Ökonomen überschätzen langfristige Corona-Folgen - Seite 2
Diese gefährlichen Entwicklungen verlaufen eher schleichend und – anders als bei Corona – nehmen viele Menschen sie gar nicht wahr. Beispiel Automobilindustrie: Die deutsche Automobilindustrie war erfolgreich, solange Unternehmen (und damit letztlich Konsumenten) bestimmten, was produziert wird. In Zukunft soll das nach dem Willen der Politik nicht mehr so sein: „Flottenziele“ die in Brüssel festgelegen werden, entscheiden, welche Autos in welcher Menge produziert werden.
Corona könnte ein Katalysator sein, der die gefährliche Tendenz einer Abkehr vom Kapitalismus - also: weniger Markt, mehr Staat – begünstigt. Die meisten Intellektuellen, viele Politiker und auch manche Ökonomen wünschen sich genau dies. Bei Marcel Fratzscher ist offenbar dieser Wunsch der Vater des Gedankens, wenn er formuliert: „Die Krise könnte das Ende des Neoliberalismus – der Dominanz des Marktes über den Staat – bedeuten und Regierungen zwingen, eine nachhaltigere, zukunftsorientierte Politik zu verfolgen – nicht nur bei der Bekämpfung von Pandemie.“
Weder Corona noch die Art, wie die Politik darauf reagiert hat, werden die Welt über Jahrzehnte verändern und erschüttern. Aber wenn der Kampf gegen Corona als Vorwand genommen wird, den Markt weiter zugunsten planwirtschaftlichen Denkens zurückzudrängen, dann ist dies hochgefährlich für die Wirtschaft.
Zitate führender deutscher Ökonomen
Hier die Stimmen, die „Die Welt“ von führenden Ökonomen zusammengetragen hat:
Marcel Fratzscher, DIW: „Die Corona-Krise wird ein einschneidendes Erlebnis auf Jahre und Jahrzehnte hinaus bleiben und unser Denken und hoffentlich auch unser Handeln grundlegend verändern.“
Gabriel Felbermeyer, IfW: „Die Corona-Krise wird ein tiefer Einschnitt sein, der noch über viele Jahre und sogar Jahrzehnte nachwirkt.“
Clemens Fuest, ifo: „Sie wird als tiefste Wirtschaftskrise seit der weltweiten Depression in Erinnerung bleiben.“
Achim Wambach, ZEW: „Kein Lehrbuch der Wirtschaftsgeschichte wird daran vorbeikommen. Dies ist vermutlich der tiefste Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Und für viele Unternehmen der Zwang, sich neu zu erfinden oder zumindest ganz anders zu arbeiten und zu produzieren als vorher. Die Wirtschaftsstruktur wird sich durch die Krise ändern.“
Dalia Marin, TU München: „Das Ergebnis: Die Firmen holen ihre Produktion nach Hause und produzieren mit Robotern. Es bleibt nichts wie früher. Zerbrochene Lieferketten legen auch nahe, dass die vorhergesagte V-Erholung nicht eintreten wird. Wenn einmal eine Lieferkette an einem Glied bricht, dann bricht das gesamte Produktionsnetzwerk zusammen.“
Wohltuend von diesen wohl übertriebenen Panikgesängen unterscheiden sich zwei Stimmen:
Michael Hüther IW: „Aber die Welt wird nicht auf den Kopf gestellt durch die Pandemie.“
Veronika Grimm, Sachverständigenrat: „Wie das aktuelle Geschehen bewertet wird, muss die Zukunft zeigen.“
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