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    Schottland-Referendum  2319  3 Kommentare Eine Unabhängigkeit und drei Fragzeichen - Schottland, was dann?

    Eine Unabhängigkeit Schottlands scheint heute wahrscheinlicher denn je. Aber wie würde der neue Staat Schottland aussehen? Mit welchem Geld würden die Menschen bezahlen, was wird aus den gemeinsamen Schulden und wären die Schotten automatisch in der EU?

    Plötzlich stand er da, der Elefant, mitten im Raum, obwohl es keiner für möglich gehalten hat – oder halten wollte. Wenn im Englischen von einem „elephant in the room“ die Rede ist, meint man damit gemeinhin etwas Offensichtliches, meist ein bestimmtes Problem, das bewusst ignoriert oder nicht angesprochen wird. Die Unabhängigkeit Schottlands ist ein solcher Elefant. Denn obwohl das Votum am 18. September seit Monaten feststeht, wollte sich niemand so recht mit der Frage beschäftigen, was eigentlich passiert, wenn sich die Schotten tatsächlich mehrheitlich für eine Abspaltung entscheiden.

    Umso panischer waren die Reaktionen zu Beginn der Woche, als die Befürworter einer Unabhängigkeit am Wochenende in Umfragen erstmals knapp die Nase vorne hatten. Plötzlich wurde der riesige Elefant wahrgenommen, obwohl er seit Wochen schon mitten im Raum steht.

    Und doch wissen wir noch immer ziemlich wenig über diesen Elefanten. Die mögliche Unabhängigkeit Schottlands wirft mehr Fragen auf, als sie Antworten liefert. Hier eine Übersicht über die drei wichtigsten Fragezeichen:

    Fragezeichen Währung

    Es ist die wohl meist diskutierteste Frage im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsvotum: Mit welchem Geld würden die unabhängigen Schotten in ihrem neuen unabhängigen Staat eigentlich zahlen? Weiterhin mit dem Britischen Pfund oder doch mit dem Euro – oder gar mit einer ganz neuen Währung? So richtig ausgeschlossen scheint alles und doch wieder nichts. Fakt ist: die Unabhängigkeitsbefürworter würden am liebsten auch in einem unabhängigen Schottland mit dem Pfund Sterling bezahlen. Ihnen schwebt eine Währungsunion vor, in der eine neue schottische Notenbank die Geldpolitik koordiniert. Wahrscheinlich, weil sie wissen, dass die Einführung eines ganz neuen Zahlungsmittels nicht oder nur schwer zu realisieren wäre. Laut „Handelsblatt“ halten auch Experten einen solchen Kraftakt für kaum stemmbar und verweisen auf die ökonomischen Risiken sowie der damit verbundene Aufwand und die Kosten.

    Also bleibt den Schotten eigentlich nur eine Währungsunion, doch genau da wollen die Briten nicht mitmachen. Das haben die drei großen Parteien in London bereits klargemacht, meldet das „Wall Street Journal Deutschland“. Also doch der Euro? Wohl kaum. Denn wie das „Handelsblatt“ anmerkt, müssten alle anderen Euro-Länder einem Beitritt Schottlands zustimmen und das würden Länder wie Spanien, die ihrerseits mit eigenen Unabhängigkeitsbestrebungen zu kämpfen haben, wohl eher nicht tun.

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    Damit bleibt das Fragezeichen hinter der Währung erst einmal bestehen. Und wird noch dazu rot angestrichen, denn eng verbunden mit der Währungsfrage ist laut „Wall Street Journal Deutschland“ auch die zukünftige Rolle der Bank of England als letzte geldpolitische Instanz sowie das Thema Bankenregulierung.

    Fragzeichen Schulden

    Das Vereinigte Königreich hat in den vergangenen Jahren einiges an Schulden angehäuft. Im Fall eines positiven Unabhängigkeitsvotums drängt sich deshalb die Frage auf: Wer muss die gemeinsame Zeche eigentlich zahlen, Großbritannien, Schottland oder beide? Und wer muss wie viel zahlen? Das „Wall Street Journal Deutschland“ jedenfalls befürchtet langwierige Verhandlungen darüber, wie die Staatsschulden aufgeteilt werden sollen. Laut „Handelsblatt“ habe London zwar bereits signalisiert, auch im Falle einer Unabhängigkeit zunächst für alle Staatsschulden verantwortlich zu sein, allerdings würde Schottland langfristig gesehen einen Teil der Verbindlichkeiten übernehmen müssen. Die Frage ist, ob sich der schottische Anteil nach den Bevölkerungsanteilen bemisst – in diesem Fall wären es Berechnungen der Deutschen-Bank-Tochter Sal. Oppenheim zufolge 100 Milliarden Pfund, was 64 Prozent der schottischen Wirtschaftsleistung entspräche. Ebenso denkbar ist aber auch, dass die Schulden anhand der Wirtschaftsleistung aufgeteilt werden. Dann müsste Schottland mit der Bürde einer Verschuldungsquote von 75 Prozent in die Unabhängigkeit starten.

    Eine Einigung in der Schuldenfrage ist noch nicht in Sicht und genau das könnte beiden Parteien zum Verhängnis werden. Eine lang gezogene Unsicherheit über diese Frage wäre das negativste Szenario, da auch die Realwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werden würde, zitiert die „Welt“ die Moodys-Analystin Sarah Carlson.

    Fragezeichen Mitgliedschaften

    Das Vereinigte Königreich ist sowohl Mitglied der Europäischen Union als auch der NATO. Wäre Schottland also als ehemaliger Teil Großbritanniens automatisch auch eigenständiges Mitglied in den beiden Bündnissen? Die schottischen Separatisten meinen ja, Vertreter von NATO und EU sind dagegen etwas skeptischer. Beide ließen laut „Handelsblatt“ über ihre Sprecher verlauten, Schottland müsse erst einmal einen eigenen Aufnahmeantrag stellen. Danach müssten jeweils alle NATO- bzw. EU-Mitglieder einem Beitritt zustimmen. Ob das der Fall sein wird, darf bezweifelt werden.

    Lesen Sie zu diesem Thema außerdem: Droht mit Unabhängigkeit Schottlands ein ökonomisches Erdbeben?





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