Hang zur Zerstörung
Aktienhändler sind rücksichtsloser als Psychopathen
Vor zwei Wochen ist der Londoner UBS- Händler Kweku Adoboli aufgeflogen. Noch gut im Gedächtnis sind der frühere Investmentbanker Nick Leeson, der die Barings Bank zu Fall brachte oder der Franzose
Jérôme Kerviel, der der französischen Bank Societe Generale 2008 Verluste von fast fünf Milliarden Euro bescherte.
Warum verzocken Aktienhändler bisweilen Milliarden? Was läuft schief in den Banken und bei den jungen Profis? Einer neuen Studie der Universität St. Gallen zufolge verhalten sich professionelle
Aktienhändler noch rücksichtsloser und manipulativer als Psychopathen. Untersucht wurden Kooperationsbereitschaft und Egoismus von 28 Profi-Tradern.
Die Probanden mussten Computersimulationen durchspielen und sich Intelligenztests unterziehen. Das Ergebnis übertraf die Erwartungen des Teams um Pascal Scherrer und Thomas Noll, Forensiker und
Vollzugsleiter des Schweizer Gefängnisses Pöschwies nördlich von Zürich, berichtet das Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“.
„Natürlich kann man die Händler nicht als geistesgestört bezeichnen“, sagt Noll, „aber sie verhielten sich zum Beispiel noch egoistischer und risikobereiter als eine Gruppe von Psychopathen, die
den gleichen Test absolvierten.“
Erschreckend ist, dass die Banker gar nicht mehr Gewinn erzielten als die Vergleichsgruppen. Aber sie legten ein besonderes Verhalten an den Tag. Anstatt sachlich und nüchtern auf den höchsten
Profit hinzuarbeiten, „ging es den Händlern vor allem darum, mehr zu bekommen als ihr Gegenspieler. Und sie brachten viel Energie auf, diesen zu schädigen“. Es sei in etwa so gewesen, als hätte der
Nachbar das gleiche Auto, „und man geht mit dem Baseballschläger darauf los, um selbst besser dazustehen“. Erklären können die Wissenschaftler diesen Hang zur Zerstörung nicht. Der UBS-Hasardeur
Adoboli, der über zwei Milliarden Dollar verzockt hat, soll bis auf weiteres in Haft bleiben.