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     1059  0 Kommentare Wieviel Frühlingsgefühle lässt die Politik an Europas Finanzmärkten zu? - Seite 2


    Politiker sollten nicht verstimmt über Volkes Stimme sein, sondern sich fragen, warum es dem politischen Europa zunehmend die Gefolgschaft verweigert. Was hat Politik denn falsch gemacht? Zum Beispiel in puncto der früher heiligen Stabilitätskriterien von Maastricht, die alternativlose Voraussetzung für die Schaffung der Stabilitätsunion in Europa waren. Heute ist es politisch längst alternativlos geworden, Stabilitätskriterien zu brechen. Und dieser Stabilitätsrechtsbruch treibt seltsame Blüten, siehe z.B. Griechenland. Hinter vorgehaltener Hand weiß jeder Politiker, dass das Land an einem Schuldenschnitt von mindestens 50 Prozent nicht vorbeikommt. Denn die aktuelle Schuldentragfähigkeit von Griechenland ist ähnlich stark ausgeprägt wie die einer Biene, die den ganzen Bienenstock tragen muss. Daher muss ein politisch schmutziger, aber gesichtswahrender Deal zur Schaffung einer künstlichen Schuldentragfähigkeit her: Natürlich wird man keinen klassischen Schuldenschnitt vornehmen, denn in diesem Fall wäre das Geld des deutschen Steuerzahlers futsch. Das ist es zwar ohnehin, aber dann wäre der Vermögensverlust für den Wähler klar dokumentiert. Daher werden die Fälligkeiten so weit in die Zukunft verlagert und ohne Zinszahlungen verlängert, dass man sie zwischenzeitlich vergisst. Macht man es bei Atommüll nicht genauso?

    Die Hand, die gibt, ist die erste, die gebissen wird
    Und die europäische Geldpolitik? Sie hat ungefähr so viel stabilitätspolitische Substanz wie auf Sand gebaute Häuser. Mario Draghi hat den Kapitalismus in der Eurozone de facto abgeschafft, weil er den Zins abschaffte. Damit wird auch die Altersarmut der Europäer, die mehrheitlich auf Zinspapieren gegründet ist, zur tickenden Zeitbombe. Und das Ende der zinspolitischen Fahnenstange ist noch gar nicht erreicht. Was früher für den Sozialismus galt, gilt heute auch für die Geldpolitik: Den Mario in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf. Denn die Deflationstendenzen halten sich hartnäckig und die Konjunktur der Eurozone springt ähnlich schwerfällig an wie ein alter Dieselmotor bei Frost. Und da das aufkaufbare Potenzial an Staatsanleihen immer geringer wird, kauft die EZB auch immer mehr Unternehmensanleihen auf. Man muss sich fragen, wann selbst Mittelstandsanleihen bei unseren Währungshütern als hoffähig gelten. Warum kauft die EZB nicht gleich verrostete Fahrräder und kaputte Kühlschränke auf?
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    Robert Halver
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    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

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    Verfasst von Robert Halver
    Wieviel Frühlingsgefühle lässt die Politik an Europas Finanzmärkten zu? - Seite 2 In Europa und an seinen Finanzmärkten könnte doch alles so schön sein: Eine epochale Konjunkturkrise in China scheint auszubleiben und die höheren Rohstoffpreise haben die weltkonjunkturelle Kaufkraft der Rohstoffländer stabilisiert. Auch die …