Er nickte zufrieden.
      "Option!"

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 02:16:39
      Beitrag Nr. 22 ()
      12.
      Als die Schule wieder begann, und ich in die dieselbe Klasse wie Jens-Uwe ging, lernte ich ihn erst richtig kennen.
      Fast alle Mädchen bewunderten ihn. Nur die, die von ihrer Veranlagung sichtlich dazu neigten, mit uns zu konkurrieren, mochten ihn nicht.
      Wie er mit den Mädels umging, war konkurrenzlos. Ich konnte zwar an seinem Verhalten nichts Besonderes entdecken, und fand auch nicht, dass er das Aussehen eines Filmstars besaß, aber irgendwie reagierten sie sehr gut auf ihn.
      Bei den anderen Jungs lief in Sachen Mädchen nichts ohne ihre Schwestern.
      Indem sie ihre Schwestern ärgerten, und daraus eine Wissenschaft machten, entwickelten sie ihre Ideale von Männlichkeit. Da sie lauter Dinge taten, die ihre Schwestern und deren Freundinnen nicht honorierten, und auch nicht honorieren sollten, weil sie sonst schließlich nicht männlich gewesen wären, bestätigten sie sich gegenseitig darin, extrem männlich zu sein. Wer wie ich etwas tat, was Mädchen gefallen sollte, war aus ihrer Sicht weibisch. Anders als ich sahen sie in der Männlichkeit selbst eine Tugend, selbst wenn sie sich in Schweißfüßen oder einem Bierbauch manifestierte.
      Mittlerweile dämmerte den Jungs in unserer Klasse allmählich, dass die Mädchen für sie auf Dauer eine neue Bedeutung bekommen und ihre Schwestern ihnen diesbezüglich nutzen konnten. Wenn die Schwester von anderen Mädchen zu Hause besucht wurde, ergaben sich Ausreden dafür, dass sie mit Mädchen redeten. Wenn sie ein Mädchen aus der Nachbarschaft oder der Schule anziehend fanden, konnten sie ihre oder die Schwester eines Freundes losschicken, um mit diesem Mädchen zu reden, und herauszufinden, ob sie schwul war, also Jungs mochte, oder nicht.
      Während die anderen noch grübelten, wieso fremde Mädchen anders als Schwestern waren, schien die weibliche Hälfte unserer Klasse bis auf die erwähnten Ausnahmen für Jens-Uwe ein Selbstbedienungsladen zu sein.
      Nach ein paar Wochen überwand ich meinen Stolz und fragte ihn nachmittags, während er gerade an seinem Schreibtisch für den Mathe-Lehrer die Unterschrift seines Vaters nachmachte, ob er bei den Mädchen ein Geheimnis besaß.
      "Du mußt nur locker sein", sagte er. "Dann hast du keine Probleme."
      "Aber ich habe zuviele Probleme, um locker zu sein", entgegnete ich. "Mir gefällt diese Schule noch weniger als das Gymnasium und meine Eltern haben keinen Rotwein mehr im Keller."
      "Du bist genauso bescheuert wie Kim", sagte er. "Die labert auch ständig von Problemen."
      "Echt?"
      "Vertrau mir. Ich weiß, wovon ich rede."
      "Dann will ich sie nicht mehr haben!"
      "Was? Bist du verrückt? Irgendwann wird sie von Experimenten mit diesem Proll schon genug haben!"
      Ich schüttelte den Kopf. Bisher hatte ich angenommen, Kim sei nur so zickig, weil sie eben total weiblich und darum völlig anders als ich selbst war. Die Aufklärung, dass sie sich manchmal nur ätzend benahm, weil sie einfach wie ich unter zu vielen Problemen litt, entzauberte dieses Trugbild.
      Ein Mädchen mußte besser als ich sein, um mich zu verdienen.
      Ich erinnerte mich an einen Traum von einem sanften und klugen Mädchen namens Melanie. Der Traum war sehr alt. Als ich zum erstenmal von ihr geträumt hatte, war ich noch nicht einmal zur Schule gegangen.
      "Sie ist nicht das richtige Mädchen", sagte ich wie in Trance. "Ich habe nach einem bestimmten Mädchen gesucht, und ich wußte nur noch, dass sie etwas ganz besonderes war. Als ich Kim begegnete, fand ich sie hübsch und seltsam genug, um zu hoffen, das sie dieses Mädchen wäre, aber das war ein Fehler."
      "Nimm dir doch eine andere", sagte er. "Ich verstehe mich mit allen Mädchen in unserer Klasse gut. Wenn ich einer erzähle, dass du nett bist, hast du Chancen. Du mußt das aber wirklich wollen, denn ich brauche einen guten Grund, wenn ich lügen soll."
      "Wenn ich ein Mädchen haben will, kriege ich das auch allein geregelt!"
      "Das hat man bei Kim gesehen!"
      "Das war auch die Falsche!"
      "Das habe ich doch gleich gesagt!"
      "Stimmt", gab ich zu.
      Er räusperte sich. "Aber vielleicht habe ich mich auch geirrt."
      "Vielleicht haben wir uns beide geirrt", sagte ich. "Vielleicht haben wir uns alle drei geirrt! Vielleicht haben sich auch vier alle geirrt, wenn man ihre Freundin dazuzählt! Aber das ist mir egal! Es kotzt mich an! Ich habe keine Lust mehr, mich anpissen zu lassen! Ich frage mich schon selbst, ob ich ein verdammter Perverser bin! Ich habe ein für alle Zeiten genug von solchem Mist!"
      "Jetzt spinnst du aber", sagte er. "Ist irgendetwas passiert, wovon ich nichts weiß?"
      "Nein, außer dass ich auf der Hochzeit meiner Kusine viel Spaß mit einer betrunkenen 18-jährigen hatte."
      "Das glaubst du doch selber nicht!"
      Obwohl er es natürlich nicht zugab, fühlte er sich erkennbar verunsichert. Darum wechselte er das Thema.
      "Gehen wir nach draußen auf die Terasse und spielen wir Schach."
      "Okay."
      "Geh schon mal vor, ich muß das Figurenkästchen erst suchen."
      "Nein", widersprach ich, "wenn ich allein auf der Terasse bin und Kim mich beim Vorbeifahren sieht, macht sie wieder Theater."
      "Ist doch nicht schlimm."
      "Dafür bin ich mir zu schade."
      Er wirkte betroffen, als er zielgerichtet die Figuren aus dem Schreibtisch nahm und schließlich vorging.
      Auf der Terrasse setzte ich mich diesmal mit dem Rücken zur Straße.
      "Was ist los?", fragte er.
      "Nichts."
      "Vielleicht kommt Kim vorbei. Vielleicht hast du irgendeine Chance."
      "Das ist mir egal", hörte ich mich sagen. "Sie ist unberechenbar. Du sagst selbst, dass sie zu viele Probleme hat."
      "Das ist aber nicht ihre Schuld."
      "Das ist mir egal. Das Risiko, dass sie verrückt spielt, ist zu hoch."
      "Und was heißt das?"
      Ich dachte nach, um mir zunächst selbst darüber klar zu werden. Aber dann formulierte ich erneut eine neue Regel für mein weiteres Leben, die mir später vor allem an der Börse viel Leid ersparte, wo manche meiner Bekannten sich aus reiner Gier ruinierten.
      "Es ist besser, sich einmal eine Chance entgehen zu lassen, als einmal zu oft völlig falsch zu liegen."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 18.03.03 12:49:44
      Beitrag Nr. 23 ()
      13.
      Von nun an hörte das Schachspielen auf, nur ein Vorwand zu sein, unter dem ich Kim belagerte. Ich wollte wirklich Schach spielen und darin mindestens so gut wie Jens-Uwe werden.
      Als ich in der Tageszeitung einen sehr großen Artikel über einen gleichaltrigen Nachwuchsspieler aus der Nachbarstadt las, in dem er fürchterlich gelobt wurde, stand mein Ziel fest.
      Das wollte ich auch.
      Die Zeitung sollte schreiben, was für ein außerordentlich kluger Junge ich war.
      Dann würde es Kim schon leid tun, dass sie mich abgelehnt und gedemütigt hatte.
      Bestimmt weinte sie dann ganz bitterlich und wollte doch noch meine Freundin werden, aber dann würde ich so kalt und arrogant und abweisend sein, wie sie es mir vorgemacht hatte.
      Jens-Uwe erzählte ich nichts von meinen veränderten Ambitionen. Er hätte sich nur darüber aufgeregt und geschimpft. Stattdessen erzählte ich ihm beim Spiel andauernd Anekdoten aus Büchern über die Geschichte des Schachs. Er regte sich darüber meistens auf, und schimpfte.
      "Diese absoluten Schachgenies waren allesamt Verrückte!", sagte er eines Nachmittags, als wir wieder auf seiner Terrasse sassen. "Die konnten sonst nichts anderes und waren total weltfremd. Das ist es nicht wert. Außerdem kann man es sich nicht aussuchen, ob man so werden will. Man hat es, oder man hat es nicht. Du hast es nicht, und darum kannst du auch noch so viele Bücher lesen, und noch so viele Partien spielen, aber du wirst nie ein Weltmeister."
      "Bezirksmeister würde mir schon reichen", sagte ich in Gedanken an den Zeitungsartikel.
      "Auch das schaffst du nicht."
      "Sicher? Meinst du denn, dass du es schaffen könntest?"
      "Vielleicht", antwortete er. "Ich spiele schon viel länger als du. Wenn man mit sechs oder sieben Jahren angefangen hat, ist fast alles möglich."
      "Aha."
      " Ich brauche auch keine Bücher, um gut zu spielen und gegen dich zu gewinnen, obwohl du anscheinend ständig solche Bücher liest. Ich bin eine Schachmaschine wie damals Capablanca!"
      "Wie bitte?", fragte ich laut. "Wenn du keine Schachbücher liest, woher weißt du dann über Capablanca?"
      "Du erzählst mir doch ständig von alten Meistern", sagte er.
      "Aber du hörst nie zu, sondern redest nur dazwischen."
      "Ist doch egal."
      In diesem Moment kam Benzmann dazu. Neuerdings trafen wir uns meistens zu dritt. Der Nachgekommene wartete auf den Ausgang der laufenden Partie, und bekam anschließend den Platz des Verlierers. Wenn er dann selbst verlor, mußte er den Stuhl wieder räumen und selber aussetzen. In der Praxis war es so, dass Benzmann und ich uns damit abwechselten, gegen Jens-Uwe zu verlieren.
      "Ich habe vorhin mit eurem Schwarm gesprochen", sagte Benzmann. "Die kam mir gerade entgegen."
      "Wer soll das gewesen sein?", fragte ich gereizt.
      "Das frage ich mich auch", sagte Jens-Uwe.
      "Kim", sagte Benzmann.
      "Das ist nicht mein Schwarm", knurrte ich.
      "Meiner auch nicht", sagte Jens-Uwe. "Ich habe eine Freundin."
      "Wer ist es denn diesmal?", fragte ich.
      "Kennst du nicht", sagte Jens-Uwe. "Sie geht in eine der Parallelklassen."
      Die Mädchen ins unserer eigenen Klasse hatte er bereits seit Wochen durch.
      "Themawechsel", sagte Benzmann. Er reichte Jens-Uwe eine Plastiktasche. "Danke für das Buch!"
      Verlegen nahm Jens-Uwe die Tasche entgegen und legte sie unter seinen Stuhl.
      "Buch?", wiederholte ich fragend?
      "Schachbuch", präzisierte Benzmann.
      "Ich dachte, du hast keine Schachbücher!", rief ich. "Da wundere ich mich, warum ich immer wieder in meine Bücher gucken kann, und alles nichts hilft, weil du auf jeden neuen Zug schon eine Antwort hast, und ich frage mich schon ernsthaft, ob du vielleicht ein Genie bist, weil du alles von allein weißt, und in Wirklichkeit rüstest du heimlich andauernd nach!"
      "Sei doch froh", sagte Jens-Uwe. "So lernst du wenigstens was. Außerdem habe ich nie abgestritten, dass ich ein Buch über Schach besitze. Ich habe nur gesagt, dass ich sowas nicht brauche. Aber mein Opa hat das nicht gewußt und mir eines geschenkt."
      Wenn Jens-Uwe seinen Opa erwähnte, war jede Diskussion zuende. Sein Opa war ein mehrfach verwundet gewesener Kriegsheld, der sämtliche Orden der Wehrmacht besass. Keiner wußte, wie er das alles überlebt hatte. Mittlerweile rauchte er schon seit Jahrzehnten dicke Zigarren auf Kette, so dass er nach Meinung der Ärzte schon längst an Krebs hätte gestorben sein müssen, aber er war gegen den Tod genauso immun, wie Jens-Uwe dagegen immun war, beim Schach zu verlieren.
      "Wie alt ist dein Opa eigentlich?", fragte Benzmann.
      "Frag ihn doch selbst", antwortete Jens-Uwe gereizt.
      "Das habe ich getan", sagte Benzmann, "aber immer wenn er die Zigarette aus dem Mund nimmt, hustet er so laut, dass ich nicht verstehe, was er sagt."
      "Schade, dass ich nicht so einfach damit fertig werde, wenn du mir auf die Nerven gehst", sagte Jens-Uwe.
      "Der ist schon unheimlich alt", sagte ich. "Aus dem Alter, in dem die meisten Leute sterben, ist er schon lange raus."
      "Ja, da ist er drüber weg", sagte Jens-Uwe.
      Wir schwiegen respektvoll, und ich überlegte, ob Jens-Uwes Unbesiegbarkeit damit zusammenhing, dass er Schach von seinem Großvater gelernt hatte, der sogar gegenüber dem Tod unbesiegbar war.
      Jetzt, als Dreißigjähriger, erinnerte ich mich stets an Jens-Uwes Opa, wenn ich etwas von dem berühmten Börsenguru André Kostolany sah oder hörte, der auch trotz seines hohen Alters immer noch ordentlich unter Dampf stand.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 12:44:58
      Beitrag Nr. 24 ()
      14.
      Eines Nachmittags, als wir trotz mittlerweile rauen Wetters unseren festen Posten auf Jens-Uwes Terrasse hielten, sah ich vom Schachbrett auf, weil draußen auf der Straße einen großen Hund bellen. Jens-Uwe protestierte, weil ich vom Schachbrett fortsah, anstatt meinen Zug zu machen.
      "Das kann dir egal sein", sagte er. "Das ist nicht Kim. Wenn die dich sieht, bellt sie nicht, sondern jault."
      "Ja, hört sich mehr nach ihrer besten Freundin an", sagte ich.
      "Immer geschmeidig bleiben", mahnt er. "Mit Gehässigkeit kommt man bei Frauen nicht weit."
      "Egal. Ich bin zum Schachspielen hier."
      "Dann konzentriere dich auch darauf!", schimpfte er. "Das ist nämlich dein anderes Problem. Du läßt dich viel zu leicht ablenken. Wenn man Schach spielt, muß einem der Rest der Welt solange gleichgültig sein. Das ist der entscheidende Trick."
      "Aha", sagte ich. "Also sollte ich ein anderes Spiel lernen, bei dem es umgekehrt ist, und man gewinnt, wenn man die Welt um sich herum besser als andere beobachtet."
      "Ein solches Spiel gibt es nicht", meinte er.
      "Doch, die Börse."
      "Das ist kein Spiel, sonderen Abzocke."
      "Was weißt du denn darüber?"
      "Mein Opa hat mir davon erzählt. Vor dem zweiten Weltkrieg hat man die einfachen Leute damit verrückt gemacht, dass sie mit Aktien schnell reich werden könnten. Da wurden Firmen nur dafür gegründet, dass man Aktien drucken konnte. Das war wie die Lizenz zum Gelddrucken, denn die Leute haben alle möglichen Aktien gekauft, wenn nur irgendjemand schrieb, dass man das tun sollte. Als die einfachen Leute kein Geld mehr hatten, um noch mehr Aktien zu kaufen, und die anderen schon längst mehr Geld besaßen, als sie ausgeben konnten, war plötzlich alles vorbei. Die Geschäftemacher zogen sich zurück, und die einfachen Leute, die Aktien gekauft hatten, blieben auf wertlosem Papier sitzen. Fast niemand hatte mehr Geld, fast niemand konnte sich noch ein Haus bauen oder ein Auto kaufen, und darum gab es bald auch fast keine Arbeit mehr, aber immer mehr Arme. Und die Armen haben aus lauter Verzweiflung..."
      "Nichts gegen deinen Opa", unterbrach ich, "aber so blöd könnten die Leute doch heutzutage überhaupt nicht mehr sein. Das ist wie mit den Hexenverbrennungen. Solche Sachen können heutzutage nicht mehr passieren, weil heutzutage alle viel länger als früher zur Schule gehen und zu Hause Fernsehen haben..."
      "Natürlich kann das wieder passieren. Und zwar genau darum, weil die Leute denken, dass sie so schlau sind. Damit fängt fast jeder Ärger an, dass nämlich irgendein Depp, und daran erkennt man schließlich die Deppen, meint, dass er klüger als die normalen Leute ist."
      "Heutzutage gibt es Strategien, mit denen man verhindern kann, dass man an der Börse sein ganzes Geld verliert. Zum Beispiel Risikostreuung."
      "Risikostreuung? Wie soll das denn gehen?"
      "Ganz einfach", sagte ich. "Benzmann hat mir das erklärt. Man kauft nicht lauter Aktien von einer einzigen Firma, und auch nicht nur von einer einzigen Branche, sondern Aktien von verschiedenen Firmen, die ganz unterschiedliche Sachen machen. Wenn dann eine von den Firmen Pleite geht, macht man immer noch mit den anderen Gewinn."
      "Blödsinn."
      "Nein, das ist genial. So handele ich jetzt auch im normalen Leben. Ich streue das Risiko. Ich konzentriere mich nicht nur auf die Schule, sondern auch auf Schach, und demnächst auf Pokern, und außerdem bin ich jetzt in einem Karate-Kurs."
      "Was haben denn Schule, Schach, Pokern und Karate mit der Börse oder Aktien zu tun?"
      "Das ist das Prinzip der Riskostreuung, das an der Börse erfunden wurde. Wenn ich die Schule wieder nicht schaffe, kann ich immer noch Berufsspieler oder Rausschmeißer werden."
      "Blödsinn. So bringst du es nirgendwo zum Erfolg, sondern fällst erst recht auf die Nase, aber nicht bloß einmal, sondern gleich drei- oder viermal."
      Er würde Recht behalten. Aber wenn ich mir von meinem Vater nichts sagen ließ, dann naürlich auch nicht von einem Freund, der ein paar Monate jünger als ich war.
      "Du hast das nicht verstanden", sagte ich.
      "Wie hast du den Quatsch genannt?", fragte er.
      "Risikostreuung."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 22:38:16
      Beitrag Nr. 25 ()
      15.
      Ungefähr in diesem Moment kam Benzmann dazu.
      "Na, Wolf, wieder am Verlieren?", fragte er mich zur Begrüßung.
      "Wolf macht jetzt Karate", rief Jens-Uwe ihm zu.
      "Weiß ich", sagte Benzmann. Er setzte sich zu uns. "Was man nicht im Kopf hat, muß man eben in den Beinen haben."
      "Ihr seid bloß neidisch", knurrte ich.
      "Neidisch?", fragte Jens-Uwe.
      "Worauf denn?", fragte Benzmann.
      "Darauf, dass ich dort abends immer die tollsten Frauen sehe", erklärte ich. "Da sind ein paar grazile Geschöpfe am Start, die sich so elfenhaft bewegen, dass jede Ballerina dagegen wie ein brünstiger Gorilla aussieht."
      "Echt?", fragte Benzmann beeindruckt.
      "Woher willst du wissen, wie sich ein brünstiger Gorilla bewegt?", fragte Jens-Uwe.
      "Aus dem Fernsehen", sagte ich.
      "Die tollsten Mädchen sind im Jugendheim", sagte Jens-Uwe.
      "Nein, im Tennisklub", widersprach Benzmann.
      "Macht doch, was ihr wollt", sagte Jens-Uwe. "Hauptsache, wir kommen ins nicht in die Quere."
      "Das fehlte auch noch", sagte ich.
      "Revierstreitigkeiten- das wäre echt das allerletzte!", rief Benzmann. "Übrigens, Kim kann sich bei uns an der Penne auch nicht halten. Genau wie Wolf."
      "Ja, das hörte ich schon", sagte Jens-Uwe traurig.
      "Geil", sagte ich.
      Jens-Uwe sah mich böse an. "Du bist ein fieser Mistkerl."
      Verblüfft schwieg ich.
      "Das kann ich Wolf nicht verübeln", sagte Benzmann.
      "Du bist auch ein fieser Mistkerl", sagte Jens-Uwe.
      "Ist es etwa meine Schuld, wenn sie am Gymnasium Probleme hat?", fragte ich. "Erstens bin ich nicht mehr dort, und sie kann es nicht mehr darauf schieben, dass ich sie da nerve, zweitens lass ich sie inzwischen auch nachmittags total in Ruhe, und drittens könnte ich ihr ohnehin nicht helfen, also bin ich nicht einmal der unterlassenen Hilfestellung schuldig."
      "Sich darüber zu freuen, dass sie abstürzt, ist aber eine Schweinerei!", sagte Jens-Uwe.
      Ich zuckte mit den Schultern.
      "Die Freundschaft mit ihrer besten Freundin ist auch vorbei", sagte Jens-Uwe.
      Benzmann schüttelte den Kopf. "Ich wußte immer, dass du in Wirklichkeit noch mehr in Kim verknallt bist, als es Wolf früher war. Aber Wolf hat es zugegeben und ist darüber weg..."
      "Ich bin nicht in sie verliebt", widersprach Jens-Uwe. "Ich bin ein Casablanca."
      "Du meinst Capablanca", verbesserte ich.
      "Nein, Casanova", sagte Benzmann.
      "Beides", erklärte Jens-Uwe. "Ich kann wie Capablanca ohne Anstrengung jede Schachpartie gewinnen und wie Casanova ohne Anstrengung jede Frau gewinnen. Darum bin ich ein Casablanca."
      "Das mit Kim macht dir aber wirklich sehr zu schaffen", sagte ich.
      "Ich kenne die eben schon sehr lange", sagte Jens-Uwe. "Ich kannte sie schon, bevor wir in die Schule kamen. Ich weiß noch, wie sie damals meine Mutter besuchte und ihr ein Spielzeugbügeleisen zeigte. Das war einfach nur aus Plastik, aber sie konnte damit tatsäclich Wäsche glattbügeln. Sie fuhr damit so lange rasend schnell immer wieder über die Falten, bis alles glatt war."
      "Ist ja rührend", sagte Benzmann spöttisch. "Und es ist schlimmer als ich dachte."
      "Jau", sagte ich.
      "Ihr versteht das nicht", sagte er. "Wir kennen uns schon viel zu lange. Darum kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, etwas mit ihr anzufangen."
      Ich hörte ihm betroffen zu.
      "Und was ist mit dir?", fragte Benzmann mich. "Kannst du dir noch vorstellen, mit ihr etwas anzufangen?"
      "Vielleicht", sagte ich. "Falls sie von ihrem hohen Ross herunterkommt."
      "Das wird sie müssen", sagte Benzmann.
      "Schachmatt", sagte Jens-Uwe.
      Ich stand auf und räumte den Platz für Benzmann, damit er sein Glück gegen Jens-Uwe versuchen konnte.
      "Das warte ich dann ab", sagte ich. "Wenn sie jemand auffangen soll, dann wohl jemand, den sie nicht schneidet."
      "Das erinnert mich an einen Börsenspruch von meinem Vater", sagte Benzmann, während er die Figuren für seine erste Schachpartie des Tages aufbaute.
      Wir lauschten.
      "Man soll nie in ein fallendes Messer greifen."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 21.03.03 11:02:35
      Beitrag Nr. 26 ()
      16.
      Statt Kim, die lieber ein Schuljahr wiederholte, wechselte ein anderes blondes Mädchen vom Gymnasium zu uns. Eines Morgens, als ich wieder fünf Minuten zu spät zum Unterricht kam, weil mir im Fahrradkeller irgendwelche Pappnasen aufgelauert hatten, oder weil ich zur Abwechslung vor der Einfahrt zur Schule darauf gewartet hatte, dass der die Aufsicht führende Lehrer in den Unterricht ging, damit ich mein Fahrrad draußen abstellen und mir die üblichen Hinterhalte im ebenso dunklen wie stinkigen Fahrradkeller ersparen konnte, war sie da, und stellte sich der staunenden Klasse soeben als Stefanie vor.
      Die Lehrerin verzichtete darauf, mir die obligatorische Predigt zu halten und mich feierlich ins Klassenbuch einzutragen, sondern guckte mich nur kurz strafend an, und wies mit der Hand auf meinen Platz, um dann wieder ihr freundlichstes Lächeln aufzusetzen und Stefanie anzusehen.
      Normalerweise war ich, wenn ich zu spät kam, bemüht, mich möglichst rasch zu setzen und am Unterricht teilzunehmen, aber diesmal lagen die Prioritäten völlig anders.
      Ich wollte möglichst lange einen möglichst guten Blick auf Stefanie haben.
      Zum Abschluss ihres Vortrages lud sie uns alle für eine Party zu sich ein.
      Jetzt ließ ich mich auf meinem Platz nieder. Dieses Mädchen schien wie für mich gemacht zu sein. Anders als die Mädchen, die Jens-Uwe bevorzugte, war sie etwas besonderes.
      Als ich zu Jens-Uwe herüberschielte, der seinen Platz am anderen hinteren Ende der Klasse hatte, stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass er mindestens ebenso gebannt wie auch auf die Neue starrte.
      In der Pause ging er normalerweise stets zu einer Clique aus der Abschlussklasse, aber diesmal sprach er mich an und fragte: "Welches Mädchen in unserer Klasse findest du am schönsten?"
      "Stefanie", sagte ich. "Und du?"
      "Stefanie", antwortete er.
      "Das ist das erste Mal, dass wir das gleiche Mädchen gut finden", sagte ich.
      "Nein, Kim fanden wir auch beide gut."
      "Anscheinend sind wir doch nicht völlig unterschiedlich, was Frauen angeht."
      "Doch, doch", knurrte er. "Ich war von Kim nur enttäuscht, weil sie sich immer von ihrer besten Freundin rumschubsen und demütigen ließ, und weil sie das anscheinend brauchte. Ich hätte sie wahrscheinlich genauso behandeln müssen, damit sie sich an mich bindet, aber das hätte ich nicht gekonnt, weil ich sie dafür zu sehr mag."
      Ich grinste. "Wenn sie dominante Menschen bevorzugt..." Dann zuckte ich mit den Schultern.
      "Du bist wirklich ein fieser Mistkerl", sagte er. "Du solltest dich auf keinen Fall an Stefanie ranmachen."
      "Willst du mir drohen?", fragte ich spöttisch. "Oder willst du mir weismachen, sie wäre auch wie Kim? Ein Angstbeißer?"
      "Ich sage dir nur, was das beste wäre", erklärte er. "Außerdem nennt man nur Hunde Angstbeißer!"
      "Worum geht es jetzt überhaupt?"
      "Stefanie ist ein sehr liebes Mädchen", sagte er. "Ehe du auch endlich zum Unterricht erschienen bist, hat sie uns erzählt, dass sie am Gymnasium von den anderen Mädchen tyrannisiert worden ist, und so sehr darunter gelitten hat, dass sie eine Behandlung brauchte und danach unbedingt die Schule wechseln wollte."
      "Ich kann sie trösten", sagte ich.
      "Genau darum geht es", sagte er. "Sie braucht einen Experten."
      "Genau", sagte ich.
      "Genau", sagte er.
      Dann gingen wir auseinander

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 22.03.03 21:20:43
      Beitrag Nr. 27 ()
      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 22.03.03 22:09:44
      Beitrag Nr. 28 ()
      17.
      Genau wie beim Schach ließ Jens-Uwe mir auch bei Stefanie keine Chance. Ich bemerkte meine Niederlage wie üblich erst, als er schon längst wußte, dass er gewann.
      Im Prinzip gingen wir auf die gleiche Weise vor. Beide versuchten wir Stefanie für uns zu interessieren, indem wir ihr weismachten, wir hätten etwas mit ihr gemeinsam. Aber während Jens-Uwe Gitarre spielte und bald fröhlich mit ihr um die Wette klimperte, konnte ich nur mit ähnlichen Traumata aufwarten. Wenn ich mal erwähnte, dass ich ebenfalls ursprünglich zum Gymnasium gegangen und dort mit den anderen Schülern nicht klargekommen war, flüchtete sie.
      Zu Jens-Uwe.
      Sie war genau wie die anderen Mädchen. Die wollten auch alle lieber Jens-Uwe als mich.
      Immerhin konnte ich hieraus eine weitere Lehre für die Börse ziehen.
      Menschen, die mir exotisch und besonders klug erschienen, handelten oft sehr gewöhnlich und hatten trotz aller Intelligenz meistens genau dieselben Gefühle wie völlig normale und durchschnittliche Leute.
      Darum hielt ich mich später stets von exotischen Börsen fern. Obwohl die Inder, Chinesen und andere Völker auf eine ganz andere und viel ältere Kultur zurückblickten, ahmten ihre Spekulanten genauso wie ihre europäischen Kollegen die Bewegungen der US-Börse nach.
      Das Leben war viel einfacher und vorhersehbarer, als es zunächst schien.
      Und die Börse genauso.

      (Fortsetzung folgt)

      :cool:
      Avatar
      schrieb am 23.03.03 20:43:04
      Beitrag Nr. 29 ()
      18.
      Schließlich verlor Jens-Uwe das Interesse daran, mit uns Schach zu spielen. Er machte in unserer Stadt einen Schachklub ausfindig und radelte mit Benzmann und mir zu dessen Vereinsabend.
      Es wurde bereits dunkel. Jens-Uwe fuhr vorn, weil bei ihm das Vorderlicht funktionierte, ich fuhr hinten, weil bei mir das Rücklicht funktionierte, und Benzmann, bei dem überhaupt kein Licht brannte, fuhr in der Mitte.
      Benzmann verstand nicht, warum Jens-Uwe und ich so gereizt waren.
      "Ihr macht euch das Leben viel zu schwer", sagte er. "Wenn es etwas gibt, wovon ich genug habe, sind es Dates. Spielt doch einfach Tennis! Ich werde andauernd von den Müttern hübscher Töchter zum Teetrinken eingeladen."
      "Stefanie spielt nicht Tennis", sagte ich.
      "Ihre Eltern auch nicht", sagte Jens-Uwe.
      "Dann vergesst sie", sagte Benzmann.
      "Sag ihm das doch", knurrte ich.
      "Sie spielt Gitarre", sagte Jens-Uwe. "Das ist besser als Tennis."
      "Das kann man doch garnicht vergleichen", sagte ich.
      "Jetzt geht das schon wieder los", schimpfte Benzmann. "Diesmal ist es aber wirklich ätzend. Was soll das? Ihr wart doch schon einmal in dasselbe Mädchen verliebt. Warum ist das plötzlich so schlimm?"
      "Das war etwas anderes", sagte ich.
      "Du spinnst doch", sagte Jens-Uwe. "Ich und in Kim verliebt? Dazu kenne ich die doch viel zu gut!"
      "Ich war auch nicht wirklich in sie verliebt", sagte ich. "Sie war nur interessant. Rein psychologisch."
      "Ach ja", sagte Benzmann, "Stefanie hat wirklich große..."
      Jens-Uwe stoppte. Benzmann fuhr auf. Ich fuhr bei Benzmann auf.
      "Ich dulde nicht, dass du so über sie redest!", rief Jens-Uwe.
      "Warum so uncool?", fragte Benzmann.
      "Da bin ich ausnahmsweise der gleichen Meinung. Sie ist ein sehr nettes Mädchen und es tut nichts zur Sache, dass sie so große..."
      "Halt die Klappe!", rief Jens-Uwe.
      "Halt du doch die Fresse!", rief ich zurück.
      "Schnauze!", brüllte Benzmann.
      "Warum regst du dich denn jetzt auf?", fragte ich.
      "Weil ich zum Schachklub will", sagte Benzmann. "Ich war noch nie in einem Schachklub!"
      "Ich auch nicht", sagte ich schulterzuckend.
      "Dann muss ich euch wohl den Weg zeigen", sagte Jens-Uwe. Er stieg wieder auf sein Rad und es ging endlich weiter.
      Obwohl ich es nicht zugeben wollte, lag Benzman absolut richtig. Stefanie hatte bereits mehr Busen als die meisten erwachsenen Frauen. Die Tatsache, dass ihr das peinlich war, ließ sie unglaublich süss wirken. Kim sah vom Gesicht her erwachsener aus, und hatte ziemlich lange Beine, aber Busen schlug alles.
      Schließlich kamen wir im Schachklub an.
      Bald stellten wir fest, dass sogar Benzmann und ich bereits stärker als einige der erwachsenen Spieler waren.
      Es machte Spaß, Erwachsene zu besiegen. In keiner anderen Sportart war das so einfach möglich.
      Jens-Uwe hatte uns gut trainiert.
      Am meisten wunderte mich, dass manche der älteren Spieler von bestimmten Eröffnungszügen geradezu besessen waren. Anstatt nach besseren Alternativen zu suchen, machten sie stur und absichtlich immer wieder dieselben Fehler, und begannen stets erst zu rechnen, wenn sie schon im Nachteil waren und sich sorgfältig verteidigen mussten. Es handelte sich um die gleiche Hartnäckigkeit, mit der schlechte Broker an verlustreichen Investments festhielten
      Darauf basierte ihr Stolz.
      Daraus lernte ich etwas für das ganze Leben.
      Stolz war eine Schwäche!

      (Fortsetzung folgt)

      :cool:
      Avatar
      schrieb am 24.03.03 00:01:46
      Beitrag Nr. 30 ()
      19.
      Jens-Uwe hielt es im Schachverein nicht lange aus.
      Benzmann schaffte immerhin eine ganze Saison. In dieser Zeit sammelte er Sprüche von Schachmeistern. Sein Lieblingsmotto stammte angeblich von dem berühmten Schachtheoretiker Aaron Nimzowitsch und lautete "Die Drohung ist stärker als ihre Ausführung!"
      Ich hielt das für paradox. Jeder wußte, dass schon viele Schachgenies ihr Leben in Nervenheilanstalten beschlossen hatten, also mußte dieses Zitat nicht unbedingt Sinn ergeben. Außerdem war von dem Gesundheitsapostel Nimzowitsch auch überliefert, dass er in den dreißiger Jahren auf die Frage eines Journalisten, wie er als Politiker die Weltwirtschaftskrise bekämpfen würde, geantwortet hatte, er würde den Leuten das Rauchen verbieten.
      Irgendwann brachte Benzmann diese Aussage, als ich soeben eine Partie gegen ihn aufgab, und folglich sehr schlecht Laune besass.
      "Was soll der Quatsch eigentlich bedeuten?", fragte ich zornig.
      "Das meine ich so, wie ich es sage", erklärte er. "Die Drohung ist stärker als ihre Ausführung!"
      "Jetzt bin ich immer noch nicht schlauer."
      "Dann denke an die Partie, die wir soeben gespielt haben. Ich drohte einen Bauern zu gewinnen. Hätte ich das ausgeführt, hätte einen kleinen Vorteil gehabt, hätte aber noch lange kämpfen müssen. Das hat dich dazu gebracht, um den Bauern zu behalten, deine Königsstellung zu schwächen. So konnte ich schon wenig später den Sieg erzwingen, indem ich dich mattsetzte."
      Ich dachte nach. "Stimmt. Hätte ich die Drohung übersehen, wäre ich nicht matt geworden."
      "Genau."
      Diese Erkenntnis allein reichte für mich später aus, um viele Aktiengewinne einzustreichen. Fast immer wenn eine Firma eine Gewinn- oder Umsatzwarnung publizierte, und somit schlechte Bilanzen drohten, verfielen die Börsianer in Panik und ließen den betreffenden Kurs so dramatisch abstürzen. Dann kaufte ich. Sobald die konkreten Zahlen herauskamen, fielen sie fast immer weit weniger schlimm als befürchtet aus, und der Kurs erholte sich rasch. Dann verkaufte ich. Denn mit der Aussicht auf Besserung verhielt es sich wie in einem bekannten Sprichwort: "Die Vorfreude ist die schönste Freude." Diese Erkenntnis war die andere Seite der Medaille.
      Benzmann war es auch, der mir erklärte, warum Schach und Börse in ihrer Entwicklung von genialen Juden dominiert worden waren.
      "Früher gab es bei uns ein doppeltes Bldungssystem. Bürgerlichen Kindern wurden vor allem Grundlagen für eine spätere berufliche Betätigung im Handel oder Handwerk vermittelt. Adeligen Sprößlingen erzog man vor allem Standesbewußtsein an. Ihnen vermittelte man höheres Wissen und eine gewisse Verächtlichkeit gegenüber praktischem Denken. Das wirkt bis heute nach. Unsere Händler und Handwerker verabscheuen Theorien, und unsere Intellektuellen sind zu blasiert, angestrengt über Dinge nachzudenken, die im richtigen Leben praktischen Gewinn bringen, sondern richten all ihren Ehrgeiz darauf, viele schöne Titel zu erwerben, von denen der Doktortitel natürlich wie ein Adelstitel im Pass stehen muß."
      "Gab es bei den Juden nie solche unterschiedlichen Bildungsansätze?", fragte ich.
      "Nein", antwortete Benzmann. "Nur bei uns gibt es diese mittelalterliche Zweiteilung der Intelligenz in platte Profanität auf der einen und sinnfreies Philosophieren auf der anderen Seite."
      "Ich wünschte, ich wäre auch ein Jude", sagte ich.
      Er nickte.
      "Ich auch", sagte er. "Ich auch."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 24.03.03 00:04:16
      Beitrag Nr. 31 ()
      :yawn:
      Avatar
      schrieb am 24.03.03 00:14:03
      Beitrag Nr. 32 ()
      @ Wettertaft

      Es freut mich, dass ich Dir bei deinen Schlafstörungen helfen konnte. Ich nehme 10 Euro pro Wunderheilung.
      :lick:
      Avatar
      schrieb am 24.03.03 00:18:20
      Beitrag Nr. 33 ()
      Gerne, Wolf, ich les Dich nach wie vor gerne:kiss:
      Avatar
      schrieb am 24.03.03 12:21:33
      Beitrag Nr. 34 ()
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 25.03.03 04:14:08
      Beitrag Nr. 35 ()
      20.
      Wenige Monate nach Stefanies Erscheinen in unserer Klasse und Jens-Uwes fliegendem Start sprach er mich in einer Schulpause an, um mir zu berichten, dass es zwischen ihnen beiden vorbei wäre.
      "Ich habe nichts damit zu tun", beteuerte ich. "Du weißt, dass ich anders als die anderen bin. Wenn ich verloren habe, akzeptiere ich das, anstatt denjenigen dann mit Schwachsinn zu verleumden."
      Mittlerweile gab es in unserer Klasse die ersten Cliquen. Ihr Hauptmerkmal bestand darin, dass jedes Mädchen, das mit einem Jungen ausserhalb der Clique gehen wollte, sofort von der ganzen restlichen Gruppe ins Verhör genommen und mit notfalls endlosen Ausführungen über angebliche Schandtaten des Aussenseiters einer Gehirnwäsche unterzogen wurde. Viele unserer besser organisierten Konkurrenten hatten sich inzwischen so gut an den Umgang mit Mädchen gewöhnt, das sie selbst die mit Abstand übelsten Tratschtanten waren. Sie machten sich nur noch die Mühe, einem Mädchen zu imponieren, wenn sie es nicht allein dadurch kriegen konnten, dass sie andere Jungs schlechtmachten.
      "Das ist mir klar", sagte Jens-Uwe. "Ich will dich auch nur warnen. Stefanie ist nicht, wie du denkst."
      "Ich denke garnichts über sie. Ich sehe nur, dass sie schon enorm weit entwickelt und trotzdem ein ganz einfaches Mädchen geblieben ist."
      Er sah sich um.
      "So habe ich mich auch getäuscht. Körperlich ist sie zwar voll ausgebildet, aber seelisch ist sie längst noch nicht so weit. Darum ist sie auch keineswegs einfach." Er sah sich erneut um. "Sie hat mir gedroht, sie würde sich etwas antun, wenn ich mit ihr Schluß mache! Sowas ist mir noch nie passiert!"
      "Und warum wolltest du mit ihr Schluß machen?"
      "Weil..." Er dachte sichtlich nach. "Weil ich schon so eine Befürchtung hatte, das sie nicht damit fertig wird, wenn ich sie eines Tages verlassen sollte. Ich meinte eben, wenn ich es noch länger dauern lasse, wird sie garantiert nicht damit fertig."
      Ich sah ihn schweigend an.
      "Du verstehst das nicht?", fragte er.
      "Jau."
      "Du hast eben von Frauen keine Ahnung."
      "Du spinnst doch."
      "Ich bin ein Casanova."
      "Eher ein Don Juan", sagte ich.
      "Und was ist der Unterschied?"
      "Ein Casanova macht die Frauen glücklich, aber ein Don Juan will nur seine eigene Eitelkeit befriedigen."
      "Quatsch", knurrte er. "Du liest zuviele Bücher. Du wirst eines Tages noch völlig bekloppt."
      Er drehte sich um und ging.
      Ich sah ihm kopfschüttelnd nach.
      Stefanie war inzwischen längst der Liebling aller Lehrer. Sie war sehr umgänglich und mit ihrer neuen Schule unverkennbar äußerst zufrieden. Das diente unserem Direktor als Beweis dafür, dass seine Schule eine gute und mindestens gleichwertige Alternative zum Gymnasium sei. Als Verdeutlichung bekam Stefanie auf dem Zeugnis fast ausschließlich Einsen. In manchen Fächern wurde die Eins vor der Klasse damit begründet, dass sie in den anderen Fächern so gut wäre, und man folglich auch hier noch einiges von ihr erwarten könnte. Bei Jens-Uwe, dem die Lehrer es übelnahmen, dass er die seelische Stabilität der Musterschülerin Stefanie gefährdet hatte, lief es hingegen nun genau umgekehrt. In den von ihm vernachlässigten Fächern wurde er absolut streng benotet, und in seinen guten Fächern bekam er ebenfalls schlechte Noten, wobei die Begründungen sinngemäß immer so lauteten: "Hier führst du dich zwar ganz ordentlich, aber von meinen Kollegen habe ich ganz andere Dinge über dich gehört, und darum muß ich annehmen, dass du hier nur so gut bist, weil dir dieses Fach zufällig Spaß macht. und nicht etwa, weil du fleißig bist. Die schlechte Note wird dir sicherlich Ansporn sein."
      Lehrer handelten immer als Gruppe.
      Das prägte sich bei mir ein.
      So war ich früh davor gefeit, an der Börse auf die Objektivität von oberlehrerhaften Analysten zu vertrauen
      Auch sie wurden natürlich von demselben Herdentrieb beeinflußt, den unsere Lehrern so penetrant demonstriert hatten.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 08:00:39
      Beitrag Nr. 36 ()
      21.
      Jens-Uwe suchte sich neue Jagdgründe, indem er unter die Kiffer ging. Bei denen trieben sich alle lockeren Frauenzimmer rum. Am liebsten gingen sie demonstrieren, und zwar entweder für die Legalisierung weicher Drogen, oder gegen den Krieg. Ich war dermaßen gegen Drogen, dass ich nicht einmal Tee oder Kaffee trank, und Demonstrieren hielt ich für sinnlos, weil man die Gesellschaft meiner Meinung nach nur von oben nach unten verändern konnte. An Hippiemädchen mochte ich die langen Haare und ihre freizügige Moral, aber ich haßte es, dass sie am liebsten den ganzen Tag mit Gammlern herumhingen, sich von Reggae-Musik berieseln ließen, beim Küssen nach Aschenbechern schmeckten, völlig verdrehte Ansichten pflegten und ständig auf ihre Gleichberechtigung achteten. Darum konnte und wollte ich in dieser Szene nicht heimisch werden.
      Schließlich sann Jens-Uwe auf Rache, weil die Lehrer ihm und seinen Freunden in den Pausen andauernd das Rauchen verboten, während sie dabei selber qualmten. Er las die Schulordnung, und ging zum Direktor, um ihn darauf hinzuweisen, dass das Rauchverbot auf dem Schulhof allgemein und nicht nur für Schüler galt. Von nun an durften auch die Lehrer auf dem Schulhof nicht mehr rauchen.
      Spätestens ab jetzt behandelten ihn die Lehrer ihn genauso, wie Frau Feldmann es am Gymnasium mit mir gemacht hatte. Wenn er sich im Unterricht meldete, kam er nicht dran, und wenn er sich nicht meldete, aber irgendwie wachsam wirkte, kam er auch nicht dran, denn er war klug und stellte ihnen vielleicht nur eine Falle. Doch wenn er sich nicht meldete, und lange genug nach draußen oder auf auf ein Mädchen starrte, dann wurde er mit den schwierigst möglichen Fragen traktiert. Konnte er nicht antworten, wurde die Frage keineswegs freundlich wiederholt, sondern er bekam entweder sofort ein "Ungenügend" notiert, oder er durfte einen anderen Schüler darum bitten, die Frage für ihn zu wiederholen. Antwortete er nicht zügig, hatte der Lehrer keine Geduld, keine Ermutigung und keinen Tip für ihn, sondern nur Zorn, Tadel, Zurechtweisung und öffentliche Demütigung. Anschließend hielten sie immer Ausschau, ob sich ein ihnen sympathischer Schüler meldete, der diesmal auch den Eindruck machte, ob er die Frage wirklich kapiert hatte, und zumindest dann beantworten konnte, wenn man ihm dabei half, indem man ihm möglichst viel Zeit ließ, ihn bei einer falschen Antwort lobend korrigierte und ihm die richtige Antwort notfalls Stück für Stück vorgab.
      Verglichen damit kam mir später das "Bashing" und "Pushing" an den Aktien-Boards im Internet sehr fair und relativ harmlos vor.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 26.03.03 21:47:25
      Beitrag Nr. 37 ()
      22.
      Als nach Jens-Uwe auch Benzmann den Schachklub wieder verließ, gab es keine Jugendmannschaft mehr. Bei den Senioren zu spielen, fand ich trostlos. Also meldete ich mich ebenfalls ab. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die Schule, d.h. ich begann gelegentlich Hausaufgaben zu machen.
      Als ich meine Zeit abgesessen und dank guter Führung die Fachoberschulreife bekommen hatte, überlegte ich, wie es weitergehen sollte. Zum Gymnasium zurückzukehren, hätte meinem Credo widersprochen, dass jeder Mensch Fehler machte, aber kluge Menschen jeden Fehler nur einmal begingen. Trotzdem träumte ich davon, Manager zu werden, und dafür waren Hochschulreife und Studium von latentem Nutzen.
      Eine Brieffreundin erzählte mir schließlich von der Höheren Handelsschule und dem Gymnasialen Zweig. So konnte man auch innerhalb von drei Jahren Abitur machen und obendrein lauter nützliche Dinge lernen. Das machte viel mehr Sinn, als an meinem alten Gymnasium den Abschluß mit "Orchideenfächern" wie Religion und Philosphie zu ergattern, worüber Benzmann ständig lästerte.
      An der Wirtschaftsschule waren zudem die Schülerinnen deutlich in der Überzahl.
      Paradiesische Zustände.
      Ich verfehlte im ersten Halbjahr die "Qualifikation" für den zweijährigen Gymnasialen Zweig und musste mich mit der Aussicht auf die Fachhochschulreife begnügen, aber ich hatte eine sehr aufregende Zeit und lernte währenddessen mehr über Frauen, als andere Männer in ihrem ganzen Leben. Schließlich fühlte ich mich sogar Jens-Uwe ebenbürtig, den ich bisweilen noch zufällig traf. Wenn wir uns begegneten, redeten wir immer ein wenig, aber wir redeten nicht mehr über Kim oder Stefanie. Kim war jetzt eine graue Maus, die sich die Haare abgeschnitten hatte, oft an den Nägeln knabberte, stets mürrisch aussah, anscheinend immer noch dünner wurde, meistens weite schwarze Klamotten trug, und sich einen plumpen Gang angewöhnt hatte. Sie sah mehr nach einem kranken Jungen, als nach einem gesunden Mädchen aus. Stefanie hatte sich stattdessen zu einer Karrierefrau entwickelt, die irgendwo in Süddeutschland eine spezielle kaufmännische Ausbildung absolvierte und höchstwahrscheinlich in ihrem Betrieb gleich anschließend als Vizepräsidentin übernommen werden würde.
      Während ich darüber grübelte, ob ich mir nicht zwei Fünfen zulegen sollte, um noch ein Jahr länger an der Wirtschaftsschule bleiben zu können, begegnete ich zufällig Melanie.
      Ich hatte mir immer wieder eingeredet, sie sei nur ein Traum gewesen.
      Sie war real.
      Aber sie war trotzdem ein Traum.

      (Fortsetzung folgt)
      Avatar
      schrieb am 28.03.03 19:15:48
      Beitrag Nr. 38 ()
      23.
      Es war an einem Donnerstagabend im Frühling. Ich wollte aus reiner Langeweile den Schachklub besuchen. An der Tür der Kneipe entdeckte ich jedoch ein Schild mit der Aufschrift "Betriebsferien".
      Gleichzeitig sah ich aus den Augenwinkel ein schlankes, langhaariges Mädchen mit flüssigen Bewegungen vorbeilaufen. Während sie in Richtung Stadt ging, starrte sie mich kurz an, verzog dann aber das Gesicht, guckte wieder weg, und beschleunigte ihren Schritt.
      Ich machte einen kleinen Spurt an ihre rechte Seite. Die meisten Mädchen waren Rechtshänderinnen und verkrafteten es daher besser, von dieser Seite angebaggert zu werden. Zum Glück war ich ein bischen größer und konnte längere Schritte machen. Ich bewunderte ihren flotten Gang und ihre gute Kondition, ehe ich endlich wieder genug Puste hatte, um „Hallo“ zu sagen.
      Ich zweifelte noch daran, um wen es sich handelte.
      Sie hielt den Kopf leicht gesenkt. Ihr offenes langes, dunkles Haar verdeckte ihr Profil. Sie konnte mich so überhaupt nicht sehen. Ich mußte ein Geräusch machen, um auf meine Gegenwart hinzuweisen.
      „Hallo“, sagte ich, und zog unwillkürlich bei jeder Silbe einmal die Augenbrauen hoch.
      „Hallo“, sagte auch sie.
      Erst danach sah sie mich an. Sie warf ihr Haar mit einer ruckartigen Kopfbewegung zurück und riß kurz ihre Augen weit auf, ehe sie wieder fortsah.
      An dieser Bewegung erkannte ich sie. Jetzt kapierte ich. Über zehn Jahre, also mehr als mein halbes Leben, hatte ich mich selbst belogen, um mit der Enttäuschung fertigzuwerden, dass sie mich damals einfach hatte fallen lassen.
      Sie war Melanie.
      Ich atmete etwas heftiger, aber das lag keineswegs an dem von ihr vorgegebenen Marschtempo.
      Erneut warf sie ihr Haar zur Seite. Ich war verrückt danach, Frauen das tun zu sehen. Nur deshalb hatte ich mir immer die alberne US-amerikanische Serie "Charlies Engel"angesehen.
      Nein, die schreckliche Kim war nicht meine erste Liebe gewesen.
      Nicht, wenn es Melanie wirklich gab.
      Ich konnte und mußte meine Biographie neu schreiben.
      Das freute mich fast so sehr, wie das Wiedersehen selbst.
      "Wie geht es dir?", fragte ich.
      Sie trug ziemlich bescheuerte Klamotten, viel zu weit und viel zu bunt. Ihr Haar war von mindestens einer mißlungenen Färbung ebenfalls bunt. Ihr Leben lief derzeit garantiert nicht perfekt. Ich hatte angenommen, dass sie, wenn es sie gab, eine sehr erfolgreiche und für mich total unerreichbare Managerin oder Künstlerin werden würde, der ich mich allenfalls als Angestellter oder Fan nähern konnte. Unter diesen Umständen sahen meine Chancen aber viel besser aus. Diese Erkenntnis berauschte mich.
      "Ganz gut", antwortete sie.
      Ich hörte Unsicherheit in ihrer Stimme. Sie war nicht mehr in der Lage, mich zu dominieren, obwohl sie es einst getan hatte. Mit dieser Erkenntnis verschwanden meine letzten Zweifel.
      Ich fühlte mich so grandios, dass meine Stimme prompt um eine ganze Oktave sank.
      "Erinnerst du dich an mich?", fragte ich.
      "Ich glaube schon."
      Endlich lief sie etwas langsamer.
      "Wohin geht es?", brummte ich.
      "Ich muß in der Stadt etwas abholen."
      "Und dann?"
      "Dann müssen wir uns wieder trennen."
      Ich sah mich unter Zugzwang. Die Stadt war klein und Melanie war schnell. Wohin sie auch wollte, sie würde gleich dort sein.
      Ich mußte zumindest ihre Telefonnummer kriegen.

      (Fortsetzung folgt)


      :cool:
      Avatar
      schrieb am 29.03.03 13:19:52
      Beitrag Nr. 39 ()
      Ich bin gespannt, ob ich es schaffe, dass dieser Thread tausendmal angeklickt wird.
      So oder so werde ich das Projekt aber durchziehen. Wenn ich hier fertig bin, übersetze ich das Manuskript in die englische Sprache und veröffentliche es auf internationalen Internet-Seiten.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 30.03.03 01:47:28
      Beitrag Nr. 40 ()
      :cool: durchziehen ist cool !
      Avatar
      schrieb am 30.03.03 10:21:37
      Beitrag Nr. 41 ()
      Bin faul geworden...:yawn: :cool:
      Avatar
      schrieb am 30.03.03 23:36:14
      Beitrag Nr. 42 ()
      24.
      „Wie lange haben wir eigentlich nicht mehr miteinander geredet?“, fragte ich in einem möglichst lässigen Tonfall.
      Sie sah mich kurz an und schwieg.
      Ich machte es wie ein freundlicher Lehrer- ich gab ihr einen Teil der Antwort vor:
      „Das ist doch bestimmt schon zehn Jahre her...“
      Sie warf den Kopf herum und ließ die langen schwarzen Haare fliegen.
      Das machte mich verrückt.
      Ich kannte nicht viele langhaarige Mädchen, aber die wenigen, die ich kannte, waren besonders stolz darauf, dass ihre Frisur dank riesigem Verbrauch von Haarfestiger immer "saß". Das macht mich kaum an.
      Eine Frau, die es nicht ertrug, wenn ihre eigenen Haare ihr Gesicht streichelten, mochte meistens erst recht keine spontanen Berührungen von einem anderen Menschen.
      Frauen, die permanent alles einschließlich der Natur hundertprozentig unter Kontrolle haben wollten, fand ich nicht sehr erotisch oder wirklich weiblich.
      Melanies Haare schienen im Wind richtiges Leben zu entwickeln.
      Fast wie das Haupt der Medusa.
      Magisch.
      Faszinierend.
      Trotzdem sagte sie kein Wort. Aktuell schien ich nicht ihr Typ zu sein. Meine einzige Chance bestand also darin, auf die alte Freundschaft pochen und dann eine Brücke zur Gegenwart schlagen.
      „Ich war damals total fasziniert von dir“, sagte ich. „Du hast meine Erwartungen gegenüber Frauen geprägt."
      „Da waren wir doch noch ganz klein...“ wehrte sie ab.
      „Eben“, sagte ich. „In diesem Alter ist der Geist noch offen. Da ist noch alles möglich. In diesem Alter werden die Weichen für das ganze spätere Leben gestellt.“
      „Aber da waren wir doch noch ganz klein!“, sagte sie. "Was konntest du schon an einem kleinen Mädchen finden?"
      "Ich war doch genauso klein. Für mich warst du groß. Später, als du fort warst, habe ich mich immer wieder gefragt, wie du inzwischen wohl sein würdest. Wenn ich ganz alte Filme mit Elisabeth Taylor oder anderen hübschen schwarzhaarigen Mädchen sah, dachte ich an dich. So bist du in meiner Vorstellung mit mir älter geworden. Ich weiß auch nicht mehr, was ich ursprünglich an dir fand, aber jetzt stelle ich fest, dass du dich wirklich so entwickelt hat, wie ich es mir immer vorgestellt habe, und das gefällt mir unheimlich."
      Wieder sah sie mich schweigend an.
      Ich guckte auf meine Armbanduhr. Ja, jetzt hatte ich genug Geduld gehabt und konnte sie nach ihrer Telefonnummer fragen.
      „Können wir nicht später später noch einmal darüber diskutieren, wenn wir beide mehr Zeit haben, statt uns jetzt hier mitten auf der Straße unnötig rumzustreiten?“, fragte ich.
      Nun sah sie mir in die Augen.
      „Ich habe einen Freund“, sagte sie.
      Jetzt hatte ich die Gewißheit, daß sie mich doch verstand.
      "Aha", sagte ichnach dem ersten Schreck, „dann entschuldige ich mich jetzt dafür, daß ich mich so an dich ranschmissen habe und gebe dir als Wiedergutmachung ein Bier aus.“
      „Das geht auch nicht“, sagte sie. Ihre Stimme bekam etwas Flehendes. Dieser Tonfall gefiel mir bei ihr im Prinzip unglaublich gut, aber es mißfiel mir, was das in dieser Situation bedeutete.
      „Normalerweise bin ich im Internat“, sagte sie. „Er bringt mich morgen zurück. Er hat ein Auto.“
      Das mit dem Auto klang fast wie eine Frage.
      Sie sah mich an. Ich überlegte noch, ob ich den Wagen meiner Eltern kriegen könnte. Ehe ich ihren Blick erwiderte, sah sie schon wieder fort.
      Dann blieb sie ruckartig stehen und reichte mir die Hand.
      „War nett, mal wieder mit dir zu quatschen. Aber hier müssen wir uns trennen. Sonst sieht mein Freund uns zusammen und dann kriege ich mächtig Ärger.“
      Sie schüttelte mir die Hand, drehte sich um und ging auf eine Kneipe zu. Wenn ich ihr weiter nachlief, hatte ich wahrscheinlich nichts davon. Wenn ich ihrem Wunsch folgend zurückblieb, konnte ich mir in Ruhe ihren Gang ansehen.
      Ich blieb stehen.
      Es war schade, daß sie ging, aber es war geil, wie sie das tat.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 31.03.03 15:14:48
      Beitrag Nr. 43 ()
      25.
      Als sie in der Gaststätte verschwand, drehte ich mich um und ging nachdenklich heim.
      Immerhin verstand ich nun, warum ich sie nicht wie erhofft am Gymnasium wiedergesehen hatte. Sie war in der Schule noch schlechter als ich. Unglaublich.
      Unsere frühe Freundschaft war kein Traum gewesen, aber vielleicht redete ich mir das nach dieser Abfuhr am besten so bald wie möglich wieder ein. Vielleicht würde es weitere zehn Jahre dauern, bis ich sie erneut sprechen konnte, und schließlich schien sie mich schon jetzt vergessen zu haben.
      In Wirklichkeit dauerte es nur ein paar Monate, ehe sie mir erneut begegnete. Sie besuchte irgendeinen anderen Ausbildungszweig an den Wirtschaftsschulen und ignorierte mich. Stattdessen paffte sie ständig und lief irgendwelchen albernen Cliquen hinterher.
      Vielleicht war in ihrem Leben etwas total schiefgegangen.
      Meine Gefühle für sie waren extrem widersprüchlich. Sie kam mir vertraut vor, weil ich so oft an sie gedacht hatte, aber sie war mir fremd, weil sie sich in der Wirklichkeit ganz anders als in meiner Fantasie entwickelt hatte.
      Eigentlich liebte ich nur die Melanie in meiner Fantasie, die es überhaupt nicht gab, und die sich vor allem darin von der echten Melanie unterschied, dass sie mich immer noch mochte.
      Jens-Uwe war jetzt endlich mit Kim zusammen. Er macht nicht mehr auf Casanova und sie hatte nichts Zickiges mehr an sich.
      Anscheinend ging es allen meinen früheren Bekannten besser ohne mich.
      Ehe ich mit der Schule fertig war, gab es eine Überraschung, die alle beinahe belanglos machte.
      Jens-Uwe trennte sich von Kim und wurde stattdessen regelmäßig mit Melanie gesichtet.
      Das machte mich so perplex, dass ich Kim ansprach, als ich sie mir nächstesmal über den Weg lief. Sie reagierte erstaunlich positiv auf mich. Ihre Erklärung für Jens-Uwes neue Beziehung überraschte mich noch mehr.
      "Sie ist meine beste Freundin. Dadurch hat er sie kennengelernt."
      Ich konnte nur sprachlos den Kopf schütteln.
      Ein Jahr später, ich war bereits als Wehrpflichtiger bei der Bundeswehr, hörte ich von seinem tödlichen Verkehrsunfall.
      Direkt nach seiner Beerdigung, bei der seine Ex-Freundinnen in vier oder fünf Reihen hintereinander stehen mußten, fragte ich Kim nach den näheren Umständen. Seltsamerweise kam sie mir inzwischen vertraut vor, obwohl wir uns früher nie auch nur ansatzweise verstanden hatten.
      "Es war ein Unfall", sagte sie. "Unfälle passieren. Aber er wollte sowieso nicht mehr leben, weil Melanie einen anderen Mann gefunden hatte."
      "Jens-Uwe und Liebeskummer?", fragte ich. "Das kann ich nicht glauben."
      "Er hatte sich verändert. Er war reifer geworden."
      Ich schwieg.
      "Willst du mit Melanie sprechen?", fragte sie.
      "Nein."
      "Vielleicht später."
      "Nein", sagte ich. "Nie wieder."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool: :cool: :cool:
      Avatar
      schrieb am 31.03.03 22:45:56
      Beitrag Nr. 44 ()
      26.
      Jens-Uwes Tod veränderte meine ganze Weltsicht. Plötzlich verstand ich unsere Evolution. Die Tatsache, dass wir latent zur Zweitfrau neigten, hatte nichts mit dem akademischen Märchen zu tun, dass wir unser Erbgut so weit wie möglich verbreiten wollten. Wenn es so viele untreue Männer gab, hieß dies, das die untreuen Männer in der Vergangenheit größere Überlebensschancen gehabt hatten.
      Möglicherweise handelten wir im Sinne der Selbsterhaltung, statt der Arterhaltung, wenn wir bei mehr als einer Frau nach Liebe suchten.
      Wer sein ganzes Schicksal mit einer einzigen Frau verknüpfte, wie Jens-Uwe es zuletzt getan hatte, der verlor alles, wenn er sie verlor.
      Vielleicht waren Untreue und Polygamie nur das, was Börsianer immer predigten.
      Nämlich...
      ... Risikostreuung!

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 31.03.03 22:55:50
      Beitrag Nr. 45 ()
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 02.04.03 02:55:21
      Beitrag Nr. 46 ()
      27.
      Als ich Urlaub bekam, ging ich mit Kim aus. Wir hatten eine Menge zu bereden und sie war inzwischen unglaublich nett. Sie erzählte mir, was ich ich wissen wollte, und sie fand unterhaltsam, was ich zu berichten wußte. Mit ihrer Schlaksigkeit und ihrem Kurzhaarschnitt sah sie zu jungenhaft aus, um mich wirklich zu reizen, aber anscheinend wollte sie auch nichts von mir.
      Wenn ein Mädchen mehr als Freundschaft von mir wollte, spielte sie mit ihren Reizen, konfrontierte mich mit ihren Launen, und provozierte oder verwirrte mich, um dann wieder einzulenken.
      Kim machte keinerlei Spielchen mit mir, sondern benahm sich einfach wie eine nette Schwester. Sie wirkte ein wenig nervös, aber das wunderte mich nicht, denn ich hatte sie als hysterisch veranlagt in Erinnerung, und solange daraus keine neuerliche Aggressivität gegen mich erwuchs, konnte ich darüber hinwegsehen.
      Als wir in den Katakomben eines uralten Gebäudes vor Weizenbier saßen, mußte sie plötzlich lachen.
      "Habe ich etwas an der Nase?", fragte ich.
      "Nein. Ich mußte nur wieder daran denken, wie du früher immer mit Jens-Uwe Schach gespielt hast. Ich fand das lustig. Ich werde nie verstehen, wie man sich so in ein Spiel vertiefen kann. Typisch Männer!"
      "Ich habe mich mit Jens-Uwe angefreundet und mit ihm Schach gespielt, um in deiner Nähe zu sein."
      "Was?"
      Sie sah mich überrascht an.
      "Wußtest du das nicht?", fragte ich.
      "Nein", antwortete sie.
      "War das nicht offensichtlich?"
      "Nein. Nicht wirklich."
      "Und warum hast du dann immer so ein Geschrei gemacht, wenn ich da war?"
      Sie zuckte mit den Schultern.
      "Ich weiß nicht. Daran kann ich mich kaum erinnern. Vielleicht fühlte ich mich irgendwie bedroht."
      "Bedroht?"
      Das machte mich ärgerlich. Ich hatte sicherlich mehr Angst vor ihr gehabt, als umgekehrt. Sie war schließlich unberechenbar gewesen und hatte immer überreagiert.
      Ehe ich noch länger darüber nachdenken konnte und wütend werden mußte, wechselte sie das Thema.
      "Woher kennst du Melanie?"
      "Hat sie das nicht erzählt?", fragte ich.
      "Nein, sie hat nichts über dich erzählt."
      "Warum fragst du sie nicht?"
      "Das habe ich getan."
      "Und was hat sie gesagt?"
      "Nichts. Das erwähnte ich doch bereits."
      "Hat sie keinen Grund genannt, warum sie darüber nicht reden will?", fragte ich.
      "Nein, sie erinnert sich einfach nicht an dich."
      "Ich erinnere mich aber sehr gut an sie."
      "Dann erzähle es mir", forderte Kim mich auf.
      Ich fasste mich an den Kopf. Melanie war immer noch so, wie sie schon mit sechs Jahren gewesen war. Sie machte aus ihren Angelegenheiten stets das größtmögliche Geheimnis und instrumentalisierte ihre Freunde.
      "Wer will das wissen?", fragte ich.
      "Ich", sagte sie.
      "Okay. Also, meine Eltern zogen in diese Stadt, als ich fünf Jahre alt war und kurz vor der Einschulung stand. Ich kam in das Haus, in dem sie immer noch leben. An die Rückseite des Hauses grenzte schon damals das große Feld, vor dem meine Eltern mich warnten. Es gab dort nämlich verwilderte Katzen, die teilweise bereits seit Generationen keinen Kontakt mehr zu Menschen gehabt hatten, und die nicht nur Mäuse und Ratten, sondern sogar Fasanen rissen. Wenn man sich ihnen näherte und gebissen wurde, konnte es passieren, dass man einen Finger verlor.
      Eines Nachmittags war ich hinter dem Haus und drosch meinen Fußball immer wieder gegen die Hauswand. Ich spielte allein, denn ich hatte noch keinerlei Freunde. Ich fühlte mich einsam und frustriert. Da raschelte es im Feld und ich kriegte einen Schrecken, denn dem Geräusch nach mußte es eine unglaublich große Katze sein, die soeben aus dem Feld gekommen war.
      Vielleicht handelte es sich auch um einen bösen Mann.
      Ich drehte mich um und da stand sie.
      Sie war sehr braun von der Sonne und trug einen weißen Bikini. Sie erinnerte mich an eine Werbung für Sonnenöl. Ich hatte mir das Bild ausgeschnitten und zur Belustigung meiner Eltern an die Wand geklebt."
      "Du findest es schön, wenn Frauen braungebrannt sind?", fragte Kim.
      "Nein", widersprach ich. "Heutzutage finde ich es aufregend, wenn eine Frau auf heller Haut schwarzes Leder trägt."
      "Das ist aber das genaue Gegenteil!"
      "Keinesfalls. Ich finde es interessant, wenn die Farbe eines Bikinis in deutlichem Kontrast zur Hautfarbe der Trägerin steht."
      "Ach so", sagte sie schnippisch. "Und wie ging es weiter?"
      "Sie hatte sich verlaufen und erschrak genauso wie ich. Aber als sie merkte, dass ich völlig hypnotisiert von ihr war, wurde sie ziemlich selbstbewußt. Sie stellte fest, dass ich eine Menge Dinge für sie tat, wenn sie das wollte, und dass sie mir etwas beibringen konnte, wenn sie meine grammatikalischen Fehler verbesserte. Mein Vater fand diese Angelegenheit ziemlich lustig, aber meine Mutter sorgte sich, dass die Kleine für mich zu frühreif wäre und mich zu einem Schlappschwanz erziehen würde."
      "Und dann?"
      "Nach ein paar Wochen war sie auf einmal fort. Ich wurde anderswo als sie eingeschult. Ich war überzeugt, dass sie nach der Grundschule zum Gymnasium gehen würde, und strengte mich an, es ebenfalls dorthin zu schaffen, aber dort suchte ich sie vergebens. Während ich noch hoffte, bist du dann aufgetaucht und ich habe mich in dich verliebt."
      Kim zog die Stirn in Falten.
      "Das hört sich an, als wäre Melanie deine Traumfrau gewesen- und ich nur ein Ersatz."
      "Immerhin hat es dafür gereicht, dass du dich bedroht gefühlt hast", sagte ich.
      "Hast du nicht gesagt, du hättest sie vor Jens-Uwes Tod noch einmal gesehen?", fragte sie.
      "Noch dreimal", sagte ich. "Einmal, als ich gerade in dich verknallt war. Sie fuhr mit dem Rad an mir vorbei und hatte eine Freundin dabei. Sie verschwand, ehe ich sie ansprechen konnte. Ich habe mir dann wieder eingeredet, ich hätte das nur geträumt. Dann begegnete ich ihr vor zwei Jahren in der Stadt auf der Straße. Diesmal war sie zu Fuß und konnte mir nicht entfliehen. Ich war begeistert, aber sie ließ mich abblitzen. Zuletzt habe ich sie einmal an der Schule angesprochen, aber sie meinte, sie hätte mir nichts zu sagen."
      "Bist du zornig, weil sie stattdessen Jens-Uwes Freundin geworden ist?"
      Ich fühlte mich wie beim Psychater.
      "Irgendwie schon", gabe ich zu.
      "Bist du zornig auf sie, weil sie sich für ihn, statt für dich entschieden hat, oder bist du zornig auf ihn, weil er geschafft hat, was dir nicht gelang?"
      "Beides", antwortete ich.
      "Und was willst du jetzt tun?"
      "Das Ganze hat Ähnlichkeit mit einer griechischen Tragödie, weil wir hier in einem viel zu kleinen Kaff sind, wo jeder jeden kennt. Ich will fort von hier. Nach der Bundeswehr will ich ganz neu anfangen. Ich weiß noch nicht, was für eine Ausbildung ich machen will, aber es sollte möglichst weit weg von hier sein."
      "Werde doch Koch", sagte sie scherzhaft. "Da werden immer Leute gesucht. Als Koch kannst du überall Arbeit finden, und die Hotels und großen Restaurants haben auch Zimmer für ihre Angestellten."
      Ich dachte an meinen Lieblingsroman "Es muss nicht immer Kaviar sein" von Johannes Mario Simmel, in dem sich ein Kaufmann als Koch betätigte, und merkte mir diesen Vorschlag.
      "Kann es sein, dass du immer noch in Melanie verliebt bist, aber es nicht zugeben willst?", fragte sie.
      "Warum?"
      "Weil du von ihr schwärmst, aber trotzdem so tust, als wenn du ihr nie mehr begegnen möchtest."
      "Wo ist da der Widerspruch?"
      "Wenn man in jemanden verliebt ist, versucht man doch, sich diesem Menschen zu nähern."
      "Ich weiß, dass sie mir nur einmal tief in die Augen sehen muss, damit ich wieder wie hypnotisiert von ihr bin und alle anderen Frauen vergesse. Ich weiß nicht, ob sie zu dämlich ist, um das zu merken, oder ob sie mich einfach so scheiße findet, dass sie sich keine Verwendung für mich vorstellen kann, aber sie ist Gift für mich, und ich bin froh, dass ich noch lebe, obwohl der gute alte Jens-Uwe, der viel mehr als ich von Frauen verstand..."
      "Das reicht jetzt", unterbrach sie.
      "Okay."
      "Übrigens hat sie ihn mir nicht ausgespannt, sondern ich hatte jemand anderen kennengelernt, und er hat sich bei ihr ausgeheult, und daraus hat sich dann zwischen den beiden etwas ergeben. Wenn er lebensmüde war, dann nicht nur, weil sie ihn verlassen wollte, sondern weil ihm kurz vorher dasselbe mit mir passiert war. Zwei solche Enttäuschungen nacheinander waren zuviel für ihn."
      Ich ging zur Toilette, nur für den Fall, dass ich mich tatsächlich übergeben mußte.
      Bereits am Ende dieses Abends begann Kim sich zickig zu benehmen. Bei den nächsten Begegnungen wurde es jedesmal krasser. Schließlich verhielt sie sich wieder fast so unangenehm, wie ich es noch von unserer gemeinsamen Zeit am Gymnasium kannte. Vielleicht hatte sie sich nur mit mir abgefreundet, um mich für ihre Freundin Melanie auszuhorchen. Vielleicht hatte sie aber auch erwartet, dass ich mich auf sie stürzen würde, wenn sie sich dazu herabließ, mit mir zu quatschen.
      Jetzt, mit dreißig, kam Kim mir als ein typisches Einzelkind vor. Geschwister stritten sich und vertrugen sich wieder. Sie lernten, Rangstreitigkeiten auszutragen und Reviere zu verteidigen. Einzelkinder hingegen hatten mehr mit Erwachsenen zu tun, was jedesmal eine klare Hackordnung und klare Fronten bedeutete, und ihnen nur die Wahl zwischen Anpassung oder Strafe ließ.
      Melanie hatte es dank älterer Brüder schon mit sechs Jahren beherrscht, bei anderen Grenzen auszuloten, für sich neue Freiräume zu entdecken und sich Leute zurecht zu legen. Kim hingegen würde das selbst mit sechzig Jahren noch nicht gelernt haben. Sie konnte sehr lieb und duldsam sein, aber wenn das Ergebnis nicht ihren Erwartungen entsprach, forcierte sie gleich ohne irgendwelche Experimente oder Kompromisse den totalen Bruch.
      Meine Lehrer am Gymnasium hatten zwar weder mir, noch meinen Eltern erklären können, inwiefern Einzelkinder Defizite aufwiesen, aber sie hatten mit ihrer Vermutung instinktiv Recht gehabt.


      (Fortsetzung folgt)

      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 03.04.03 00:25:53
      Beitrag Nr. 47 ()
      28.
      Bei meinem letzten Date mit Kim fragte ich sie ganz offen, warum sie sich so schwierig benahm.
      "Ich bin nicht schwierig", antwortete sie.
      "Was bist du dann?"
      "Ich bin eine Frau."
      "Das ist mir klar."
      "Anscheinend nicht."
      "Es gibt auch Frauen, die einfacher als du sind."
      "Ja? Und wer? Deine Mutter?"
      Ich lachte, denn ich hatte an einige Damen im hiesigen Fitness-Studio gedacht, die nach dem Motto "Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper" ebenso fit wie umgänglich waren. Lediglich mit ihren starken Freunden, mußte man vorsichtig umgehen. Wenn sich damals bei Benno jemand beschwerte, dass er die Leute vom vor der Stadtgrenze residierenden Landpuff bei sich trainieren ließ, argumentierte er: "Bei mir trainieren doch auch Polizisten. Das gleicht sich dann aus." Ich teilte seine Meinung.
      "Was ist daran so lustig?", fragte sie gereizt.
      "Du liegst total daneben. Krasser geht es kaum. Meine Mutter ist tatsächlich noch schwieriger. Sie ist die schwierigste Frau, die ich kenne."
      "Vielleicht liegt das an dir!"
      "Nein. Sie ist ein Pechvogel und obendrein körperlich immer sehr anfällig gewesen. Mein Großvater war tablettensüchtig, meine Oma war eine kleine Hexe, und mein Vater war, wie sie erst nach der Hochzeit erfuhr, schwer verschuldet. Sie versucht immer, sich mit allen Leuten gut zu vertragen und mit dem wenigen Geld meines Vaters auszukommen, indem zu jedem freundlich ist und an allem spart, aber sobald irgendjemand sie nicht leiden kann, oder unerwartete finanzielle Probleme entstehen, gerät sie in Panik und ist gleich kurz vor dem Zusammenbruch. Mein Vater ist dann meistens gerade mal wieder mit seinem Laster weit weg."
      "Dann wundert es mich, dass du in Melanie verliebt warst. Die ist doch ganz anders als deine Mutter."
      Jetzt wußte ich, dass Kim nicht nur blöd tat.
      "Genau", sagte ich. "Melanie war anscheinend ein Glückskind. Sie hat andere ausgenutzt, anstatt sich ausnutzen zu lassen. Sie schien seelisch und körperlich stark zu sein. Wenn ich mit ihr zusammen war, konnte ich mich bestens davon erholen, mir um meine Mutter Sorgen zu machen."
      "Und an wen erinnere ich dich? An Melanie? Oder an deine Mutter?"
      "Früher hast du mich an Melanie erinnert. Damals hielt ich dich auch für ein Glückskind und eine sehr starke Frau. Inzwischen habe ich aber den Eindruck, dass du auch ein Pechvogel und bist und man Rücksicht auf deine Nerven nehmen muß."
      Sie verzog das Gesicht.
      "Dafür ist Melanie sehr zickig."
      "Eben", sagte ich. "Zickigkeit fand ich früher sehr anziehend. Zickige Frauen wissen, was sie wollen und wie sie es kriegen. Zickigkeit war für mich früher der Inbegriff von weiblicher Stärke und Weiblichkeit überhaupt. An Zickigkeit glaubte ich früher Karrierefrauen zu erkennen."
      "Melanie ist überhaupt keine Karrierefrau", warf Kim spöttisch ein.
      "Nein, das habe ich auch schon gemerkt." Ich lachte. "Jetzt bin ich auch erwachsen und habe meine Irrtümer erkannt. Trotzdem finde ich zickige Frauen, die sich durchsetzen können, und die man nur gelegentlich zähmen muß, attraktiver, als unnatürlich nette Frauen, bei denen man ständig fürchten muß, dass sie sich von irgendwelchen Knalltüten fertigmachen lassen und später plötzlich zusammenbrechen."
      "Mir gefällt nicht, was du mir erzählst."
      "Trink dein Bier auf."
      "Ich will mein Bier jetzt noch nicht auftrinken. Sonst bin ich gleich auf einmal besoffen, oder mein Kreislauf macht schlapp."
      Sie redete wie meine Mutter. Es gab mir einen Stich.
      "Du hast noch nicht viel getrunken", sagte ich.
      "Nein, aber ich bin sehr empfindlich auf Alkohol."
      "Du bist schwierig."
      "Ich dachte, du magst es, wenn Frauen zickig sind."
      "Das sind für mich zwei völlig unterschiedliche Dinge", erklärte ich. "Schwierig finde ich Frauen, bei denen man nie weiß, was für sie gut ist, oder wieviel sie verkraften, weil sie es nicht sagen mögen oder selber nicht wissen. Zickig nenne ich Frauen, die genau wissen, was sie wollen und brauchen, und die das nicht nur sehr deutlich, sondern überdeutlich signalisieren, so dass man selbst besoffen noch jedesmal rafft, was sie von einem erwarten."
      Sie setzte ein maliziöses Lächeln auf.
      "Kann es sein, dass du es magst, von Frauen dominiert zu werden?"
      Allmählich fand ich das Gespräch unproduktiv.
      "Nein. Dominante Frauen sind wie Unternehmer. Sie geben Anweisungen und verlangen Gefolgschaft, oder man wird verstoßen. Zickige Frauen sind stattdessen wie Gewerkschaften- ab und zu streiken sie, aber sie erkennen die Machtverteilung grundsätzlich an. Und wenn sie etwas wollen, verlangen zunächst stets mehr, als der gesunde Menschenverstand zuläßt, weil sie sofort einkalkulieren, dass sie heruntergehandelt werden."
      "Jetzt redest du wie ein Bänker."
      "Broker", verbesserte ich.
      "Was ist das?", fragte sie.
      "Meine Natur."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 05.04.03 18:39:58
      Beitrag Nr. 48 ()
      29.
      Mir gefielen Frauen, die es aufregend fanden, sich vor einem Mann ein wenig zu fürchten, und die sich in dieser Hinsicht bei mir gut bedient fühlten. Kim schien stattdessen Männer zu mögen, die ihre mütterlichen Gefühle ansprachen und sich von ihr mit sanfter Bestimmtheit umerziehen ließen. Vor diesen Frauen hütete ich mich, denn sie sie versuchten jeden Mann nach ihrem persönlichen Ideal zu formen, um ihn dann, wenn er endlich so war, wie sie es wollten, prompt uninteressant zu finden und fallen zu lassen.
      Genau das war höchstwahrscheinlich Jens-Uwe passiert.
      Als ich zum letztenmal abends mit Kim durch die Straßen ging, quengelte sie wieder mehrmals, ich wäre zu schnell. Dabei liefen wir schon langsamer als meine Eltern bei ihren Sonntagsspaziergängen. "Ich habe Probleme mit den Knien und den Hüften", erzählte sie. Auf meinen überraschten Blick fügte sie hinzu: "Ich kann auch nicht knien oder mich bücken." Das nahm ihr in meinen Augen erneut viel von ihrer Attraktivität, denn ich war kein Missionar.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 05.04.03 21:35:53
      Beitrag Nr. 49 ()
      30.
      Nach meinem Urlaub fuhr ich sonntagabends mit der Bahn zurück zur Kaserne. Als Wehrpflichtiger besass ich eine eine Freikarte.
      Im Gegensatz zu den vier anderen Kameraden aus meiner Stadt fuhr ich gern Zug. Die Tatsache, dass die anderen mir dabei nicht begegneten, weil sie immer mit dem Auto reisten, trug dazu bei.
      Die Vorstellung, morgens schon um 05.00 Uhr aufzustehen und dann als Nichtraucher zwei Stunden mit drei häßlichen, ätzend langweiligen, pausenloses rauchenden Kerlen eingepfercht zu sein, entsprach ziemlich genau dem Bild, das ich mir als Konfirmand von der Hölle gebildet hatte. Außerdem handelte es sich bei den vier Heinis um eine verschworene Gemeinschaft von vier Instandsetzern, die alle eine eigene Klapperkiste besassen und von ihren Eltern ausreichend gesponsert wurden, um nahezu ihren kompletten Sold für Sprit ausgeben zu können. Ich war ein Einzelgänger, gehörte als Fernmelder gewissermaßen zu den natürlichen Feinden der ewig über unverhältmäßig viel Arbeit nörgelnden Mechnikertruppe, und fühlte mich in deren privaten, nur von ihnen selbst gewarteten Karren nicht annähernd so sicher wie in unseren leichten Panzern, bei denen wir selbst die Ketten wechselten, weil die Instandsetzer dabei um ihre Finger fürchteten.
      Beim Bahnfahren begegnete man interessanteren und vielversprechenderen Menschen.
      An jenem Abend traf das ganz besonders zu.
      Sie hieß Heidi.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 05.04.03 21:57:59
      Beitrag Nr. 50 ()
      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 08.04.03 00:40:19
      Beitrag Nr. 51 ()
      31.
      Wenn ich unser Kaff mit einem der sogenannten Bummelzüge verließ, achtete ich nur darauf, pünktlich am Bahnsteig zu sein und mir nach dem Einsteigen ein möglichst ruhiges Plätzchen zu suchen, um einen Roman zu lesen. Genau wie meine Kameraden bevorzugte ich angelsächsische Autoren, denn im Gegensatz zu den deutschen Schriftstellern waren die englischen und amerikanischen Autoren sich keineswegs zu schade, eine nachvollziehbare äußere Handlung zu schildern, anstatt mit akademischer Akribie das Innenleben einer verwirrten Seele im Kampf mit den Banalitäten des Alltags nachzubilden oder die geistige Gesundheit des Lesers auf vergleichbare Weise zu unterminieren.
      Beim Umsteigen wurde die Situation interessanter.
      An den Bahnsteigen in der Großstadt waren unter den vielen sich dort tummelnden Unbekannten immer wieder hübsche Mädchen. Fast jedesmal fand ich eine, die mir gefiel. Ich hielt während des Wartens auf den Zug stets respektvoll Abstand, vermied direkten Blickkontakt, gab mich lässig, und sah nur gelegentlich wie beiläufig zu dem Mädchen herüber. Zeigte sie aufkommende Nervosität, hielt ich gleich nach einer anderen Ausschau, denn seit meinen Erlebnissen mit Kim reagierte ich auf weibliche Hysterie äußerst allergisch.
      Traf der Zug ein, blieb ich so lange stehen, bis niemand mehr ausstieg. Dabei beobachtete ich, wohin die Frau meiner Wahl ging. Damals gab es noch geschlossene Abteile mit jeweils sechs Sitzen. Oft konnte ich schon von draußen sehen, wo sie sich setzte. Wenn sie mir eine Chance geben wollte, suchte sie sich ein leeres Abteil. Falls es sie davor graute, unterwegs jemanden kennenzulernen, zwängte sie sich stattdessen in das womöglich einzige Abteil, in dem es nur noch für sie einen freien Platz gab.
      Ich folgte grundsätzlich mit einer gewissen Verzögerung, selbst wenn ich sie dadurch aus den Augen verlor. Junge Frauen benahmen sich sehr intuitiv, und wenn man sie zu sehr bedrängte, löste man Fluchtreflexe aus. Das war das Gegenstück zu der Beobachtung, dass eigentlich harmlose Hunde zu Jägern werden konnten, wenn man vor ihnen davonlief, und solchermaßen Jagdinstinkte weckte. Als Mann mußte man die Natur in allen Kreaturen kennen und respektieren.
      Heidi war ungeschminkt und trug ihr Haar zu einem schlichten Pferdeschwanz gebunden. Ich fand sie auf sehr natürliche Weise hübsch. Besonders faszinierte mich ihr perfekter Haaransatz. Sie trug unauffällige weite Sachen, aber im Gegensatz zu Kim und noch mehr als Melanie sah sie darin hinreißend aus, denn die Art, wie der Stoff sich mit ihr bewegte, wenn sie ging, erinnerte mich an die grazilen Kampfsportlerinnen im Karate-Verein.
      Wenn sie so wenig aus sich machte, dass nur ein Kenner wie Jens-Uwe oder ich ihre Qualitäten erkennen konnte, war sie höchstwahrscheinlich solo.
      Als ich in den Zug stieg, wußte ich nur, in welche Richtung sie gegangen war. Ich marschierte an ungefähr zehntausend Abteilen vorbei, in denen ganz unterschiedlich viele Leute saßen, bis ich sie wiederfand. Ja, sie hatte ein leeres Abteil gesucht. Aber vielleicht wollte sie wirklich allein sein, und verließ das Abteil, sobald ich mich zu ihr setzte.
      Sie war wirklich süß.
      Ich durfte es auf keinen Fall versauen.
      Ich stellte mir vor, Jens-Uwe hätte mir sein Wissen über Frauen vererbt und würde mich jetzt von oben sehen und mir nötigenfalls Tipps geben.
      Volles Risiko.
      Alles auf eine Aktie.
      Ich atmete aus und riß die Tür auf.
      Sie zuckte zusammen und sah mich an.
      Ich guckte durch das Fenster nach draußen in die Wolken und hörte mich zu meiner eigenen Verwunderung in launischem Ton fragen: "Rauchst du?"

      (Fortsetzung folgt)

      :cool:
      Avatar
      schrieb am 08.04.03 00:47:13
      Beitrag Nr. 52 ()
      :lick:
      Avatar
      schrieb am 08.04.03 13:53:37
      Beitrag Nr. 53 ()
      32.
      „Wie bitte?“, fragte sie.
      „Das hier ist ein Raucherabteil“, sagte ich mit ernster Miene, „und ich bin Nichtraucher."
      Ich wollte ihr noch eine Chance geben, mich rauszuschmeißen. Wenn sie auf keinen Fall etwas mit mir zu tun haben wollte, brauchte sie nur zu antworten, dass sie rauchte, oder mich das nichts anging.
      „Ich bin auch Nichtraucher“, sagte sie. „Ich hatte das Schild überhaupt nicht gesehen.“
      Das hörte sich beinahe wie eine Einladung an. Jetzt konnte es nicht mehr allzu dramatisch schiefgehen.
      „Prima“, sagte ich, „dann ist ja doch noch ein Fensterplatz für mich frei.“
      Ich schwang meine zusammengeknoteten Kampfstiefel auf die Gepäckablage, hievte meine Reisetasche in Zeitlupe hinterher und verharrte kurz in dieser Position. Keine Frau verliebte sich in meine Gangster-Visage, aber manche waren schon zufrieden, wenn ein Mann einen breiten Rücken hatte, und dafür machte ich schließlich seit Jahren möglichst täglich Klimmzüge.
      Ich fischte einen Agenten-Roman aus meiner Reisetasche, setzte mich vor ihr auf den anderen Fensterplatz, guckte einmal kurz raus und schlug mein Buch auf.
      Sie senkte den Blick, zog die Füße ein Stück zurück und holte auch ein Buch hervor. Zum Glück handelte es sich um kein „Frauen-Buch“, sondern um einen ganz normalen, von einer Frau geschriebenen Roman. Allerdings kannte ich die Autorin nicht, was mir die Möglichkeit nahm, mein Gegenüber im Verlaufe der Fahrt in ein Gespräch über ihre Lektüre zu verwickeln. Aber falls sie irgendwann auf mein Buch sah, konnte ich ihr vielleicht etwas über meinen eigenen Schmöker sagen, was übrigens selbstverständlich der übliche Plan B war.
      Jedesmal wenn irgendjemand in das Abteil blickte, guckte ich böse. Ich setzte dann denselben Blick auf, wie wenn ich beim Kickboxen eine rasche Drehung um 180 Grad machte und dann über die Schulter nach hinten sah, ob mein Tritt den Gegner auch richtig traf.
      Wir blieben alleine.
      Endlich fuhr der Zug an.
      Sie saß mit dem Rücken zur Fahrtrichtung und bekam einen sanften Stoß in meine Richtung.
      Ich sah mir ihr Gesicht dabei genau an.
      „Oh“, sagte sie, als sie sich wieder gegen das Polster lehnte.
      Ich vermied es, sie sofort anzustarren. Das wäre zu plump gewesen. Wenn ich sie anglotzte, mußte ich auch etwas zu ihr sagen können, aber noch hatte ich keine Ahnung, was ich sagen sollte.
      Also wendete ich meine bewährte 3-Schritt-Technik an.
      Zuerst gab ich mich sehr zurückhaltend und stierte angestrengt in mein Buch.
      Dann guckte ich für jeden Baum und jedes Haus am Wegesrand aus dem Fenster, bis ich praktisch ohne Pause hinaus sah.
      Schließlich ließ ich jedesmal, wenn sie mir nur den allergeringsten Vorwand dafür gab, den Blick zu ihr hinüberschweifen. Sobald sie sich ein wenig räusperte oder an der Nase rieb, warf ich ihr einen Blick zu, guckte wie beiläufig zum Abschluß kurz auf ihren Busen, und versteckte mich dann gleich wieder hinter dem Buch.
      Es funktionierte.
      Einmal faßte sie nach ihrem Pferdeschwanz, drehte ihren Kopf leicht zur Seite und ließ mich ihren Schwanenhals sehen.
      Ich sah hin.
      Sie lächelte ein ganz kleines bischen.
      Zwei Minuten später machte sie exakt die gleiche Bewegung.
      Ich sah wieder hin.
      Sie lächelte ein bischen.
      Eine Minute später machte sie diese Bewegung zum drittenmal.
      Ich sah wieder wieder hin.
      Sie lächelte.
      Ich zog fasziniert die rechte Augenbraue hoch..
      Sie lächelte weiter und ließ ihr Buch sinken.
      Ganz offensichtlich testete sie mein Interesse und ihre Wirkung auf mich. Das war es, was mich beim Kennenlernen von Frauen am meisten erregte- wenn sie mit mir experimentierten. Meine Eltern und meine Verwandten und Bekannten verstanden das nie. Die dachten immer, es würde mich anmachen, wenn ein Mädchen mir gegenüber unerschütterlich nett war, aber sowas stürzte mich stattdessen in Depressionen. Nur wenn ein Mädchen mit solchen Spielchen begann, wußte und fühlte ich, daß etwas „los“ war.
      Sie legte das Buch auf die Knie, beugte sich ein wenig vor und griff mit beiden Händen hinter sich, um ihren Pferdeschwanz wieder in Ordnung zu bringen, obwohl das Teil ohnehin vorbildlich korrekt war.
      Mein Puls beschleunigte sich, denn in Sachbüchern aus der Stadtbibliothek hatte ich einst gelesen, das Verhaltensforscher bei solchen Gesten von "Putzverhalten" sprachen .
      Ich legte mein Buch ebenfalls fort.
      „Du hast eine sehr schöne Haarfarbe“, sagte ich, während ich sie mit wohlwollender Miene betrachtete.
      „Ach was“, sagte sie, „straßenköter-blond! Ich sollte wohl färben.“
      „Oh nein“, sagte ich, „bitte nicht!“
      Sie sah mich überrascht an.
      „Was wäre denn daran so schlimm? Dann hätten meine Haare wenigstens eine einheitliche Farbe. Ist das nicht schöner?“
      „Nein“, sagte ich entschieden. „Diese vielen Strähnchen sind doch sehr hübsch. Dort, wo du die Haare zusammengebunden hast, verbinden sich alle diese Strähnchen zu einem schönen, einzigartigen Muster, das so unverwechselbar wie ein Fingerabdruck ist. Wenn du dir die Haare färbst, ist deine ganze Persönlichkeit wie fortgewischt und du hast genau die gleiche Farbe wie Tausende anderer Frauen. Das wäre doch schade. Außerdem, wenn ich in der Werbung blonde Frauen sehe, deren Haarschopf eidottergelb ist, sieht das immer so künstlich aus, als wäre es eine Perück oder ... eine Legionärskappe...“
      Sie kicherte.
      „Du denkst bei blondgefärbten Haaren an Legionärskappen?“, fragte sie prusten.
      Ich zuckte mit den Schultern.
      „Ich bin eben Soldat", sagte ich. „Aber dadurch habe ich jetzt immerhin dich kennengelernt.“
      „Wie meinst du das?“, fragte sie erschrocken.
      Es war keine geringe Verantwortung, Teil meines Schicksals zu sein, und das schien ihr soeben klar zu werden.
      „Ich bin auf dem Weg zurück zur Kaserne. Morgen habe ich wieder Dienst, und wer weiß, was dann kommt. Hast du schon mal eine Erkennungsmarke gesehen?“
      „Eine... was?“
      Ich zog die ovale Marke aus dem Hemd. Bei solchen Zugfahrten trug ich sie immer um den Hals.
      „Siehst du?“, fragte ich, während ich mich vorbeugte, „da in der Mitte kann man die Marke ganz leicht durchbrechen. Fühl mal, wie einfach das geht..."
      Sie rutschte mit ihrem niedlichen kleinen Hintern auf dem Sitz vorwärts und strich mit der Kuppe ihres zartgliedigen schlanken rechten Zeigenfingers über die Perforation.
      "Ja, das fühlt sich schon so an, als wenn man das Teil ganz leicht knicken kann...", sagte sie andächtig.
      "Weißt du denn auch schon, wozu das kleinere Kettchen unten an der zweiten Hälfte gut ist?", fragte ich.
      Sie spielte mit dem Zeigefinger ein bischen daran herum, als könne sie auch hier durch ihren Tastsinn zu weiteren Erkenntnissen kommen.
      "Nein...", sagte sie dann nachdenklich.
      "Das ist für meinen großen Zeh".
      "Was?"
      "Wenn ich mal falle, oder bei einer Manöver-Übung aus Versehen von einem Panzer überrollt werde, bricht man das Oval in der Mitte durch und hängt mir die untere Hälfte der Erkennungsmarke an den großen Zeh. Der Kopf wird zugedeckt."
      Erschrocken zog sie ihre Hand zurück und setzte sich aufrecht hin.
      "Kann das denn bei euch passieren?", fragte sie.
      Ich war Fernmelder in der 1.Kompanie. Wenn nicht gerade Übung war, saß ich mit den anderen im Fernmeldekeller und putzte Antennen oder pokerte. Neuerdings saß ich meistens als "Gefreiter vom Dienst" im Eingang des Kompaniegebäudes und agierte als Pförtner.
      Natürlich durfte ich jetzt nicht sagen!
      "Das darf ich nicht sagen", antwortete ich.
      Sie musterte mich erneut. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Mein Puls ging schon wieder schneller, als ich sie so sah, aber ich gab mich cool und sah durch das Fenster mit klarem Blick in die weiter Ferne.
      "Mein bester Freund ist erst vor wenigen Wochen bei einem Unfall umgekommen", fügte ich hinzu.
      Natürlich mußte ich darüber schweigen, dass das im Zivillleben passiert war.
      "Wie ist das passiert?", fragte sie.
      "Darüber muss ich schweigen", antwortete ich.
      "Oh", hauchte sie.
      "Übrigens, ich heiße Wolf", sagte ich rasch, die Gunst der Minute nutzend.
      "Ich heiße Heidi", sagte sie.
      Den Namen fand ich geil.
      "Gib mir doch mal deine Anschrift", sagte ich rasch, "dann kann ich dir nächste Woche oder so ein Lebenszeichen schicken."
      "Ja, das ist gut", sagte sie sichtlich bewegt. "Hast du was zu schreiben dabei?"
      "Ein guter Soldat hat immer Schreibzeug dabei, sagt unser Spieß", antwortete ich wahrheitsgemäß.
      Sie hatte eine sehr schöne Schrift. Ich zögerte ein wenig, den Kugelschreiber von zurückzunehmen, denn es sah so süß aus, wie sie ihn hielt.
      Vielleicht konnte Jens-Uwe es von da oben sehen und war stolz auf mich.
      Wahrscheinlich hatte er aber keine Zeit, mich zu beobachten, weil er gerade fleißig langbeinige blonde Engel flachlegte.
      Mir reichte ein einziger Engel.
      Heidi!

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 08.04.03 23:02:52
      Beitrag Nr. 54 ()
      33.
      Als ich am nächsten Bahnhof auf den Bus zur Kaserne wartete, sprachen mich zwei andere Wehrpflichtige an. Sie trugen wie ich zivile Kleidung, und hatten einen olivgrünen Rucksack sowie Knobelbecher als Gepäck dabei. Sie sagten, sie hießen Andreas und Bernd, wären in meiner Kompanie und würden mich vom Sehen kennen. Zu welcher Teileinheit sie gehörten, verschwiegen sie beharrlich, aber dann verplapperten sie sich doch noch.
      Es waren Instandsetzer.
      Ich ging auf Abstand.
      Im Bus diskutierten sie laut, ob sie, sobald sie ihr Gepäck in der Kaserne hatten, noch in eine nahegelegene Discothek gehen sollten. Aus irgendeinem Grund sollte ich aber mitkommen.
      „Da gibt es Frauen ohne Ende“, versprach Andreas.
      „Echt wahr“, sagte Bernd.
      „Das sind doch sicher alles noch Kinder“, wandte ich ein.
      „Nö, da nicht. Es ist ja auch Sonntagabend“, sagte Andreas.
      „Sonntagabends sind keine Kinder auf der Piste“, sagte Bernhard.
      „Höchstens Friseusen“, sagte Andreas.
      „Die sind jedenfalls alt genug“, sagte Bernhard.
      Ich mochte keine Friseusen oder Friseure, denn die quatschten den Frauen immer diese aufwendigen künstlichen Frisuren auf, die mich stets so befremdeten, und die sich vor lauter Haarfestiger oft wie Stacheldraht anfühlten.
      „Nee“, sagte ich.
      „Da kann man Frauen aufreißen ohne Ende“, sagte Andreas.
      „Das geht ganz leicht“, sagte Bernhard.
      Zu meinem Befremden guckten sie mir bei ihren Überredungsversuchen nicht in die Augen, sondern nur auf meine Schultern und Oberarme.
      „Ich habe heute schon ein nettes Mädchen kennengelernt“, sagte ich.
      Leider war ich mir nicht sicher, ob sie mir wirklich schrieb, und ob bei dieser Angelegenheit dann viel mehr als bei dem restlichen Dutzend Brieffreundschaften herauskommen würde.
      Andererseits war Heidi ein besonderes Mädchen und schien mich aufrichtig zu mögen. Falls ich konnte, mußte ich sie heiraten. Vielleicht sollte ich mich vorher noch einmal richtig austoben.
      „Frauen kann man ohne Ende haben“, sagte Andreas.
      „Frauen hat man nie genug“, sagte Bernhard.
      Bei solchen Sprüchen fühlte ich mich fast wie in den guten alten Zeiten mit Jens-Uwe und Benzmann. Das machte mich weich.
      "Laufen da außer uns noch mehr Soldaten rum?", fragte ich.
      "Ja, hauptsächlich Jäger", antwortete Bernd.
      Andreas boxte ihn zornig in die Seite.
      Wenn es Leute gab, die ich noch weniger als Instandsetzer mochte, dann Jäger.
      "Ich habe meine Grundausbildung zum Truppenfernmelder in Mordheim gemacht", sagte ich.
      "Das ist doch eine Strafkompanie", rief Bernd.
      Andreas boxte ihn erneut in die Seite.
      "Nein", widersprach ich, "nur die Ausbildungskompanie für Jäger ist dort eine Strafkompanie. Und die Strafe sind wir."
      "Dann kommst du also mit?", fragte Andreas erfreut.
      "Jau."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 09.04.03 12:54:52
      Beitrag Nr. 55 ()
      @wolf

      kompliment.

      :)
      Avatar
      schrieb am 09.04.03 14:20:57
      Beitrag Nr. 56 ()
      :yawn:
      Avatar
      schrieb am 10.04.03 00:54:25
      Beitrag Nr. 57 ()
      34.
      Das Publikum in der Discothek bestand zu höchstens einem Drittel aus Frauen.
      Ich sah auf den ersten Blick, daß die Männer ohne Ausnahme Soldaten waren, obwohl keiner Uniform trug, denn sie bewegten sich alle wie nach einem gründlichen Drill, und zwar geschliffen und ökonomisch, sowie mit recht steifen Hälsen.
      Die meisten dieser Burschen strahlten eine latente Aggressivität aus.
      „Wieder jede Menge Leute vom Jäger-Batallion da“, sagte Andreas.
      „Ja, voll!“, sagte Bernd.
      Irgendein Angeber glotzte mich an. Ich blieb ruhig stehen, glotzte zurück und tat so, als würde ich gerade einen Viertelliter Eiter durch die Nase hochziehen. Schließlich blickte er fort.
      Ich sah mich nach Andreas und Bernd um.
      „Gehen wir“, sagte Andreas.
      „Da drüben ist was frei“, sagte Bernrd.
      Wir setzten uns an den Tisch. Sofort kam eine Bedienung und fragte nach unsere Bestellung. Sie sah sehr gut aus. Im Gegensatz zu den anderen Frauen trug sie verwaschene, enge Jeans. Ich konnte mich nicht daran sattsehen. Wenn eine Frau in Jeans steckte, die sie schon seit Jahren besaß und oft getragen hatte, wirkte sie auf mich wie in Reizwäsche.
      Andreas und Bernd bestellten jeder ein großes Pils.
      „Ihr Deppen“, schimpfte ich, „warum bestellt ihr nicht kleinere Mengen und laßt sie doppelt so oft kommen. Sieht doch geil aus, wie sie geht. Ist das eine NATO-Matraze?“
      „Guck da nicht so hin“, sagte Andreas, „bitte!“
      „Ihr Freund ist Jäger!“, mahnte Bernhard.
      „Ich bin auch Jäger“, sagte ich.
      „Nee, Fernmelder“, sagte Andreas.
      „Genau“, sagte Bernd.
      Ich starrte der Bedienung weiter hinterher. Sie gab dem Barkeeper die Bestellung und beugte sich leicht über die Theke, während sie mit ihm sprach.
      „Die Frau weckt meine Jagdinstinkte“, sagte ich.
      „Mach keinen Mist“, sagte Andreas.
      „Aber echt“, sagte Bernd.
      Es war wie in den guten alten Zeiten mit Jens-Uwe und Benzmann, obwohl wir hier nur Bier tranken, statt Schach zu spielen. Außerdem observierten wir Frisösen und Jäger, statt Kim und Mofa-Rocker.
      „Was soll das überhaupt?“, fragte Andreas. „Okay, die trägt Jeans, aus denen sie schon ein bischen rausgewachsen ist...“
      „Schön eng“, sagte Bernd. "Als wenn man die da reingeschossen hat."
      „Aber das ist auch alles“, sagte Andreas.
      „Blödsinn“, schimpfte ich. „Wißt ihr, was Waschmuster sind?“
      „Nee“, antwortete Andreas.
      „Ich lasse immer meine Mutter waschen“, verriet Bernd.
      „Eine Jeanshose wird nie gleichmäßig belastet“, erklärte ich, „und dementsprechend wird sie auch nicht an allen Stellen gleich stark abgenutzt. Die stärker abgenutzten Stellen werden auch stärker ausgewaschen. Dadurch entsteht ein Muster, das bei jedem Menschen anders ist, weil ja auch jeder Körper anders ist und sich jeder ein bischen anders bewegt, und somit auch jeder seine Jeans etwas anders belastet. Das nennt man ein Waschmuster. In den USA hat man neulich zwei Bankräuber überführt, obwohl sie vor der Überwachungskamera maskiert gewesen sind. Man identifizierte sie anhand ihrer Jeans.“
      „Dann sollte man sich besser ordentlich anziehen, wenn man eine Bank überfallen will“, sagte Andreas.
      „Aber vielleicht brauchten die Typen das Geld, um sich neue Jeans zu kaufen?“, mutmaßte Bernd.
      "Oder Bier", sagte Andreas.
      Die Kellnerin stellte die Gläser vor uns ab, wobei sie sie sich über den ganzen Tisch streckte und jedem von uns ihre Oberweite einmal in korrekter Augenhöhe zeigte.
      Unwillkürlich stellte ich eine Frage.
      "Gibt es hier auch Milch?"

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 10.04.03 18:26:46
      Beitrag Nr. 58 ()
      35.
      Andreas und Bernhard erzählten mir, dass sie nicht nur zufällig in derselben Einheit dienten, sondern aus demselben Kaff stammten und dort in der ganzen Schulzeit bis zum Abitur immer nebeneinander gesessen hatten.. Außerdem waren sie beide im Schülerorchester und im selben Fußballverein gewesen.
      Schließlich legten sie damit los, durchzuhecheln, was sie beide unabhängig voneinander am Wochenende über ihre gemeinsamen Bekannten Neues gehört hatten.
      Ich guckte mich unauffällig um. Wenn man nur lange genug hinsah und weiter Bier trank, fand man fast alle der anwesenden Frauen ziemlich hübsch. Aber Andreas und Bernhard winkten jedesmal ab.
      „Die ist doch viel zu jung.“
      „Die ist doch viel zu alt.“
      „Die ist doch viel zu häßlich.“
      „Die ist doch viel zu stark geschminkt.“
      „Die ist auch bloß eine Jäger-Braut.“
      Statt Frauen anzumachen, quatschten die beiden pausenlos über ihr blödes Kaff. Sie standen nur auf, wenn sie altes Bier wegbringen mußten.
      Irgendwann fand ich das so unerträglich langweilig, daß ich schon die „Jäger-Braut“ anmachen wollte, um zu gucken, was die Jäger drauf hatten. Aber erstmal wollte ich noch pinkeln gehen.
      Um zu den Männer-Toiletten zu kommen, mußte man zwei Stufen hoch und dann an der Damen-Toilette vorbei.
      Als ich sicherheitshalber auf die Stufen sah, die man bei der stark flackernden Beleuchtung schlecht erkennen konnte, hörte ich ein sehr weibliches Kreischen.
      Ich blickte hoch und sah einen Schatten auf mich stürzen.
      Eine leichte Person klammerte sich mit aller Gewalt an mir fest und zog wie verrückt an meinem linken Arm.
      Sie klammerte so, wie nur Frauen klammern können, nämlich mit einer Kraft, der man anmerkt, daß sie nicht aus Masse an Muskeln, sondern aus reiner Entschiedenheit und Willenskraft geboren wird.
      Endlich hörte das Kreischen auf.
      Ein hübsches Mädchen in einem kurzen, figurbetonten, einfarbigen Kleid zog sich an mir hoch.
      Ihr Gesicht war knallrot und sie lächelte mich an.
      Eine unwiderstehliche Kombination.
      Ich wußte nicht, was passiert war oder noch passieren würde, aber ich wußte, daß ich Heidi nichts davon schreiben würde.
      „Hallo“, sagte die hübsche Fremde, während sie ihr Kleidchen glattstrich. „Du hast mir gerade das Leben gerettet.“
      „Okay“, sagte ich, „darauf können wir wohl einen trinken.“
      Ihr Lächeln verwandelte sich in ein wohlwollendes Grinsen. Sie sagte mir immer noch nicht, warum sie sich auf mich gestürzt hatte, aber sie sagte genau das, was ich von solchen Mädchen immer hören wollte.
      „Ja.“
      Als wir die Stufen hinuntergingen, drückte sie sich weiter an mich, wobei ihr andauernd die Handtasche von den schlanken Schultern rutschte. Obwohl sie sich inzwischen fühlbar entspannt hatte, riß sie immer noch in Intervallen krampfhaft an meinem Arm. Normalerweise machten Mädchen das nur, wenn sie küssen wollten.
      „Ich heiße Tanja“, sagte sie.
      „Hallo Tanja“, sagte ich.
      „Und wer bist du?“
      „Der Wolf.“
      Sie kicherte.
      „Bloß gut, daß du mich aufgefangen hast. Ich kann in den neuen Pumps noch garnicht richtig laufen und bin echt voll umgeknickt!“
      Sie zog mich zu einem freien Tisch und dirigierte mich auf die Sitzbank.
      "Hast du dir wehgetan?", fragte ich.
      Sie setzte sich neben mich.
      "Ich glaube, ich habe mir die Kniescheibe ausgerenkt", sagte sie. "Fühl mal."
      Ich tätschelte ihr Knie.
      "Nein, das andere Knie", sagte sie.
      Ich tätschelte das andere Knie.
      "Spürst du jetzt einen Schmerz?", fragte ich.
      "Nein, ganz im Gegenteil", hauchte sie.
      "Fühlt sich heiß an", sagte ich.
      "Fühlst du etwas anschwellen?"
      "Ja, aber das ist nicht dein Knie und auch nicht bei dir."
      Sie kicherte.
      "Ich muss mal eben zur Toilette", sagte ich.
      "Wie- willst du dr jetzt einen runterholen? War es das schon?", fragte sie enttäuscht.
      "Nein, ich war auf dem Weg zur Toilette, als du mich trafst", erinnerte ich sie.
      Sie sah mir tief in die Augen.
      "Dann denke jetzt auch daran, Gummis mitzubringen. Hast du Kleingeld?"

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 11.04.03 01:06:18
      Beitrag Nr. 59 ()
      36.
      Als ich nach dem Händewaschen Münzen für den Automaten suchte, mußte ich an Heidi denken. Sie gefiel mir viel besser als jede andere Frau, aber genau deshalb würde ich sie wahrscheinlich sowieso nicht kriegen. Ich mußte nur an Kim und Melanie denken, um zu wissen, dass es nie funktionierte, wenn ich nach einer Frau wirklich verrückt war, sondern nur zu Enttäuschungen und Katastrophen führte.
      Ich ging wieder zu Tanja.
      Die Kellnerin mit den verwaschenen Jeans stellte soeben zwei Bier auf unseren Tisch. Bei Tanja schaffte sie das, ohne den Oberkörper zu verbiegen.
      Ich zog meine zusammengefaltetete Getränkekarte aus Brusttasche, aber Tanja winkte ab, und die Kellnerin verließ uns, ohne etwas anzuschreiben.
      „Ich arbeite hier“, sagte Tanja stolz, als ich mich neben sie setzte. „Aber heute habe ich frei. Bis gerade eben war ich noch auf einer Geburtstagsfeier. Ich bin nur gekommen, weil sonntagabends immer die Schichten verteilt werden.“
      Andreas und Bernd guckten herüber.
      „Sind das deine Freunde?“, fragte sie.
      „Nein“, sagte ich. „Aber wir sind in derselben Führungskompanie. Die sind Instandsetzer und ich Funker.“
      „Du siehst nicht aus, als wenn du von den Funkern bist“, sagte sie mit prüfendem Blick.
      „Ich war zur Grundausbildung in Mordheim.“
      Sie kniff die Augen zusammen.
      „Das ist doch eine Strafkompanie!“
      Ich gab mich überrascht.
      „Wirklich? Ich habe mich schon gewundert, daß die Leute da immer ein bischen seltsam waren.“
      „Bist du vorbestraft?“, fragte sie angespannt.
      „Nur aktenkundig, aber nie verurteilt“, antwortete ich.
      Sie lächelte und klammerte sie sich wieder äußerst merkwürdig an mich, ehe sie ihr Glas zum Anstoßen hob.
      Ich wußte nicht, was ich von diesen Verrenkungen halten sollte und fragte gereizt: „Willst du etwa auf Brüderschaft trinken?“
      „Um Gottes Willen, nein!“, widersprach sie. „Bloß kein Inzest!“
      „Prost“, sagte ich.
      Sie stieß so heftig mit mir an, daß ihr Glas überschwappte und etwas Bier auf ihrem kurzen Kleid landete.
      „Ooops!“, rief sie fröhlich kichernd, „ich bin ja ganz feucht!“
      Das war eindeutig zweideutig. Ich ließ mein Bierglas los und legte meine Hand in ihren Nacken, während meine andere Hand über ihrem Knie zum Landeanflug ansetzte.
      „Aaaaaaaah!“, kreischte sie.
      Trotz der lauten Musik konnten es außer mir noch andere Leute hören. Sie rutschte unter den Tisch. Ihre Knie trafen die Tischplatte und brachten diese so zum Wackeln, dass mein Glas umkippte, und das kalte Bier sich über meine Hose ergoß.
      „Jetzt bist du auch feucht!“, rief sie lachend.
      „Feucht? Patschnaß bin ich. Mußte das sein?“
      Sie nickte heftig.
      „Was? Not... Gehe ich zu scharf ran oder was!“
      „Nee, aber du hast zu kalte Hände!“
      „Quatsch“, knurrte ich.
      „Du hattest deine Hand vorher am kalten Pilsglas...“
      Ich sah auf meine Hose. Tanja hatte meine Leidenschaft gerade eben sehr erfolgreich abgekühlt.
      „Sei doch nicht so humorlos“, sagte sie.
      „Ich sehe aus wie ein... Bettnässer“, knurrte ich.
      „Wir bleiben doch sowieso noch“, sagte sie. „Das trocknet.“
      „Toll.“
      „Magst du mich jetzt nicht mehr?“
      „Doch“, sagte ich eilig, denn ich wußte, wie Frauen werden konnten, wenn sie sich auf einmal abgelehnt fühlten. Lieber boxte ich gegen die versammelte Riege ihrer Ex-Freunde auf einmal. Und das waren bestimmt nicht wenige.
      „Willst du ein neues Pils?“, fragte sie.
      „Laß mal“, sagte ich, „ist vielleicht besser so. Ich sollte ab jetzt lieber Cola trinken.“
      Sie setzte sich gerade hin und drückte die Brust heraus.
      „Warum das denn!“
      Ich winkte ab.
      „Das wäre gerade schon mein fünftes 0,3 gewesen. Wenn ich fünf davon geschafft habe, werde ich immer aufdringlich. Man sieht ja, was dabei rauskommt. Nee, vier Stück sind meine Grenze.“
      Sie rannte zur Theke und holte für jeden von uns noch ein 0,3. Ich staunte, wie gut sie jetzt mit ihren schicken Pumps laufen konnte. Sie verschüttete keinen Tropfen.
      „Prost“, sagte sie noch im Stehen.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 11.04.03 14:54:12
      Beitrag Nr. 60 ()
      37.
      Kaum saß sie wieder neben mir, begann sie von ihren drei Katzen zu erzählen.
      "Die sind so scheu, dass sie sich überhaupt nicht zeigen, wenn Fremde zu Besuch kommen. Manche Leute glauben nicht einmal, dass ich wirklich Katzen habe."
      "Ich glaube es dir", sagte ich in beruhigendem Ton.
      Ich dachte an Melanie, die ich bei ihrem ersten Auftauchen für eine Katze gehalten hatte, und an Jens-Uwe, dem nach eigener Aussage zu seinen wildesten Zeiten bei einem One-Night-Stand im schlechtesten Moment eine Katze auf den Rücken gesprungen war.
      "Da kannst du auch glauben! Oder meinst du, ich esse das ganze Katzenfutter selbst?"
      Ich legte meine Hand prüfend um ihre Taille.
      "Solange du dich so anfühlst, ist mir deine Diät egal", sagte ich.
      "Katzen spüren, ob ein Mensch gut oder böse ist. Ich verlasse mich immer auf ihr Urteil."
      "Zu mir fassen Tiere immer schnell Vertrauen", sagte ich. "Das habe ich von meinem Vater geerbt."
      "Ich weiß nicht, ob meine Katzen dich mögen werden."
      "Das ist ein Experiment wert."
      Sie grinste süffisant.
      „Sag doch gleich, daß du zu mir nach Hause willst!“, tönte sie mit einem aggressiven Unterton und unternehmungslustigem Blick.
      Einen Moment überlegte ich, ob sie vielleicht ein Nymphomanin oder kurz vor ihren Tagen und darum gerade besonders scharf war. Aber so oder so- es gab eine Menge zu tun.
      Ich legte beide Hände auf ihre Knie.
      „Ja, ich will", sagte ich.
      "Wegen der Katzen?", fragte sie zwinkernd.
      "Natürlich."
      "Echt?", fragte sie leicht verunsichert.
      "Solange sie sich vor mir verstecken, kann ich mich schließlich mit dir beschäftigen."
      Sie nahm meine Hand von ihrer Taille, hielt sie fest, stand auf, und zog mich hinter sich her.
      Zum Glück war das Bier auf meiner Hose inzwischen getrocknet.
      "Ich sollte mich von meinen Kameraden verabschieden", sagte ich.
      "Quatsch. Du sollst doch nicht an die Front, sondern zu mir!"

      (Fortsetzug folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 12.04.03 19:08:09
      Beitrag Nr. 61 ()
      38.
      Als der Taxifahrer uns vor ihrer Haustür aus dem Taxi allein ließ, sah Tanja sich nervös um.
      „Was ist los?“, fragte ich. „Falsche Adresse?“
      Tanja starrte auf eine hohe Hecke.
      „Ich gucke wegen Klaus-Dieter“, sagte sie.
      „Klaus wer?“
      „Mein Ex-Freund. Der verfolgt und tyrannisiert mich. Der will es nicht einsehen.“
      „Ich bin ja da.“
      „Der darf nicht in meine Nähe. Das habe ich ihm nämlich gerichtlich untersagen lassen. Das hat mir nämlich schon Angst gemacht. Der muß es doch einsehen, wenn Schluß ist."
      Vielleicht hatte sie sich das nur ausgedacht. Bei Frauen gab es nach meinem Kenntnisstand zwar eine viel geringere Kriminalitätsrate, aber dafür mehr püchische Erkrankungen.
      „Jaja“, sagte ich, „nun laß uns reingehen.“
      Sie gab mir einen Kuss, der mich nicht überzeugte.
      „Was ist mit dir?“, fragte sie. "Stimmt irgendetwas mit meiner Frisur nicht?"
      Typisch Frau.
      Wenn ich jetzt den Mund aufmachte, hatte ich verloren, was auch immer ich dann sagte.
      Typisch Frau.
      Ich zog sie mit einer Hand an mich, klopfte ihr mit der anderen Hand auf die Backen und grinste sie an.
      Lächelnd entwand sie sich meinem Griff, drehte sich um und schloß auf.
      Ich dachte an Heidi und ihren niedlichen Pferdeschwanz, der bei ihren nervösen Halsbwegungen auf ihrem Nacken herumgetanzt war, und mich ein wenig an meinen Rasierpinsel erinnert hatte. Ich wäre lieber mit ihr zusammen gewesen. Aber wenn sie erfuhr, dass ich noch keine Lehre absolviert, sondern nur mit mäßigem Erfolg die Schule besucht hatte, würde sie mich wahrscheinlich sowieso fallen lassen. Für ein Mädchen wie Heidi gab es bessere Kerle als einen wie mich.
      "Warum guckst du so?", fragte Tanja leicht verärgert. "Freust du dich nicht?"
      "Doch. Ich bin nur müde."
      "Dann lass uns erst einen kräftigen Kaffee trinken, ehe wir ins Bett gehen", sagte sie.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 13.04.03 02:03:20
      Beitrag Nr. 62 ()
      ich glaub ich fange auch an zu schreiben, das hat was.
      Immer nur lesen ist auf Dauer etwas fade(allgemein meine ich):rolleyes:;)

      Gruß
      Avatar
      schrieb am 13.04.03 09:41:06
      Beitrag Nr. 63 ()
      @ ProFEIT

      So fängt es bei jedem an. Man liest etwas und denkt plötzlich: "Das kann ich auch" oder "Das kann ich besser!"
      ;)
      Oft ist das auch so! :D
      Avatar
      schrieb am 13.04.03 10:46:55
      Beitrag Nr. 64 ()
      @wolf

      wenn der einstieg nett so schwierig wär :D...

      :)
      Avatar
      schrieb am 13.04.03 22:43:42
      Beitrag Nr. 65 ()
      39.
      Ich kam die ganze Nacht nicht zum Schlafen. Irgendwann morgens starrte ich mit Kopfschmerzen auf die rot leuchtende digitale Zeitanzeige des Radioweckers, während Tanja neben mir fast unauffällig schnarchte. Ich überlegte wie ich am besten rechtzeitig zum Dienst kam. Ich würde genauso früh wie meine Kameraden von der Fahrgemeinschaft aufstehen müssen. Dann dachte ich darüber nach, ob ich Tanja wachmachen sollte, damit sie sich abschminken konnte, aber das lohnte sich jetzt für sie ebensowenig, wie es sich für mich noch lohnte, zu schlafen. Am besten schlich ich mich davon und rief später an.
      Vorsichtig glitt ich aus dem Bett und tastete mich an der Wand entlang in die Richtung, in der ich das Bad vermutete. Wenn ich im Spiegel nicht wesentlich besser aussah, als ich mich gerade fühlte, blieb mir keine andere Wahl, als mich heimlich abzusetzen und mich erst frühestens am Abend wieder blicken zu lassen.
      Dann hörte ich eine Katze fauchen.
      Anschließend fühlte ich in meinem Fuß einen Schmerz wie vom Gebiß eines Säbelzahntigers oder einer Löwenkralle.
      Sofort ging das Licht an.
      Tanja sprang auf.
      "Trampel nicht auf meinen Pumps rum! Die waren teuer!"
      Ich stützte mich gegen einen Schrank und zog einen spitzen Absatz aus meinem Fuß. Zur gleichen Zeit wurde mein Standbein mit etwas Pelzigem abgerieben.
      „Ich muß allmählich gehen“, sagte ich. „Sonst ist das Fahnenflucht.“
      Sie sprang auf und lief an mir vorbei..
      „Ich muß mir dringend die Zähne putzen, ehe du noch vor meiner Fahne fliehst!"
      "Guckmal, deine Katzen mögen mich!", rief ich ihr nach.
      Ich legte den Schuh fort, bückte mich, und streichelte die dicke Katze, deren Schnurren sich fast genauso wie Tanjas sanftes Schnarchen anhörte.
      "Ja, du bist ein liebes Kätzchen", sagte ich. "Aber der Onkel macht ja auch ganz lieb killekille."
      "Das war mir klar!", rief Tanja undeutlich.
      Ich sah mich zu ihr um. Sie stocherte sich mit einer rosafarbenen Zahnbürste im Mund herum.
      "Weil ich ein guter Mensch bin?"
      "Weil der schwul ist."
      Unwillkürlich zog ich meine Hand zurück.
      "Was?"
      "Das ist nur mein Kater! Der steht auf Männer!"
      Ich stand auf und räusperte mich.
      "Die beiden Weibchen lassen sich bei dir nicht blicken", sagte sie in hochnäsigem Ton.
      Ich zuckte mit den Schultern.
      "Vielleicht sind die lesbisch?"

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 14.04.03 23:35:39
      Beitrag Nr. 66 ()
      40.
      Tanja ignorierte meine Bemerkung, stürmte aus dem Badezimmer und deckte den Tisch.
      "Du solltest vorher frühstücken."
      "Erstmal muss ich kurz ins Bad", sagte ich.
      "Aber hinsetzen!", rief sie.
      Ich warf ihr und dem sich nun an ihre Beine schmiegenden Kater noch einen raschen Blick zu, ehe ich um die Ecke ging und mich auf die Toilette setzte.
      Als ich gerade etwas kommen lassen wollte, sprang mir von irgendwo eine Katze auf den Schoß. Reflexartig packte ich sie und schleuderte sie ins Spülbecken. Von dort aus hopste sie auf dem Boden und rannte zu Tanja.
      Ich bedeckte meinen Schoß mit beiden Händen und sah vorsichtig unter die Zimmerdecke.
      "Bist du ja verklemmt!", rief Tanja. "Was hast du mit der Katze gemacht?"
      "Ich bin nicht verklemmt", sagte ich.
      "Und warum versteckst du dann deine Kerze vor mir? Jetzt noch?"
      "Ich habe überhaupt nicht bemerkt, dass Du in der Tür stehst."
      "Dann bist obendrein noch ängstlich?"
      "Was redest du da?", fragte ich ärgerlich.
      "Was hast du mit meiner Katze gemacht?", fragte sie noch ärgerlicher.
      "Nichts."
      "Und warum hat sie das Badezimmer fluchtartig verlassen?"
      "Weil das nicht das Katzenklo ist?"
      Kopfschüttelnd, aber nicht fluchtartig, verließ sie nun auch das Bad.
      Wenig später ging ich ihr nach. Sie sass bereits am Frühstückstisch. Ich sah gerade, wie ihr Kater mitten auf den Eßtisch sprang und zwischen dem offenen Margarine-Pott und dem geschnittenen Brot in Stellung ging.
      „Lecker, lecker“, sagte Tanja, als sie den Kater fütterte, indem sie die Wurstscheibe von ihrem Brot nahm.
      Der schwarze Vierbeiner sabberte beim Fressen in die Margarine. Unglaublich, wie laut so ein kleines Tier schmatzen konnte.
      „Wie spät ist es eigentlich?“, fragte sie. „Ich muß heute morgen so früh wie möglich einkaufen, und zwar vor allem Katzenfutter. Da muß man richtig hingucken, bei all den Sorten, die es heutzutage gibt.“
      Sie streichelte den Kater.
      „Nicht wahr, Kleiner?“
      Jetzt küßte sie ihn auch noch.
      Er schnurrte.
      Sie grinste.
      „Hast du eigentlich schon mal Katzenfutter probiert?“, fragte sie.
      „Nö, ich bin noch nie Katze gewesen“, antwortete ich.
      „Schmeckt eigentlich garnicht so schlecht."
      Ich guckte auf meine Armbanduhr. Aus den Augenwinkeln sah ich die Katze, die ich im Bad kennengelernt hatte, von irgendwo auf den Tisch springen, den Kopf in die Dose mit Corned Beef stecken, und wieder verschwinden.
      "Ich muß los", sagte ich.
      „Heute abend muß ich arbeiten." Sie verdrehte die Augen und seufzte. „ Wir sehen uns da doch, oder?“
      Ich fragte mich, warum ich einer verrückten Tierfreundin in ihre unordentliche Bude gefolgt war, statt schon am Abend einen netten Brief an Heidi zu schreiben, und von der Ehe mit einer anständigen, lieben Frau und entzückenden, im Idealfall nur der Mutter ähnelnden Kindern zu träumen.
      Es gab keine vernünftige Antwort.
      Ich hatte erneut auf falschem Gebiet eine Denkweise der Börsianer umgesetzt: "The Trend is your Friend."

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 15.04.03 23:44:33
      Beitrag Nr. 67 ()
      41.
      Mittags schrieb ich einen offenen Brief an Heidi. Dann rief ich Tanja aus einer der Telefonzellen in der Kaserne an, um mit ihr gleich wieder Schluß zu machen. Sie ließ mich aber überhaupt nicht zu Wort kommen. Stattdessen schnatterte sie atemlos davon, wie sehr sie sich vor Klaus-Dieter fürchten würde, und das ich sie am Abend unbedingt zu Hause abholen und zur Discothek begleiten müßte.
      "Okay", sagte ich, als ich unter Zugzwang geriet, weil mir das Kleingeld endgültig ausging, ohne dass ich auch nur einen einzigen Satz zuende gebracht hatte.
      Ich fühlte mich zwar schlecht gegenüber Heidi, aber ich sah keine Alternative. Schon die alten Ritter als die damalige militärische Elite hatten besonders auf ihre Ehre geachtet, und es darum als ihre Pflicht erkannt, bedrohte und verfolgte Frauen zu beschützen. Wenn es in der modernen Zeit Nachfolger der Ritter gab, dann uns Truppenfernmelder. Schon optisch erkannte man uns Antennenputzer als die direkten Nachfahren der Lanzenträger.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 18.04.03 18:16:10
      Beitrag Nr. 68 ()
      ??????
      Avatar
      schrieb am 18.04.03 19:42:37
      Beitrag Nr. 69 ()
      @ triuls
      Morgen geht es weiter.
      :kiss:
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 08:33:45
      Beitrag Nr. 70 ()
      @wolfsbane

      freu mich darauf.

      :kiss:
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 19:49:18
      Beitrag Nr. 71 ()
      @wolfsbane

      und wo bleibt`s :confused:
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 23:42:16
      Beitrag Nr. 72 ()
      42.
      Während Tanja ihre Theke vorbereitete, kippte sie nebenbei zahllose Drinks.
      "Du hast hier einen guten Job", sagte ich.
      "Weiß ich", sagte sie.
      "In der Disco in der Stadtmitte müssen die Mädchen alles aufschreiben, was sie bei der Arbeit trinken."
      "Ja, im Daylight." Sie nickte. "Das ist erst so, seitdem ich dort gearbeitet habe."
      Sie schüttete sich noch ein mir unbekanntes alkoholisches Getränk rein.
      „Du bist hier sicher“, sagte ich.
      „Klar.“
      „Dann kann ich jetzt mal wieder zur Kaserne gehen.“
      "Hast du auf deiner Stube etwas vergessen?"
      "Nein", sagte ich. "Ich will mir im Gemeinschaftsraum eine Fernsehsendung angucken."
      "Du kannst mich doch nicht alleinlassen!", protestierte sie. " Ich habe noch lange nicht Feierabend!"
      „Ich sitze hier doch sowieso nur rum“, sagte ich.
      „Viel mehr machst du doch beim Bund auch nie“, sagte sie. „Das haben mir deine Kameraden verraten.“
      „Wann hast du mit denen gesprochen?“, erkundigte ich mich.
      „Bevor ich mit dir gesprochen habe“, sagte sie. „Gegenüber von den Toiletten ist der Flipper. Ich habe gespielt. Die beiden haben mich andauernd angemacht.“
      Jetzt kapierte ich, warum die so oft zur Toilette gegangen waren. Instandsetzern durfte man nicht trauen.
      „Ich soll hier solange sitzen, wie du hier arbeitest?“
      „Dafür bist du mein Freund.“
      „Und das jedesmal, wenn du arbeitest?“
      Sie fuchtelte mit den Händen herum. Ihre Kollegen guckten mißtrauisch.
      „Sieh doch mal hin, was für Kerle hier rumhängen und auf meinen Arsch starren, als gäbe es mich im Schlußverkauf! Wie stellst du dir das eigentlich vor?“
      Seltsam, so war es immer, wenn ein Mädchen anfangs ganz einfach zu sein schien. Hinterher stellte sich dann heraus, dass sie in Wirklichkeit viel zuviel forderte.
      "Sei nicht theatralisch", ermahnte ich sie.
      Um Mitternacht, eine Stunde vor ihrem Feierabend, kehrte ich in die Discothek zurück.
      Die Türsteher grinsten auf eine Art, die mir mißfiel.
      Auf meinem Platz vor der Theke saß ein bierbäuchiger, bauerlicher Bursche der Tanja mit stumpfem Blick pausenlos anstarrte.
      „Moin“, sagte ich.
      „Ausgeschlafen?“, fragte sie.
      Der Kerl auf dem Hocker grinste mich dümmlich und spöttisch an.
      „Ich bin Klaus-Dieter", sagte er.
      "Ist das der, vor dem ich dich beschützen sollte?", fragte ich.
      „Das habe ich genau umgekehrt gehört", sagte er mit drohendem Unterton.
      "Wer erzählt denn so einen Blödsinn?", fragte ich kopfschüttelnd.
      "Ich", antwortete Tanja.
      Als mich zwei Tage später der erste Brief von Heidi erreichte, mit dem sie mir ein Bild von sich schickte, war ich froh, dass ich Tanja so schnell und einfach wieder losgeworden war. Mit allzu heißen Weibern verhielt es sich wie mit "Hot Stocks". Entscheidend war, dass man sich besser zu früh als zu spät wieder von ihnen trennte.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 23:58:31
      Beitrag Nr. 73 ()
      hot stocks können tief fallen :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 20.04.03 00:33:04
      Beitrag Nr. 74 ()
      Mädchen auch :cry:
      Avatar
      schrieb am 20.04.03 11:21:04
      Beitrag Nr. 75 ()
      kann man Mädchen auch leer verkaufen :confused:
      Avatar
      schrieb am 20.04.03 11:21:27
      Beitrag Nr. 76 ()
      oder erst callen und dann putten :cool:
      Avatar
      schrieb am 20.04.03 12:05:00
      Beitrag Nr. 77 ()
      Wolfsbane, probier mal den hier ..
      Avatar
      schrieb am 20.04.03 17:31:38
      Beitrag Nr. 78 ()
      Putten? Das macht man doch nur mit Golfbällen...
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 21.04.03 01:01:27
      Beitrag Nr. 79 ()
      :rolleyes: Man kann auch Zeit und Gefühle investieren und dabei viel verlieren...:( :cool:
      Avatar
      schrieb am 21.04.03 01:58:56
      Beitrag Nr. 80 ()
      Gefühle investiert man immer für sich selber :look:
      Avatar
      schrieb am 21.04.03 22:00:57
      Beitrag Nr. 81 ()
      43.
      Heidi schickte mir von nun an jede Woche einen Brief. Sie gab sich dabei noch mehr Mühe als die anderen Mädchen, indem sie stets gefärbte Umschläge und bedrucktes Briefpapier nahm, sowie sauber und perfekt Schönschreibung anwandte. Heutzutage, da die Mädchen sich damit begnügen, über ihr Handy ein paar Zeilen per SMS zu verschicken, oder bestenfalls eilig eine Email in der die Tastatur prügeln, bei der sie schon Rechtschreibung als alberne Nostalgie abtun, kann sich das kaum noch jemand vorstellen.
      Etwas enttäuschend fand ich allerdings, dass sie mich jedesmal mit "HALLO Wolf" anredete und mir nur Äußerlichkeiten schilderte. Ich erfuhr, wie ihre Ausbildung zur Krankenschwester verlief und wie sie im Wohnheim mit den anderen Mädchen zurechtkam, aber sie erzählte mir äußerst wenig über ihre Gefühle, Träume oder Sehnsüchte. Ich hatte den Eindruck, dass ich die Brieffreundschaft erst noch einige Wochen oder Monate in dieser Form weiterlaufen lassen und darauf warten mußte, das sie mir gegenüber offener und intimer wurde.
      Bei meiner Liebe für Heidi handelte sich um eine ähnlich reine Form der Liebe, wie ich sie einst als kleiner Junge für die fast ebenso kleine Melanie und als Gymnasiast einen unvergeßlichen Augenblick lang der neuen Schülerin Kim entgegengebracht hatte.
      Leider wuchs bei mir gleichzeitig ein immer heftigeres Bedürfnis nach ordentlich schmutzigem Sex mit einer richtigen Schlampe heran.
      Das trieb mich schließlich in den nächsten Puff.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 24.04.03 06:42:21
      Beitrag Nr. 82 ()
      @wolf

      scheinst eine künstlerische pause zu nehmen :rolleyes:...freu mich schon auf den nächsten akt.

      :cool:
      Avatar
      schrieb am 24.04.03 10:09:38
      Beitrag Nr. 83 ()
      @triuls: von einem Akt sind wir noch meilenweit entfernt, oder? :lick:
      Avatar
      schrieb am 24.04.03 21:47:31
      Beitrag Nr. 84 ()
      @prof

      meilenweit...:laugh: :D...keine ahnung...weiss nett, wo es die besten angebote gibt...

      :cool:
      Avatar
      schrieb am 25.04.03 00:31:49
      Beitrag Nr. 85 ()
      44.
      Die nett aussehende, vollbusige Hure hielt sich am Geländer fest, als sie die Treppe hochstöckelte. Oben angekommen schlurfte sie über die zerkratzten Steinfliesen, dass ihre spitzen Metall-Absätze sich wie ein abgebrochenes Stück Kreide auf einer Schultafel anhörten. Ich bekam Zahnschmerzen.
      „Du bist wohl mit diesen Dingern noch nicht oft gelaufen, was?“, fragte ich ärgerlich.
      „Doch“, sagte sie. „Aber ich habe heute auch schon viel gearbeitet.“
      „Ach, müde, was?“, fragte ich mit unvermindertem Ärger.
      Sie blickte über die Schulter und sah mich an, als sei ich geistig zurückgeblieben. Dann steuerte sie auf eine Tür zu, schloß sie auf, und ich packte ich ihr an die Kiste.
      „Du hast kalte Hände“, sagte sie, und schlug meine Hand fort. „Die mußt du gleich erstmal unter warmes Wasser halten.“
      Ich faßte nochmal hin.
      „Ich spüre schon, wie sie wärmer werden“, sagte ich.
      Erneut schlug sie meine Hand weg, und zwar diesmal mit noch mehr Entschiedenheit.
      „Das kostet extra“, sagte sie.
      Knurrend und mit den Händen in der Tasche betrat ich nach ihr das Zimmer. Es hatte einen Spülstein und ein verhängtes Fenster zur Straße hin. Außerdem enthielt es ein großes Bett, ein Nachtschränkchen, einen Kleiderschrank, einen kleinen Tisch und zwei Sessel.
      Während ich die Peitschen und Korsette an den Wänden betrachtete, schloß sie hinter uns ab.
      „Geld her“, sagte sie im Tonfall eines Straßenräubers."Kein Geld, keine Leistung."
      Ich guckte ihr beim Bezahlen auf den BH.
      "Warum starrst du so auf meinen Busen?", fragte sie.
      "Meine Oma hatte gesagt, ich sollte mir für das Geld etwas Schönes kaufen."
      „Das hast du soeben getan“. Sie öffnete den Schrank und packte das Geld in eine Kassette.
      Ich zog meine Schuhe aus.
      Sie schleuderte ihre Stiefel fort. Darunter trug sie die gleichen grauen Strümpfe wie wir in Kampfstiefeln. Als der zweite Stiefel neben dem Nachtschränkchen landete, hörte ich ein leises Jaulen.
      „Oh“, sagte sie, „du Armer!“
      Ich sah einen niedlichen kleinen Hund mit gesenktem Kopf und eingekniffenem Schwanz auf sie zulaufen. Sie streichelte ihn hinter den Ohren und gab ihm was zu fressen.
      Ich sah den beiden zu.
      Schließlich legte sie legte ihren BH und ihren Slip über die Lehne eines der Sessel.
      Ich starrte auf ihren Busen, als ich mein Hemd auf den anderen Sessel warf.
      Sie lächelte plötzlich und fragte: "Warum so hektisch?“
      „Hektisch?"
      „Lernen wir uns doch erstmal kennen“, sagte sie entspannt.
      Sie streichelte meine Schultern und zog sich daran leicht hoch.
      Reflexartig griff ich mir ihre Taille und zog sie zu mir heran.
      Sie lächelte und drückte ihre Hüfte gegen mich.
      Ich stellte fest, daß sie kaum geschminkt war und auch aus der Nähe sehr gut aussah.
      Fast hätte ich sie geküßt.
      „Fast hätte ich dich geküßt“, sagte ich.
      Sie drehte ihr Gesicht weg.
      „Das kann ja mal passieren“, sagte sie mit nachlassender Stimme und ließ los.
      Ich faßte ihr mit beiden Händen an die Kiste. Sie legte wieder die Hände auf meine Schultern. Ich drückte ihre Backen nach oben. Prompt schlang ihre Beine um mich. Mit diesem weiblichen Reflex. hatte ich wieder gerechnet.
      Nach dem Verkehr blieb sie auf dem Bett sitzen und sah mir traurig zu.
      „Du hast einen sehr schönen Busen“, sagte ich, um sie aufzumuntern. „Ich hätte nicht geglaubt, daß du wirklich so üppig bist, ehe ich es sah.“
      „Ich hatte schon mit 14 Jahren soviel Busen“, sagte sie. „Die anderen Mädchen haben über mich geschimpft und ich habe mich sehr geschämt. Ich fühlte mich wie eine Hure!“
      Sie wurde rot.
      "Warum ist dir das so unangenehm?", fragte ich. "Du bist doch eine Hure."
      "Aber damals war ich noch keine. Ich fühlte mich schrecklich."
      "Wie konntest du denn eine Hure werden, wenn der Gedanke, eine zu werden, so schrecklich war?"
      "Weil mich der Hass aus der Bahn geworfen hat. Weil mein Ruf durch die fiesen Lügen ohnehin ruiniert war. Als ich dann wirklich eine Hure wurde, konnte es überhaupt nicht mehr schlimmer wurden. Im Gegenteil, da liessen die Gehässigkeiten endlich nach."
      Ich dachte an Stefanie, die einst ebenso unter ihrer körperlichen Frühreife gelitten und ihre Kindlichkeit wie einen Schutzschild vor sich hergetragen hatte. Sie war nicht nur mir, sondern selbst Jens-Uwe deswegen naiv erschienen. Jetzt wurde mir klar, dass Jens-Uwe und ich naiv gewesen waren.
      „Auf jeden Fall siehst du sehr gut aus", sagte ich. "Du hast fast die Figur einer Barbie-Puppe."
      „Früher hatte ich einen schönen Bauch, aber jetzt habe ich diese Schwangerschaftsstreifen... Das ist nicht mehr so schön... Aber die gehen nicht mehr weg...“
      Sie seufzte erneut.
      „Ich sehe keine Streifen“, sagte ich. "Und wenn doch, dann finde ich, dass sie dich ehren."
      Es tat mir leid, dass ich sie nicht mitnehmen konnte. Ich erschrak, als ich merkte, dass ich mich in sie verliebt hatte.

      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 25.04.03 14:05:02
      Beitrag Nr. 86 ()
      @triuls: wenn`s mit den OS mal nicht so gut läuft :cool:
      Avatar
      schrieb am 26.04.03 19:48:38
      Beitrag Nr. 87 ()
      45.
      Der Puff lag nahe am Bahnhof. Darum hatte ich den Zug genommen, und für einen Teil der Strecke meine Wehrpflichtigen-Freifahrkarte eingesetzt, anstatt mir mit irgendwelchen Ausreden den Lieferwagen meines Vaters oder die automatische BMW-Limo meiner Mutter zu leihen, und nachtanken zu müssen.
      Auf der Heimfahrt dachte ich ständig an Stefanie. Es wurmte mich immer noch, dass sie Jens-Uwe statt mich gewählt und ihm angeblich sogar mit Selbstmord gedroht hatte, falls er sie verließe. Es war dumm von ihm gewesen, die beste Frau seines Lebens freizugeben, um sich stattdessen solchen Zicken wie Kim und Melanie zu widmen, dadurch lebensmüde zu werden und seinerseits wegen Liebeskummer viel zu früh zu sterben.
      Vielleicht beging ich den gleichen Fehler, wenn ich Heidi vernachlässigte, die ein ebenso liebes Mädchen wie Stefanie war, und wieder Abenteuer und schnellen Sex suchte. Genau wie vorher bei Jens-Uwe, führte das nun bei mir auch lediglich zu Melancholie und Selbstzweifeln.
      Eine Hure zu poppen, um mich zu desensibilisieren, war eine dumme Idee gewesen. Letztendlich gab es für diese Schnapsidee dieselbe Erklärung wie für die vielen Fragen, mit denen ich mich seitdem quälte. Ich war nicht ausgelastet. Ich brauchte einen Job, der mich rund um die Uhr beschäftigte, und durch den ich darauf angewiesen sein würde, eine so vernünftige Frau wie Heidi oder Stefanie zu haben und zu halten. Nur dann war ich davor gefeit, dass meine Gedanken sinnlos umherschwirrten und mich auf ganz selbstzerstörerische Irrwege führten.
      Noch ehe ich am heimischen Bahnhof ausstieg, kam ich zu der Gewißheit, welcher Beruf mich vor diesem Hintergrund am besten zu einem glücklichen Menschen machen konnte.
      Broker!

      (Fortsetzung folgt)
      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 27.04.03 22:22:27
      Beitrag Nr. 88 ()
      46.
      Nach der Bundeswehrzeit schrieb ich Bewerbungen für eine Ausbildung zum Bankkaufmann, aber ich konnte nicht mit Abiturienten konkurrieren. Die Tatsache, dass ich bereits meine Wehrpflicht abgeleistet hatte, brachte mir keinen Vorteil. Ich bewarb mich halbherzig um andere kaufmännische Lehren, fand aber nichts, was mir gefiel. Während meiner Teilnahme an einer Reserve-Übung kam ich mit einem Fernmelder ins Gespräch, der im Zivilleben als Koch arbeitete. Er schwärmte von den Möglichkeiten dieses Berufs. Wenn man fleißig und flexibel war, besaß man praktisch unbegrenzte Verdienstaussichten, konnte leicht im ganzen Land und vielen ausländischen Orten einen Job finden, sich mit Arbeitgeberzeugnissen als einzigem Kapital selbstständig machen und mit einem Drei-Sterne-Restaurant zur Anlaufstelle für Prominente werden. Das klang besser, als in irgendeiner Klitsche unter Neon-Licht vor einem schwarzweißen 12-Zoll-Monitor zu hocken und telefonisch anzunehmende Aufträge in die Tastatur zu prügeln. Vielleicht konnte ich mittags in einer Kantine arbeiten und abends Abitur nachmachen, oder später morgens Betriebswirtschaft studieren und abends in einem Restaurant für die Schicki-Micki-Szene kochen. Vielleicht brauchte ich auch nur ein Spitzenkoch werden und dementsprechend verdienen, um ausreichend Kapital zu haben, nebenbei an der Börse Reichtum zu erwirtschaften.
      Kim hatte mir auch empfohlen, Koch zu werden.
      Trotz des blanken Entsetzens sämtlicher meiner Bekannten und einiger Selbstzweifel bewarb ich mich um eine Ausbildung zum Koch. Auf diese Weise konnte ich unser Kaff sofort verlassen, denn ich wurde in einem Restaurant in der Großstadt angenommen, wo man mir auch die Unterkunft stellte. Der Fressladen lag direkt neben einer Szene-Discothek, die täglich öffnete, und zwar genau dann, wenn ich Feierabend machte. Die anderen Lehrlinge besassen dorthin bereits beste Kontakte, und die Kellner waren alle schwul genug, um mich in Sachen Frauen und Kleidung perfekt zu beraten. Außerdem verfügte der Chef über eine hübsche Tochter, die ungefähr bei Abschluß meiner Ausbildung die Volljährigkeit erreichte. Abgesehen davon gab es nach wie vor meine Brieffreundin Heidi, der ich nun geographisch näher kam, und um die zu besuchen ich jetzt nur noch zum Bahnhof radeln und in den Intercity steigen mußte.
      Wenn das Restaurant sich mit Gästen füllte, und die Kellner die Bestellungen immer schneller hereinbrachten, entstand ein hektisches Geschrei, das mich an Darstellungen der Börse in alten Filmen erinnerte. Da es hier aber um vergleichsweise lächerlich geringe Summen ging, fand ich die Geräuschkulisse nicht annähernd so aufregend.
      Das Leben im Restaurant bereitete mich besser auf das Spekulieren an der Börse vor, als es ein Studium oder ein Praktikum bei einem Fondmanager geleistet hätte. Ich lernte nämlich, Unternehmer zu durchschauen. Fast allabendlich hingen einige der schillerndsten Gestalten der Stadt an unserer Theke ab, um sich dort auf unsere Diskretion vertrauend rücksichtslos zu exhibitionieren und über ihr eigenes Image zu spotten. Solche Menschen fühlten sich hier unabhängig von Promille wie zu Hause, denn der Chef und seine Frau gehörten selbst zu den krassesten Blendern. Der Chef war in Wirklichkeit überhaupt nicht der Chef. Er schlief immer bis mittags, frühstückte dann in der Küche für drei, las seiner Frau, die bereits längst arbeitete, Artikel aus der Tageszeitung vor, ging danach auf die Schießbahn, und ruhte sich schließlich dafür aus, abends mit den Stammgästen vor der Theke Sprüche zu klopfen und zu würfeln. Nur alle zwei Wochen leistete er wirklich etwas, indem er einkaufen fuhr. Im Gegensatz zu richtigen Köchen erledigte er, der nur eingeheiratet hatte, diesen Job nicht möglichst früh morgens, sondern grundsätzlich möglichst spät abends. Das ging nicht anders, weil er früh morgens gewöhnlich noch mit dem letzten Gast vor der Theke herumhing, wo er aber nie zu betrunken war, um beim Würfeln zu mogeln. Der Biorhytmus des Chefs ließ es nur abends zu, dass er einigermaßen nüchtern ins Auto stieg und halbwegs unauffällig fuhr. Auch die Chefin entsprach in der Realität nicht ganz ihrem Image. Wenn abends wenige Gäste kamen, zog sie die Schürze aus, stopfte sich in eines ihrer teuren bunten Kleider und überredete die Leute zum Essen. Betsellten die Leute, ging sie in die Küche und vertilgte ungefähr drei Liter gutes Speiseeis, während sie uns beim Arbeiten zusah. Sobald wir fertig waren, und sie endlich das ganze Eis aufgegessen hatte, servierte sie die Gerichte mit der notorischen Lüge, dass sie alles ganz ohne Hilfe selbst zubereitet hätte, denn "Kochen ist meine Leidenschaft". Aufgrund dieser Erfahrungen ließ ich mich später beim Kauf von Aktien nie durch die Selbstdarstellung irgendwelcher nur angeblich fleißiger Unternehmer blenden.

      (Fortsetzung folgt)
      :mad:
      Avatar
      schrieb am 29.04.03 00:45:29
      Beitrag Nr. 89 ()
      47.
      Zuerst fand ich meine Chefin und ihren Kerl drollig, und dann fand ich sie psychologisch interessant, aber schließlich wurde ich klüger und paßte mich meinen Kollegen an, indem ich sie einfach haßte. Immerhin hielt der alte Drachen sich fast nur mittags in der Küche auf, und ihr Gatte kam noch seltener als sie. Wenn nicht gerade eine Hochzeit oder ein Schützenfest stattfanden, saß sie abends im Wohnzimmer vor dem Fernseher und sah sich schreckliche Schnulzen an, oder sie hockte im Restaurant bei Bekannten am Tisch, während er an der Theke den starken Mann spielte. Meistens war ich in der Küche der Chef, denn schon nach einem halben Jahr gab es keinen Lehrling mehr über mir.
      Der Tagesablauf gefiel mir. Wenn ich nicht zur Schule mußte, brauchte ich erst spät aufzustehen und konnte mich auch von bis in den Morgen dauernden Discoaufenthalten bis zur Arbeit ordentlich ausruhen. Mittags radelte ich in die Stadt, bummelte durch die Geschäfte und besichtigte Verkäuferinnen, die mir manchmal am Abend wieder begegneten. Oft fuhr ich an einer Kampfsportschule vorbei, in der immer zur gleichen Zeit ein sehr hübsches, schlankes, blondes, engelsgleiches Mädchen verschwand.
      Als die Beziehung zu meiner Brieffreundin Heidi an meinem Lebenswandel und meiner Verrücktheit zerbrach, verlor ich die Lust auf Discotheken und Bummeleien. Ich dachte darüber nach, meine Lehre abzubrechen und doch lieber eine kaufmännische Ausbildung zu machen. Gerade in diesem Moment sah ich die blonde Elfe erneut in die Kampfsportschule gehen. Diesmal wehte ihr langes Haar im Wind wie eine Flagge. Ich ging ihr nach.
      Beim Hereinkommen saß ich sie schon an einem Schreibtisch sitzen.
      "Ich möchte Taekwondo lernen", sagte ich. "Bist Du hier die Sekretärin? Oder trainierst Du hier auch?"
      "Ich trainiere auch Taekwondo", antwortete sie in höflichem Ton. "Aber nur mit den Anfängern."
      Toll, dann konnte ich ihr also noch imponieren, denn ich besaß schließlich schon den gelben Gurt in Karate. Also unterschrieb ich in der Vorfreude auf das gemeinsame Training einen Vertrag. Am nächsten freien Tag reiste ich früher als sonst in die Großstadt und erschien pünktlich zum Training. Leider durfte ich meinen gelben Gurt vom Karate nicht tragen, aber schlimmer fand ich, dass die schöne Blonde an diesem Abend mit Verspätung zu uns Anfängern stieß. Als sie den Trainingsraum betrat, fiel mir als erstes ihr schwarzer Gürtel auf.
      Hier beim Taekwondo lernte ich etwas völlig anderes als bei den Blendern im Restaurant.
      Hier lernte ich, ruhige Menschen nicht zu unterschätzen.

      (Fortsetzung folgt)
      :)
      Avatar
      schrieb am 29.04.03 23:01:57
      Beitrag Nr. 90 ()
      48.
      Die Taekwondo-Trainerin war genauso, wie ich mir meine Traumfrau vorstellte. Nett, aber zielstrebig. Klug, aber bescheiden. Umgänglich, aber anteilnehmend. Stark, aber auf eine grazile Art.
      Leider hatte sie einen Freund, der mir in allem überlegen war. Es schmerzte mich, sie mit ihm zu sehen. Ich konnte plötzlich die Männer verstehen, die sich aus enttäuschter Liebe zur Fremdenlegion meldeten. Das brachte mich nach meiner Abschlußprüfung auf die Idee, meine erste Stelle als gelernter Koch möglichst weit weg von ihr zu suchen. Umso mehr die geographische Entfernung zunahm, desto unwahrscheinlicher würde mir die Erinnerung an sie erscheinen. Irgendwann würde ich denken, sie sei nur Traum gewesen, wie ich es auch von Melanie geglaubt hatte. Vielleicht sollte ich als Schiffkoch in die Weiten der Ozeane entschwinden. Um das vorzubereiten, trat ich eine Stelle in Hamburg an.
      Als ich zum erstenmal auf der berühmten Reeperbahn durch die berüchtigte Herbertstraße ging, und die aufgetakelten Huren in den Schaufenstern sah, verwirrten sie mich sehr. Doch nach einigen Besuchen realisierte ich auch gefühlsmäßig, worum es sich bei den scharfen Damen handelte. Es waren gewöhnliche Weiber, die im bisherigen Leben versagt hatten, in einen fatalen finanziellen Engpaß geraten waren, und nun von harten Geschäftsleuten hemmunglos dafür herausgeputzt wurden, um notgeile Kerle zu blenden und ihnen möglichst viel Geld abzuknöpfen.
      Ein paar Jahre später kehrte ich in die Heimat zurück, nahm eine Stelle in einer Kantine an, und spekulierte nach Feierabend erfolgreich mit Aktien. Als die Deutsche Börse den "Neuen Markt" eröffnete, rettete mich meine Erfahrung mit den Hamburger Huren davor, dort abgezockt zu werden. Ich erkannte gleich, dass es am "Neuen Markt" im Prinzip oft ähnlich wie in der "Herbertstraße" zuging. Ich realisierte sofort, worum es sich bei vielen der dort gelisteten Firmen handelte. Es waren ganz gewöhnliche Klitschen, die im bisherigen Geschäftsleben versagt hatten, in einen fatalen finanziellen Engpaß geraten waren, und nun von harten Geschäftsleuten hemmungslos dafür hochgejubelt wurden, um geldgierige Kerle zu blenden und ihnen möglichst viel Geld abzuknöpfen.
      Manchmal, wenn mich die Geschäftemacherei am "Neuen Markt" unerträglich anwiderte, wünschte ich mir eine bessere Welt, und dann träumte ich wieder von meiner Trainerin.

      (Fortsetzung folgt)
      :cry:
      Avatar
      schrieb am 03.05.03 08:08:58
      Beitrag Nr. 91 ()
      @wolfsbane

      ... wann geht es weiter :rolleyes:...

      :)
      Avatar
      schrieb am 03.05.03 11:20:27
      Beitrag Nr. 92 ()
      @ triuls

      Eigentlich rechnete ich damit, dass sich wie ein Flächenbrand grenzenlose Empörung ausbreitet, wenn ich den "Neuen Markt" mit dem Straßenstrich vergleiche...
      :eek: :rolleyes: :D
      Jetzt muß ich erst darüber nachdenken, warum das nicht so ist...

      :p
      Avatar
      schrieb am 03.05.03 11:52:24
      Beitrag Nr. 93 ()
      @wolfsbane

      als frau fehlt mir der nötige vergleich...und die mitlesenden herren scheinen deiner meinung zu sein.

      denk bitte möglichst zügig :), danke.

      :p
      Avatar
      schrieb am 03.05.03 14:21:26
      Beitrag Nr. 94 ()
      49.
      Las ich in Fachzeitschriften Berichte über börsennotierte Firmen, erinnerte sie mich oft an den Artikel über meinen Ausbildungsbetrieb, der zu dessen 20-jährigem Jubiläum in der Tagespresse erschienen war. "Wenn Sie uns eine halbe Seite mit Werbung füllen, bekommen Sie auch einen halbseitigen Bericht über ihre Kneipe, äh, Gaststätte", hatte der Redakteur den Inhabern bei seinem Hausbesuch angeboten. "Den Text können Sie dann selbst bestimmen. Falls Sie jemanden haben, der gut schreiben kann, ist es uns auch recht, wenn Sie selbst einen Text abliefern", fügte er mit demonstrativem Desinteresse hinzu. "Vielleicht haben Sie sogar schon ein geeignetes Foto?" Zu seiner Enttäuschung bestand unser Chef darauf, dass die Zeitung einen Mitarbeiter schickte, um Stichworte für den bestellten Artikel zu notieren und ein Portrait der Familie in ihren allerbesten Klamotten zu knipsen. Als der halbseitige Bericht erschien, wirkte er noch mehr wie Werbung als die Inserate, die ihn ermöglicht hatten. In Börsenzeitschriften ging es natürlich weniger plump zu. Wenn eine Software-Klitsche Darstellung fand, versuchte man die Chefs auf den Bildern spontan aussehen zu lassen, indem man sie Grimassen schneiden, bestimmte Gesten ausführen oder die Hände in die Taschen stecken ließ, statt Familienaufnahmen aus der Anfangszeit der Fotografie nachzuahmen; die Anzeigen der Firmen oder ihrer Geschäftspartner, bei denen es sich hier oft um Investmentbanken handelte, wurden außerdem meistens ein paar Seiten entfernt platziert, so dass kein offensichtlicher Zusammenhang erkennbar war.
      Da ich nicht mehr an den Wochenenden arbeiten mußte, konnte ich wieder an Schachturnieren teilnehmen. Auf diese Weise lernte ich etliche Informatiker kennen. Keiner von ihnen wirkte glücklich oder zufrieden, obwohl sie doch angeblich einen Traumjob mit unbegrenzten Möglichkeiten besassen. Ich hörte ab und zu hin, wenn sie Erfahrungen austauschten, und fragte manchmal nach. Ihre Aussagen nahmen mir die letzten Illusionen über die "New Economy". Sie klagten, dass man sie beim Programmieren ebenso zum Pfuschen zwang, wie mich einst beim Kochen, und dass auch ihre Chefs weder menschlich noch fachlich etwas taugten, sondern nur besessene Selbstdarsteller und skrupellose Ausbeuter waren. Die Propaganda für die "New Economy" unterschied sich in keiner Weise von der Werbung für Action-Kinofilme. In beiden Fällen ging es ausschließlich darum, zu verbergen, dass es immer wieder die gleichen Geschichten und Figuren waren, bei denen lediglich mit immer mehr Aufwand immer fantastischere Lügenmärchen glaubhaft und neue Heldendarsteller populär gemacht wurden.
      Nach relativ kurzer Zeit merkte ich, dass es mir schadete, zuviel über die Börse zu lesen, weil ich so Opfer der ausufernden Desinformation und Scharlatanerie wurde, und dass ich meinen Ehrgeiz in Bezug auf Schach nicht wiederbeleben konnte. Inzwischen war ich aber lange genug berufstätig, um die Anforderungen des Abendgymnasiums zu erfüllen. Also beschloß ich endlich Abitur zu machen.
      Was man heutzutage als Gymnasiast der Oberstufe im Leistungsfach Biologie über Gentechnologie lernte, würde sich für mich vielleicht beim Spekulieren mit Biotechs auszahlen...


      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 03.05.03 18:08:42
      Beitrag Nr. 95 ()
      :kiss: :)
      Avatar
      schrieb am 06.05.03 12:51:02
      Beitrag Nr. 96 ()
      lass dich bitte durch mich nicht hetzen, wolfsbane :)...geduld ist eine meiner ausgeprägtesten tugenden :D :laugh:...

      :kiss:
      Avatar
      schrieb am 06.05.03 13:44:54
      Beitrag Nr. 97 ()
      Dann ist es ja gut.

      in der Ruhe liegt bekanntermaßen die Kraft :)
      Avatar
      schrieb am 06.05.03 16:11:12
      Beitrag Nr. 98 ()
      hi wolfi :)...

      schön, dich hier zu treffen...man sieht sich ja sonst kaum :laugh:...kannst du tango tanzen...oder salsen?...im näxten akt soll es wohl genau darum gehen...die spannung steigt.

      :)
      Avatar
      schrieb am 06.05.03 16:32:43
      Beitrag Nr. 99 ()
      @triuls

      Tango tanze ich noch sehr gerne. Ein leidenschaftlicher Tänzer bin ich aber nicht. Wie kommst Du darauf?

      :)
      Avatar
      schrieb am 06.05.03 22:24:28
      Beitrag Nr. 100 ()
      wolfi :)...

      ganz überlesen, dass deine leidenschaft beim tanzen erfragt wurde :D...es reicht durchaus, wenn der wiegeschritt gelingt.

      :)
      Avatar
      schrieb am 06.05.03 23:09:29
      Beitrag Nr. 101 ()
      50.
      Nach meiner Anmeldung am Abendgymnasium erwachte ich eines Morgens noch vor dem Klingeln des ersten Weckers. Ich konnte kaum Luft holen. Mein Hals schien verstopft zu sein. Ich richtete mich auf, schaltete das Licht ein, und konzentrierte mich auf meine Atmung. Schließlich verließ ich das Bett und ging ins Bad, um zu gurgeln. Der Kloß in meinem Hals blieb. Langsam gewöhnte ich mich daran so weit, dass ich ganz ruhig wurde. Ich versuchte zu meditieren. Das wirkte keine Wunder, aber danach fand ich zurück in den Schlaf und ruhte noch eine ganze Stunde. Als der Wecker anschlug, fühlte ich mich fit genug, um zur Arbeit zu gehen, wenngleich es immer noch im Hals kratzte und meine Nase und meine Augen permanent juckten. Nach Feierabend suchte ich meinen Arzt auf.
      "Sie haben eine Allergie", sagte er. "Das kann im Alter schlimmer werden und asthmatische Beschwerden geben."
      "Asthma?", wiederholte ich ungläubig.
      "Ja. Man kann eine Desensibilisierungstherapie versuchen. Die Erfolgschancen sind umso besser, je jünger der Patient ist."
      "Wie lange dauert diese Therapie?"
      "Drei Jahre", sagte er.
      Seine Tests ergaben, dass ich vor allem auf Hausstaub, Hausschimmel und Haustiere allergisch reagierte. Er bestellte ein eigens für mich gemischtes Serum, das mir nun in der ersten Phase wöchentlich gespritzt würde. Der Beginn dieser Therapie fiel mit dem Beginn meines ersten Schuljahrs am Abendgymnasium zusammen. Obendrein nahm die Arbeitsbelastung zu, weil die Kantine, die auch Essen lieferte, drei neue Großkunden auf einmal hinzugewann.
      Als ich zum Abendgymnasium fuhr, um mich wieder abzumelden, begegnete ich dort einer blonden, großen, schlanken Frau, die dort im nächsten Schuljahr ihr Abitur machen wollte. Sie war überaus nett. Außerdem redete sie immer wieder von ihrem ältesten Bruder, einem Professor der Betriebswirtschaft, sowie von den komplexen Fragen der Genetik. Ich sah keinen Anlaß, mich ihrer Anschmiegsamkeit zu verweigern, denn es kam mir vor, als wenn niemand geeigneter sein konnte, mir beim Erwerb der Hochschulreife, oder zumindest beim Erwerb von Reichtum an der Börse zu helfen...
      (Fortsetzung folgt)
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 06.05.03 23:17:31
      Beitrag Nr. 102 ()
      @ triuls
      @ wolfi

      Ehe der Held der Geschichte Tango lernt, vergehen erst noch drei Jahre am Abendgymnasium. Dort lernt er z.B. in (Wirtschafts-)Geographie vieles, das ihm später an der Börse beim Spekulieren hilft. Außerdem trifft er dort viele überaus ehrgeizige ("Karriere"-)Frauen...
      :mad: :rolleyes: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 11.05.03 22:51:37
      Beitrag Nr. 103 ()
      @wolfsbane

      was ist denn los?? wann geht es weiter...bin doch gespannt wie
      deine lebensgeschichte weitergeht...hmmmmmm...bitte...schribbsel...
      danke :)!!

      :kiss:
      Avatar
      schrieb am 12.05.03 14:58:43
      Beitrag Nr. 104 ()
      @ triuls

      Ich komme gerade aus dem Krankenhaus...
      :cool:


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