Börsengang - IPO
Nein, oder doch? Musikstreaming-Dienst Deezer schreibt Börsengang nicht ab
Im vergangenen Jahr hieß es Nein. Doch so ganz will sich Deezer doch nicht von einem Börsengang verabschieden. „Der Börsengang ist nicht vom Tisch, aber wir haben die volle Flexibilität“, sagte Deezer-Chef Hans-Holger Albrecht im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“. Es gebe keine Eile. „Wir haben noch Geld auf der Bank, können einen Börsengang machen oder erneut eine private Finanzierungsrunde.“
Der Musikstreaming-Dienst gehört zu den kleineren international aktiven Anbietern. Marktführer ist Spotify mit 100 Millionen Nutzern, von denen 40 Millionen auch eine Gebühr bezahlen. Apple kommt an zweiter Stelle mit 20 Millionen Nutzern. Deezer hat nach jüngsten Zahlen 16 Millionen Nutzer, von denen aber nur sechs Millionen zahlen. Das Unternehmen zählt damit auch zu den finanzschwächeren Streamingdienst-Anbietern, versucht jedoch, diesen Rückstand auszugleichen. „Wir arbeiten viel mit Partnern zusammen wie Mobilfunkanbietern, Herstellern wie Samsung und BMW oder Discountern wie Lidl“, sagte Albrecht. „Außerdem gehen wir sehr fokussiert vor und konzentrieren uns auf Europa und Lateinamerika.“ Auf anderen Märkten halte sich Deezer dagegen zurück.
Musikstreaming-Dienste - Arbeit mit Verlust
Alle größeren Musikstreaming-Dienste arbeiten derzeit mit Verlust. „Gerade wenn man etwas Neues aufbaut, sind das Marketing und der Vertrieb teuer“, sagte Albrecht. Das gelte vor allem für Abo-Modelle. „Außerdem zahlen wir viel Geld an die Künstler und Labels.“ Am Anfang überstiegen diese Zahlungen sogar die Einnahmen. Langsam bekommt Deezer die Kosten nach eigenen Angaben aber in den Griff. Inzwischen würden 70 Prozent der Einnahmen weitergereicht. „Wir profitieren nun von Größeneffekten und auch die Kosten, die uns die Labels in Rechnung stellen, bekommen wir in den Griff.“ In einigen Märkten wie Frankreich verdiene Deezer schon seit einiger Zeit Geld.
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Künstler äußern immer wieder Kritik an den niedrigen Einnahmen aus den Streaming-Angeboten. Deezer-Chef Albrecht hält dagegen. Man zahle bereits einen Umsatzanteil von 70 Prozent. Trotzdem regt er eine Reform des Vergütungssystems an. „Man muss überlegen, wie die Einnahmen im gesamten Ökosystem zwischen Künstlern, Labels, Rechteinhaber verteilt werden sollen.“ Es gebe auch ganz neue Modelle: Einige Künstler vermarkteten sich selbst und kämen von selbst auf Deezer zu.